# taz.de -- Stuttgart 21: Kritik erlaubt, Misskredit nicht
       
       > Der Vertrag zum Tiefbahnhof verpflichtet die Partner, das Projekt zu
       > fördern. Aber was heißt das genau? Die Bahn AG droht dem grünen
       > Verkehrsminister mit Klage.
       
 (IMG) Bild: Deutlich spaßiger als die "Förderpflicht": Sitzblockade am Bauzaun von Stuttgart 21.
       
       FREIBURG taz | "Alle Projektpartner haben eine Projektförderungspflicht":
       So oder ähnlich mahnt die Deutsche Bahn AG im Zusammenhang mit dem Bau des
       neuen Tiefbahnhofs Stuttgart 21 (S 21) die Landesregierung
       Baden-Württemberg schon seit Wochen immer wieder. Der Focus meldete, das
       Unternehmen prüfe bereits eine Klage gegen das Land, wenn dieses das
       Projekt torpediere. Und nach der Präsentation des für die Bahn wohl
       erfolgreich verlaufenen Stresstests dürfte der Druck noch zunehmen. Am
       Sonntag etwa erinnerte auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) das
       grün-rot regierte Land an die "Projektförderungspflicht".
       
       Im Finanzierungsvertrag zu S 21 findet sich in Paragraf 16
       (Schlussbestimmungen) Absatz 10 tatsächlich der Satz: "Die Vertragspartner
       verpflichten sich, das Projekt zu fördern." Unterschrieben haben ihn die
       Bahn, das Land, die Stadt Stuttgart und der Stuttgarter Flughafen am 30.
       März 2009.
       
       Doch was bedeutet die Förderungspflicht genau? Konkreter wird ausgeführt:
       Der Flughafen soll eigene Umbauten "auf das Projekt ausrichten", hieraus
       sollen sich "keine Verzögerungen" für S 21 ergeben. "Die Stadt strebt das
       für ihre Maßnahmen ebenfalls an", heißt es dann. Das Land ist nicht
       besonders erwähnt.
       
       Dennoch will die Bahn auch für das Land spezielle Pflichten aus der Klausel
       ableiten. Für nähere Auskünfte verweist Projektsprecherin Nadia El Almi auf
       Professor Stefan Faiß, der sich ehrenamtlich in der Gruppe "Juristen für
       Stuttgart 21" engagiert. Beruflich lehrt er Steuerrecht an der
       Ludwigsburger Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen. Die
       Gruppe, der nach eigenen Angaben 85 Juristen angehören, hat jüngst eine
       Erklärung mit dem Titel "Landesverkehrsminister Winfried Hermann verstößt
       gegen seine Projektförderungspflichten" veröffentlicht. Sie kritisiert, der
       Grünen-Minister habe eine "task force zur Verhinderung von Stuttgart 21"
       eingerichtet und blähe seinen Beamtenapparat "mit 59 zusätzlichen Stellen"
       auf. Der Steuerzahler müsse nun nicht nur für S 21 zahlen, sondern auch für
       Angestellte und Beamte, "die dieses Projekt verhindern sollen".
       
       ## "Wir begleiten das Projekt kritisch"
       
       Dabei geht es bei der Task-Force aber nur um drei Personen mit befristeten
       Verträgen. Valentin Funk betreut ein Bürgertelefon zu Stuttgart 21. Die
       Juristen Patrick Kafka und Oliver Schlotz-Pissarek arbeiten dem
       Leitungsstab des Ministeriums zu. Funk war früher bei den Parkschützern
       aktiv, Kafka und Schlotz-Pissarek bei einer Juristengruppe, die gegen den
       Tiefbahnhof argumentierte. Die offizielle Sprachregelung im
       Verkehrsministerium, so Sprecher Edgar Neumann, lautet: "Wir arbeiten nicht
       gegen Stuttgart 21, wir begleiten das Projekt kritisch."
       
       "Dagegen kann man an sich noch nichts sagen", räumt Faiß ein. "Die Äußerung
       von Kritik verstößt noch nicht gegen die Projektförderungspflicht." Anders
       sei das, wenn S 21 "durch unberechtigte Vorwürfe in Misskredit gebracht
       wird, etwa durch falsche Kostenzahlen".
       
       Faiß bezieht sich dabei auf ein Pressegespräch des Verkehrsministeriums
       Mitte Juli. Nachrichtenagenturen berichteten, das Land habe dort vor Kosten
       in Höhe von über 5 Milliarden Euro gewarnt. Später stellte
       Ministerialdirektor Hartmut Bäumer klar, er habe nur Zahlen aus Akten der
       alten Regierung erwähnt. Faiß bezeichnet diese Informationspolitik als
       "Grenzfall".
       
       S-21-Sprecherin El Almi sagte auf Nachfrage: "Wir prüfen die Vorwürfe und
       behalten uns weitere Schritte vor." Zu einer Klage wegen Verletzung der
       Projektförderungspflicht würde Faiß der Bahn derzeit nicht raten. Die
       Vorwürfe seien noch nicht gerichtsfest. "Aber mit einer Klage drohen kann
       man schon."
       
       24 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
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