# taz.de -- Stresstest zu Stuttgart 21: Eine Frage der Qualität
       
       > Baden-Württembergs Regierung gibt sich einig: Sie werde den Stresstest
       > für Stuttgart 21 akzeptieren. In Wahrheit sind die Koalitionäre aber
       > uneins.
       
 (IMG) Bild: Vorgetäuschte Einigkeit in Stuttgart: Nils Schmid (l.) und Winfried Kretschmann.
       
       STUTTGART taz | Am Tag 1, nach dem bekannt geworden ist, dass der
       [1][Stresstest] für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 positiv ausgefallen
       ist, hätte Baden-Württembergs Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) am
       liebsten alle Zweifel am Zusammenhalt der grün-roten Landesregierung
       ausgeräumt. Es gebe "totale Einigkeit", so erklärte er. Nur: Überzeugend
       war das nicht.
       
       Denn Einigkeit gibt es bei den grün-roten Koalitionären in punkto Bahnhof
       nun nur noch in einem: Beide wollen eine Volksabstimmung zu der Frage, ob
       der Bahnhof unter die Erde verlegt werden soll. Ansonsten geht nun der
       politische Stresstest richtig los.
       
       Solange der Stresstest noch lief, konnten sich [2][Grüne], die das
       Bahnprojekt stoppen wollen und Sozialdemokraten, die es im Grunde
       unterstützen, wenigstens gemeinsam für einen zwischenzeitlichen Baustopp
       einsetzen. Jetzt müssen sie die [3][Ergebnisse des Stresstests] inhaltlich
       bewerten und auslegen. Und das fällt ihnen so leicht nicht.
       
       Mit dem Stresstest sollte die Deutsche Bahn nachweisen, dass der neue
       Durchgangsbahnhof 30 Prozent mehr Züge abwickeln kann als der jetzige
       Kopfbahnhof. Die Schweizer Firma SMA hatte am Donnerstag bestätigt, dass
       der Stresstest bestanden worden sei.
       
       ## Ministerpräsident gerät mehr und mehr unter Druck
       
       Am selben Tag gab die Landesregierung zunächst keinerlei Stellungnahmen ab.
       Stattdessen schickte sie die Fraktionsvorsitzenden vor, um die Presse zu
       füttern. Am Donnerstagabend hatte dann der Koalitionsausschuss getagt. Am
       Freitag schließlich traten die beiden Regierungschefs vor die Kameras,
       Winfried Kretschmann (Grüne) Seit an Seit mit seinem Vize Nils Schmid
       (SPD). Oberflächlich lautete ihre Nachricht: "Die baden-württembergische
       Landesregierung akzeptiert die Bewertung des Stresstests."
       
       Doch dann machte Kretschmann deutlich, dass der Stresstest lediglich die
       "Betriebsqualität" geprüft habe. Und dass die Koalitionspartner bei der
       Bewertung genau dieser Qualität unterschiedlicher Auffassung seien. "Die
       SPD hält die von SMA attestierte wirtschaftlich optimale Betriebsqualität
       für angemessen - Kosten und Nutzen stehen für sie in einem guten
       Verhältnis", sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid.
       
       "Die Grünen", so Kretschmann, "halten das Qualitätsmerkmal Premium für
       erforderlich, um eine für den Kunden optimale Betriebsqualität zu
       gewährleisten. Dieses Merkmal konnte nicht attestiert werden." Aus
       Grünen-Sicht sei der Stresstest deshalb nur in quantitativer Hinsicht
       bestanden, nicht in qualitativer. Kretschmann ist in Erklärungsnot.
       
       Von Seiten der Projektbefürworter wird er zunehmend gedrängt, jetzt zur
       Befriedung der Situation beizutragen und zu akzeptieren, dass S21 gebaut
       wird.
       
       Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnte Kretschmann vor einer
       Blockade: Wer vertragsbrüchig werde, müsse gegebenenfalls Schadenersatz
       zahlen.
       
       Doch Kretschmann würde seine Anhängerschaft schwer enttäuschen, wenn er
       jetzt klein bei gibt. Die Frage ist, wie lange der grüne Ministerpräsident
       und seine Leute noch durchhalten können. Am Wochenende trifft sich das
       Kabinett zunächst einmal zu einer Klausurtagung am Bodensee.
       
       22 Jul 2011
       
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