# taz.de -- Rheinland-Pfalz: Revolten gegen "König Kurt"
       
       > Fast 100 Tage führt Ministerpräsident Kurt Beck in Rheinland-Pfalz nun
       > eine rot-grüne Regierung. Seine Politik stößt auf Widerstände inner- und
       > außerhalb der Koalition.
       
 (IMG) Bild: Sein Stern sinkt: Kurt Beck.
       
       MAINZ taz | Kurt Beck dürfte froh gewesen sein, dass er am Wochenende nach
       Berlin entfliehen konnte. Er nahm dort an der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag
       des Mauerbaus teil. Denn zu Hause in Rheinland-Pfalz, wo die von ihm
       angeführte rot-grüne Landesregierung jetzt fast 100 Tage im Amt ist, proben
       Bürger den Aufstand gegen "König Kurt".
       
       Beck, 62, ist der dienstälteste amtierende Ministerpräsident der
       Bundesrepublik. Der wohl letzte aktive Sozialdemokrat alter Schule in der
       SPD regiert das Land jetzt schon im 17. Jahr. Reihenweise besiegte er
       CDU-Herausforderer. Doch zuletzt, im März dieses Jahres, ging es knapp aus.
       Die junge Julia Klöckner verlangte ihm alles ab. Um eine Regierung zu
       bilden, brauchte Beck dann ausgerechnet die ungeliebten Grünen, denen er
       1996 und 2001 die kalte Schulter gezeigt hatte, um dann mit der FDP zu
       koalieren.
       
       Der Widerstand gegen Becks Politik ist breit. Die Juristen im Land proben
       den Aufstand, weil Beck und sein Justizminister Jochen Hartloff (SPD) ihnen
       "aus Sparzwängen" eine Justizreform aufnötigen wollen, die in der
       Zusammenlegung der Oberlandesgerichte (OLG) Koblenz und Zweibrücken gipfelt
       – zum Nachteil von Koblenz. Rund 3.000 Richter, Staatsanwälte und Anwälte
       jedenfalls gingen dagegen schon auf die Straße, rund 40.000 Unterschriften
       für den Erhalt des OLG Koblenz wurden gesammelt. Hart für den
       harmoniesüchtigen Beck, der doch so gerne ein Bürgerkönig sein will.
       
       Die Justizreform ist ein Paradebeispiel dafür, dass Beck wohl noch immer
       nicht realisiert hat, dass die schöne Zeit der Alleinherrschaft in
       Rheinland-Pfalz abrupt zu Ende gegangen ist. Mit den Juristen geredet wurde
       erst ganz am Schluss der Auseinandersetzungen. Da waren die Fronten schon
       verhärtet. Es waren die Grünen, die sich dann in Koblenz der Richterschaft
       stellten und danach verkündeten, dass die ganze Sache "schlecht
       kommuniziert" worden sei und es von Seiten der Landesregierung
       "Versäumnisse gegeben" habe.
       
       Immerhin verständigte sich die Koalition vergangene Woche darauf, eine
       Expertenkommission einzurichten, die "ergebnisoffen" die Justizreform
       überprüfen und gegebenenfalls eigene Vorschläge dazu entwickeln soll. Ein
       erster Sieg für die Protestfront.
       
       ## Streit um Subventionen
       
       Koalitionskrach auch anderswo: Auf Druck der Grünen wurde im
       Koalitionsvertrag vereinbart, die Subventionen für den Formel-1-Zirkus auf
       dem Nürburgring zu streichen. Das gefährdet jetzt das ganze
       Traditionsrennen, das für Beck zur unverzichtbaren Landesfolklore gehört.
       Auch die gleichfalls von den Grünen geforderte Streichung der Subventionen
       für Becks Vorzeigeprojekt Regionalflughafen Hahn schmeckt dem
       Regierungschef nicht. Und die Winzer an der Mosel machen weiter mobil gegen
       den Bau der Hochmoselbrücke.
       
       Und Beck macht Fehler. Die Ernennung des früheren Wirtschaftsministers
       Hendrik Hering (SPD) zum Landtagsfraktionschef war der erste. Der
       rhetorisch schwache Hering soll der angriffslustigen Oppositionsführerin
       Klöckner Paroli bieten – freuen darf sich da wohl nur die CDU.
       
       Fehler Nummer zwei war, dass die Stelle des Präsidenten am OLG Koblenz
       nicht besetzt wurde. Und das, obwohl das Bundesverwaltungsgericht im Jahr
       2010 die damalige Blitzbesetzung der vakanten Position mit einem Günstling
       des damaligen Justizministers Heinz Georg Bamberger (SPD) für
       verfassungswidrig erklärt hatte. Beck glaubte, die Geschichte aussitzen zu
       können. Das Verwaltungsgericht in Koblenz drohte der Landesregierung
       allerdings ein Bußgeld an, falls die Stelle nicht umgehend neu
       ausgeschrieben und besetzt werde. Beck lenkte ein.
       
       Mit dem Kopf durch die Wand geht also nicht mehr. Beck ahnte es. Schon nach
       der erneuten Amtsübernahme im Mai sah er "gewaltige Probleme" auf sich und
       seine rot-grüne Regierung zukommen. Seine Amtszeit dauert zwar noch bis
       2016, aber schon jetzt wird darüber diskutiert, was er danach macht.
       "Irgendwas mit Tieren", sagte Beck selbst kürzlich in einem Interview.
       
       Bundespräsident könne er ja noch werden, heißt es in Mainz. Berlin
       allerdings hat der Südpfälzer schon einmal ausprobiert. Es war ein
       Desaster. Als SPD-Bundesvorsitzender trat er 2008 zurück, "aus
       Selbstrespekt, den sich jeder schuldet".
       
       14 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Peter Klingelschmitt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
       
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