# taz.de -- Comicverfilmung "Captain America": Der Captain für die Kids
       
       > Postironischen Popcorn-Patriotismus betreibt "Captain America" von Joe
       > Johnston. Mit 3-D-Effekten und ohne Skepsis gegenüber Amerika und seinen
       > Helden.
       
 (IMG) Bild: Ziemlich aufgepimpt: Chris Evans als Steve Rogers aka Captain America.
       
       Dies ist der Kino-Sommer der Superhelden aus den großen amerikanischen
       Comic-Häusern DC und Marvel. Und wie der Verlierer an den Kinokassen - der
       etwas bräsige "Green Lantern" von DC - so scheint nun auch der Sieger
       festzustehen: der No-Nonsense-Held "Captain America". In den 40er Jahren
       durfte er Nazis vermöbeln und für Kriegsanleihen werben und in den 60er
       Jahren seine Wiederauferstehung bei Marvel erleben, unter anderem als nicht
       unumstrittener Anführer des Superhelden-Teams "Avengers". Captain America
       war ein "Hero with problems" - und das Problem von Captain America war -
       Amerika.
       
       Nichts davon ist in dieser Filmversion zu spüren, die zu den Anfängen des
       Helden im Zweiten Weltkrieg zurückkehrt. Der schmächtige Steve Rogers -
       Chris Evans mit digital reduzierten Body-Maßen - würde so gerne seinem
       Vaterland dienen, doch wegen Asthma und Herzleiden wird er immer wieder
       zurückgewiesen.
       
       Ein aus Deutschland entflohener Wissenschaftler (Stanley Tucci) verwandelt
       ihn durch ein Serum in den Supersoldaten "Captain America" - Chris Evans
       nun mit echtem, durchtrainierten Körper. Bei einem Anschlag feindlicher
       Agenten verliert der väterliche Freund das Leben, der Held muss seinen Weg
       alleine finden. Der führt ihn zuerst einmal auf die Bühnen patriotischer
       Shows, doch die rauen Soldaten des "echten" Krieges zeigen ihm buchstäblich
       den Arsch.
       
       ## Die Mission beginnt
       
       Jetzt muss Steve Ernst machen - bis dahin war alles eine ziemlich gekonnte
       Volte, das Grundproblem aller Superhelden zugleich zu benennen und zu
       überwinden: die Lachhaftigkeit. Seine Mission beginnt, die Befreiung von
       alliierten Soldaten aus den Klaunen eines gewissen Herrn Schmidt, der sich,
       um aus dem Schatten des "Führers" zu treten, in den "Red Skull" verwandelt
       hat und eine Armee von Klonkriegern und eine Organisation namens Hydra
       führt. Das gibt dann genügend Gelegenheit fürs Rumsen, Krachen, Rennen,
       Explodieren, Zuhauen, Schießen und Plattwalzen. Und Cap lernt seinen
       unzerstörbaren Schild als tolle Waffe einzusetzen.
       
       Was auch Gelegenheit für zwei, drei der aufgepappten 3-D-Effekte gibt, die
       ansonsten zu vernachlässigen sind, einmal schneit es noch ganz hübsch im
       Zuschauerraum. "Captain America" kommt und geht zur Sache. Die Macher der
       Comicverfilmung haben keinerlei Skrupel, exemplarisch die drei Ideale zu
       erfüllen, die ein weißer, konservativer, amerikanisch-ländlicher Junge aus
       der unteren Mittelschicht auch heute noch haben soll: Sich als
       verlässlicher Amerikaner zeigen. Ein echter Mann werden. Und ein guter
       Mensch bleiben.
       
       Davon, dass diese drei Tugenden auch untereinander heftig in Konflikt
       geraten können, wie es der späte Captain America bei Marvel immer wieder
       erleben musste, findet sich hier kaum eine Spur. Auch das macht den etwas
       märchenhaften Ton des ganzen Unternehmens aus: "Captain America" spielt in
       einer Traumzeit, in der Superhelden noch geholfen haben.
       
       Das Vergnügen an diesem Film entsteht vor allem durch den Look und den
       Sound der 40er Jahre. Regisseur Joe Johnston hat schon in der Verfilmung
       der "Rocketeer"-Comics sein Faible für retrofuturistische Pastiches
       gezeigt. Es ist dieses "Steampunk"- und Fake-Jugendstil-Gefühl, das der
       Moderne noch einmal eine Unschuld gibt, und in dem Busby-Berkeley-Tanzfilme
       noch allemal Leni Riefenstahl schlagen.
       
       Das Missvergnügen dagegen, zumindest für uns liberalkritische Europäer,
       entsteht aus der Unbekümmertheit, mit der hier aus historischen
       Versatzstücken ideologische Module und durchschaubare Feindbilder gewonnen
       werden. So als wäre der "Krieg gegen den Terror", den Amerika nicht
       gewinnen kann, aber auch nicht verlieren, solange es Kerle wie den Cap
       gibt, tatsächlich der Schatten jenes gerechten Krieges gegen
       Nazideutschland.
       
       Cap selber ist hier von jedem Zweifel und Selbstzweifel frei; er kann nie
       so sarkastisch neben sich stehen wie Spiderman, nie so lustvoll eine
       extensive Arschlöchigkeit ausspielen wie Ironman. Er ist der Spirit of
       America, der demokratische Held, der Junge von nebenan, den auch die
       Mädchen übersehen haben, bis er, dem Kraftraum und der richtigen
       Einstellung sei Dank, zum Superamerikaner wird. Wie oft ist dieses
       politische, sexuelle, moralische Männerbild schon demontiert worden, und
       wie oft ist es wiederauferstanden. Phönix gegen Hydra, das ists, worum es
       um Superhelden-Kosmos geht.
       
       Auch hier muss Captain America "sterben" - und erwacht im New York der
       Gegenwart. Denn auch "Captain America" ist nur die Vorgeschichte zu einem
       noch größeren Franchise, des großen "Avengers"-Films. So geht es auch auf
       dieser Ebene darum, Traditionen, Bilder und Phantasmen aus der
       Popgeschichte in die Gegenwart zu holen. Mal sehen, wie lange Cap seine
       Unschuld bewahren kann.
       
       18 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Seesslen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Superhelden
       
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