# taz.de -- Libysches Flüchtlingsboot havariert: "Einhundert Leichen über Bord"
       
       > Mehrere Tage trieb ein manövrierunfähiges Boot im Mittelmeer, dutzende
       > libysche Flüchtlinge starben. Ein Schiff der Nato befand sich in der
       > Nähe, griff aber nicht ein.
       
 (IMG) Bild: Geglückte Flucht: ein Boot voller Libyer erreicht Lampedusas Hafen.
       
       LAMPEDUSA dpa | Dutzende vor dem Gaddafi-Regime geflohene Menschen sterben
       im Mittelmeer. Überlebende eines vor der libyschen Küste havarierten Bootes
       berichten von dem grauenvollen Tod von Frauen und Kindern, die auf See an
       Hunger, Durst und Entkräftung gestorben seien. Die Männer an Bord seien
       gezwungen gewesen, "die Leichen, 100 an der Zahl, während der Fahrt über
       Bord zu werfen", sagte einer der Geretteten italienischen Beamten auf die
       Insel Lampedusa.
       
       Das weitere Flüchtlingsdrama könnte diplomatische Folgen haben, wie
       italienische Medien am Freitag berichteten. Denn italienische Behörden
       hätten ein Nato-Schiff in der Nähe erfolglos aufgefordert, dem Boot zu
       helfen. Das römische Außenministerium hat von der Nato eine Erklärung zu
       dem Vorfall verlangt.
       
       "Wie Säcke ins Meer geworfen, gestorben an Hunger und Durst und von der
       Sonne verzehrt", beschreibt die Turiner Tageszeitung "La Stampa" am Freitag
       das Los der afrikanischen Flüchtlinge auf dem Schiff. Die italienische
       Küstenwache hat mehr als 300 Überlebende des Unglücksbootes aus den
       libyschen Gewässern zur nahe gelegenen Insel Lampedusa gebracht. Viele von
       ihnen sollen medizinische Behandlung benötigen. Tagelang hätten sie
       vergebens auf Hilfe gehofft.
       
       Die Küstenwache erreichte das Flüchtlingsboot etwa 90 Seemeilen (knapp 170
       Kilometer) von Lampedusa entfernt auf See. Mit vier Schiffen wurden die
       Überlebenden dann in Sicherheit gebracht. Über die aussichtslose Lage des
       manövrierunfähigen Bootes hatte ein zyprischer Schlepper als erstes ein
       SOS-Signal gegeben. Das Boot war am vergangenen Freitag östlich von
       Tripolis aufgebrochen, um den anhaltenden Wirren in dem Bürgerkriegsland
       entkommen zu können.
       
       ## 20.000 libysche Flüchtlinge in Italien
       
       Erst am vergangenen Montag hatten die Italiener unter Deck eines in
       Lampedusa angekommenen Bootes aus Libyen 25 Leichen junger Männer gefunden,
       die dort erstickt waren. Gegen sechs Schleuser wird in der Sache ermittelt.
       Auf der verzweifelten Überfahrt mit oftmals kaum seetauglichen Booten von
       nordafrikanischen Küsten nach Europa kommt es immer wieder zu
       Flüchtlingsdramen.
       
       Im Mai sollen Hunderte von Menschen nach dem Schiffbruch ihres Bootes vor
       der Küste von Tripolis nicht mehr das Land erreicht haben. Anfang Juni
       kamen den Berichten zufolge 270 Migranten eines mit 700 Menschen
       überfüllten Bootes aus Libyen im Mittelmeer um. Seit Beginn des
       Nato-Einsatzes gegen das Regime von Diktator Muammar al-Gaddafi erreichten
       mehr als 20.000 Flüchtlinge von dort Italien, die meisten von ihnen über
       Lampedusa.
       
       5 Aug 2011
       
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