# taz.de -- Nach BGH-Urteil zur kurdischen Partei: PKKler als Terroristen festgenommen
       
       > Erstmals seit Jahren wurden Mitglieder der PKK in Deutschland in Haft
       > genommen. Damit wird ein BGH-Urteil umgesetzt, dass die kurdische Partei
       > als Terrorvereinigung einstuft.
       
 (IMG) Bild: War einmal: Demonstration von PKK-Anhängern in Berlin Kreuzberg.
       
       FREIBURG taz | Die Bundesanwaltschaft (BAW) verfolgt PKKler in Deutschland
       wieder als Terroristen. Sie setzt damit ein bisher kaum beachtetes Urteil
       des Bundesgerichtshofs (BGH) um. Vorige Woche wurden zwei kurdische
       Jugendkader festgenommen, sie sollen der "ausländischen terroristischen
       Vereinigung ,Arbeiterpartei Kurdistans' (PKK)" angehören. Im letzten
       Jahrzehnt war die PKK in Deutschland nur als "kriminelle Vereinigung"
       eingestuft worden.
       
       Die Festnahmen erfolgten in Düsseldorf und Freiburg. Der 28-jährige Ridvan
       Ö. soll deutscher Leiter der PKK-Jugendorganisation Komalen Ciwan sein. Der
       gleich alte Mehmet A. sei ebenfalls ein "hochrangiger Jugendkader", so die
       BAW. Sie sollen unter anderem junge Kurden für den Guerillakampf in der
       Türkei oder eine Kadertätigkeit in Westeuropa angeworben haben. Beide
       sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Im Mai gab das Bundesjustizministerium
       die Zustimmung zur Strafverfolgung.
       
       Die PKK führte ab 1984 einen Guerillakampf in der Türkei für einen
       eigenständigen kurdischen Staat. Seit 1999 wird offiziell nur noch eine
       bundesstaatliche Lösung angestrebt. Seit diesem Jahr sitzt der immer noch
       als Führer anerkannte Abdullah Öcalan in der Türkei im Gefängnis und
       verbüßt eine lebenslange Haftstrafe.
       
       Zuletzt hatte es einen Waffenstillstand und inoffizielle Verhandlungen
       zwischen PKK und türkischem Staat gegeben. Mitte Juli tötete die PKK jedoch
       13 türkische Soldaten und sorgte für neue Spannungen. Als die PKK Anfang
       der 90er Jahre auch in Deutschland Brandanschläge gegen türkische
       Einrichtungen verübte, wurde sie 1993 vom damaligen Innenminister Manfred
       Kanther (CDU) nach dem Vereinsgesetz verboten. Das Betätigungsverbot gilt
       bis heute.
       
       ## Von der "kriminellen" zur "terroristischen" Vereinigung
       
       Wegen der Anschläge wurden PKK-Funktionäre zunächst als Mitglieder einer
       terroristischen Vereinigung (§ 129a Strafgesetzbuch) verfolgt. 1996
       versprach die PKK aber, dass sie in Deutschland keine Gewalt mehr ausüben
       werde. Darauf wurde sie von der BAW 1998 zwar nicht entkriminalisiert, aber
       zur kriminellen Vereinigung (§ 129) herabgestuft. Bei Bestrafungsaktionen
       gegen Abweichler, Verräter und unwillige Spender übe die PKK immer noch
       nötigenden Druck und teilweise Gewalt aus. Auch fälsche sie regelmäßig
       Ausweispapiere. Der BGH folgte dieser Linie jahrelang.
       
       Seit Oktober 2010 gilt aber eine neue BGH-Rechtsprechung. Es wird nicht
       mehr auf die Aktivitäten der PKK in Deutschland abgestellt, sondern auf die
       der Gesamtorganisation. Zur Begründung hieß es, die PKK sei in Deutschland
       keine eigenständige Vereinigung mit eigenem Willensbildungsprozess. Sie
       führe nur Vorgaben der PKK-Zentrale aus.
       
       Die türkische PKK gilt aber als terroristische Vereinigung. Sie wird auch
       in der EU-Terrorliste geführt. Mit acht Jahren Verzögerung reagierte der
       BGH damit auf die Änderung des Strafrechts im Jahr 2002. Seit damals ist in
       Deutschland auch die Betätigung in einer ausländischen terroristischen
       Vereinigung strafbar (§ 129b). Die früher für die Strafverfolgung
       erforderliche Konstruktion einer deutschen Teilvereinigung war damit nicht
       mehr nötig.
       
       ## Von Strafverfolgung bedroht
       
       Die Änderung hat vor allem drei Folgen: Den PKKlern drohen höhere Strafen
       (bis zu zehn Jahren, früher bis zu fünf Jahren). Die Stigmatisierung als
       "Terrorist" wiegt besonders schwer. Außerdem sind nach dem BGH-Urteil auch
       einfache Mitglieder von Strafverfolgung bedroht, während bisher nur
       führende Funktionäre zur deutschen "kriminellen Vereinigung" gerechnet
       wurden.
       
       Der kurdische Rechtshilfefonds Azadi reagierte empört. Das Urteil
       verschärfe die "gesellschaftliche Ausgrenzung" der Kurden und schüre
       Ressentiments. Anwältin Edith Lunnebach, die Mehmet A. vertritt, fragt:
       "Soll nun jeder Spendensammler als Terrorist verfolgt werden?" Das war
       sicher nicht die Intention des BGH. Der als super-rechtsstaatlich bekannte
       3. Strafsenat des BGH wollte nach eigener Aussage nur das Staatsschutzrecht
       "harmonischer und in sich stimmiger" auslegen. Gegen einfache
       PKK-Mitglieder könne ja von Strafverfolgung abgesehen werden, so die
       Richter.
       
       Tatsächlich hat bisher auch die Bundesanwaltschaft noch keine neue
       Repressionswelle gegen PKK-verdächtige Kurden losgetreten. Die Haftbefehle
       gegen die beiden Jugendkader sind die bislang ersten seit Verkündung des
       BGH-Urteils im Oktober. Diese beiden Funktionäre wären im Übrigen auch
       unter der alten Rechtslage verhaftet worden.
       
       29 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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