# taz.de -- Anonymous-Aktionen in San Francisco: Nicht länger nur online
       
       > Ein kalifornisches Verkehrsunternehmen verhindert die Aufklärung von
       > Todesfällen. Der Protest formiert sich im Netz und begibt sich auf die
       > Straße.
       
 (IMG) Bild: Die Anonymen gehen auf die Straße: Aktivisten in San Francisco.
       
       BERLIN taz | Am 3. Juli 2011 wird Charles Blair Hill in San Franciscos
       Regionalbahnhof Civic Center von zwei Mitgliedern der bahneigenen Polizei
       erschossen. Der offenkundig schwer angetrunkene Mann soll sie mit zwei
       Messern und einem abgebrochenen Flaschenhals angegriffen haben.
       
       Charles Blair Hill ist nicht das erste Opfer des Sicherheitsdienstes der
       "Bay Area Rapid Transit (BART)", einem regional operierenden kalifornischen
       Bahnunternehmen: vergangenes Jahr war Fred Collins durch einen Schuss
       umgekommen, und bereits zweieinhalb Jahre zuvor war Oscar Grant in Oakland
       von einem BART-Officer getötet worden.
       
       Damals gründete sich im Netz die Initiative [1]["No Justice, no BART",] um
       für Transparenz in den Ermittlungen sowie die Abschaffung der BART-Polizei
       zu demonstrieren. Angesichts des Zwischenfalls im Juli diesen Jahres
       organisierte das Netzwerk erneut Proteste, mit denen es die vorübergehende
       Schließung eines Bahnhofs erwirkte.
       
       Am elften August befürchtete BART eine weitere Demonstration. Und weil sich
       die Aktivisten zuvor über Smartphones koordiniert hatten, beschloss die
       Unternehmensleitung kurzerhand das hauseigene Funknetz außer Betrieb zu
       setzen.
       
       ## "Anonymous greift ein"
       
       Dieses Kappen der Kommunikation rief wiederum die Hacktivisten von
       [2]["Anonymous"] auf den Plan, die die Server von BART hackten. Außerdem
       veröffentlichten sie [3][ein Manifest,] in dem sie die Zensur verurteilten
       und zu einer Demonstration in jener Station aufriefen, in der Charles Hill
       den Tod fand. "We are Legion", drohten die Verfasser, wir sind eine
       Heerschar.
       
       Davon konnte dann zwar keine Rede sein: nur ein paar Dutzend Protestler mit
       der für Anonymous-Aktivisten charakteristischen Guy Fawkes-Maske nahmen an
       der Aktion teil. Nichtsdestotrotz war der Andrang an Pressevertretern enorm
       und BART sah sich gezwungen, vorübergehend vier Bahnhöfe in San Francisco
       dicht zu machen. Diesmal verzichtete man allerdings darauf das
       Mobilfunknetz lahmzulegen.
       
       Bisher waren Hacktivists unter dem Anonymous-Label nach Protestaufrufen
       selten auf die Straße gekommen – Ausnahme war das gegen Scientology
       gerichtete Projekt "Chanology". Dabei könnte die Verbindung von
       Hack-Angriffen und traditionellen Demonstrationen eine zukunftsträchtige
       Protestform sein, weil sich bereits mit relativ wenigen Beteiligten eine
       große Öffentlichkeit herstellen lässt.
       
       Über das Internet kann sich jeder ohne großen Aufwand solidarisieren oder
       mitwirken, und es sind Protestformen möglich, die weder eindeutig legal
       noch illegal, im besten Fall aber normverletzend (und damit medienwirksam)
       sind. Und durch den Gang auf die Straße liefert man den Medien die
       passenden Bilder.
       
       Und so kommt es, dass weltweit über den Tod Charles Blair Hills geschrieben
       wird, über BART und ein abgeschaltetes Mobilfunknetz im
       Regionalverkehrsraum der San Francisco Bay Area. Es könnte ein
       Paradebeispiel werden.
       
       18 Aug 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://nojusticenobart.blogspot.com/
 (DIR) [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Anonymous_(Kollektiv)
 (DIR) [3] http://youranonnews.tumblr.com/post/8850132926/this-is-a-message-from-anonymous-to-the-bay-area-rapid
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frédéric Valin
       
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