# taz.de -- Wahl III: Crocodile Dundee setzt auf Emo
       
       > Klaus Wowereit lässt im Wahlkampf keine Hand ungeschüttelt. Er wirkt, als
       > hätte er Spaß dabei - und stellt beim gemeinsamen Wahlkampf Sigmar
       > Gabriel in den Schatten.
       
 (IMG) Bild: Ein unschlagbares Duo: Schni-Schna-Schnappi und der Wowi-Bär
       
       Knapp 20 Meter sind es vom SPD-Bus bis zum Infostand der Partei vor einem
       Hohenschönhauser Einkaufszentrum. Ein Weg von 15 Sekunden. Bei Klaus
       Wowereit dauert er an diesem Tag länger. Auf den paar Metern stehen und
       gehen potenzielle Wähler. Wahlkampf heißt für den Mann, der für die SPD
       weitere fünf Jahre Berlin regieren will, vor allem: Es wird gegrüßt und
       geherzt, wer nicht bei drei auf den Bäumen ist.
       
       Es ist sonnig und schon am frühen Morgen gut 20 Grad warm an diesem
       Donnerstag, an dem Wowereit mit Journalistenbegleitung in
       Schulklassenstärke durch Berlin unterwegs ist, von Marzahn bis nach
       Wilmersdorf. Selbst mit dem Wetter läuft es gut für die SPD, die sich von
       Umfrage zu Umfrage mehr von den Grünen absetzt. Allein die fortwährenden
       Autobrände, zu denen Wowereit auch an diesem Tag wiederholt befragt wird,
       trüben das Bild für die Partei.
       
       Aber ist es die SPD, die so im Trend liegt? Oder allein ihr
       Spitzenkandidat? Die SPD habe nur Wowereit, sonst gar nichts, hatten die
       Grünen jüngst kritisiert. Doch das scheint zu genügen. "Ich wähl ihn, die
       Partei ist mir eigentlich egal", sagt eine Mittsechzigerin in dem
       Einkaufszentrum, in das sich Wowereit inzwischen vorgearbeitet hat. Der
       Regierende hat ihr gerade eine Rose in die Hand gedrückt und ist schon
       weiter, als die Rentnerin noch immer von ihm schwärmt, auch als ihr Gatte
       zum Weitergehen drängt: dass der eine gute Arbeit mache, dass er so nett
       sei.
       
       Ähnliche Sätze sind an diesem Tag noch manches Mal zu hören. Wowereit geht
       an keinem vorbei, der auch nur annähernd Blickkontakt aufnimmt. Und immer
       wieder sind es vor allem Frauen Mitte 40, Anfang 50, mit denen er redet.
       Nur einmal scheint eine nicht ganz so angetan und will gerade zu schimpfen
       beginnen, als Wowereit nach ihren Einkäufen fragt und sie statt von ihrer
       zu niedrigen Rente von Fischstäbchen berichtet.
       
       Kurz vor dem Bus ist es Gerda Wendt (71), mit der Wowereit eine Zeit lang
       so versonnen plauscht, als gäbe es kein schöneres Thema als sanierte
       Plattenbauten. Rein ökonomisch betrachtet, ist der Aufwand überflüssig:
       Wendt erzählt danach, sie habe Wowereit schon vorher gut gefunden. Aber die
       Kameras laufen mit, solche Bilder sind Gold wert für die SPD.
       
       Trotz aller Kalkulation: Wowereit wirkt bei keiner dieser kurzen
       Begegnungen routiniert oder gelangweilt, sein Blick bleibt bei seinen
       Gesprächspartnern, statt schon weiterzuschweifen. Wahlkampf mache Spaß,
       erzählt er zwischendurch im Bus. Und dass er dabei abnimmt, trotz
       Currywurst am Nachmittag in der Wilmersdorfer Fußgängerzone, wo er seine
       "Klaus im Kiez"-Tour startet, auf der er bis zur Wahl noch mal alle zwölf
       Bezirke besuchen will.
       
       Es ist bezeichnend, dass Wowereit an diesem Tag in äußerst prominenter
       Begleitung durch die Stadt tourt und doch im Mittelpunkt steht. Der Mann,
       der vorne im Bus neben ihm sitzt, ist der Bundesvorsitzende seiner Partei,
       Sigmar Gabriel. Doch während etwa CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel
       eindeutig im Schatten stünde, wäre Parteichefin Angela Merkel einen Tag
       lang mit ihm unterwegs, läuft das hier anders. Gabriel versucht gar nicht
       erst, sich in den Vordergrund zu drängen. "Lass das mal den Klaus machen"
       und "Den Worten des Regierenden Bürgermeisters ist nichts hinzuzufügen"
       sind typische Gabriel-Sätze.
       
       Es ist eine zwiespältige Situation für Gabriel - zwischen Parteierfolg und
       persönlichen Ambitionen. Gewinnt Wowereit am 18. September zum dritten Mal
       in Folge in Berlin, so ist das gut für die SPD, aber schlecht für den Chef
       der Bundespartei: Will Gabriel 2013 Kanzlerkandidat werden, hat er dann
       neben Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück einen weiteren
       ernsthaften Konkurrenten.
       
       Auf die Stimmung im Bus wirkt sich das nicht aus. In der ersten Reihe macht
       Wowereit ein bisschen auf Reiseführer für seinen Parteichef. "Hast du denn
       schon Schnappi gesehen?", will er von ihm wissen, und da schwingt durchaus
       Stolz in der Stimme des Regierenden mit. Schnappi prägt das auffälligste
       und menschelndste der schwarz-weißen SPD-Großplakate, entstanden in einer
       Kita in Prenzlauer Berg: Ein kleines Mädchen lässt da eine
       Krokodilhandpuppe in Wowereits Nase beißen. Kaum Text, pure Emotion.
       Gabriel ist beeindruckt: Die Plakatserie sei das Beste, was er in fast 30
       Jahren Wahlkampf erlebt habe.
       
       Der Regierende Bürgermeister sei ja schon wieder ganz gut in Schuss, "er
       ist ja vom Krokodil gebissen worden", witzelt am Nachmittag in Neukölln
       auch Parteifreund und Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky, als die
       Reisegruppe Wowereit in einem Pflegewohnheim vorbeischaut. "Er wird ja
       jetzt in Freundeskreisen nur noch Crocodile Dundee genannt - das ist unser
       Härtester." Wowereit grinst und macht bei den Senioren, die gerade ihr
       Sommerfest feiern, da weiter, wo er im Hohenschönhauser Einkaufszentrum
       aufgehört hat: mit Händeschütteln und Plaudern.
       
       Kurz darauf holt sich "Simone und ihr Flotter Dreier", die Band des
       Sommerfests, das Mikro zurück von den SPDlern. Wenn Wowereit, Gabriel und
       Buschkowsky nun bei einem alten Schlager mitsingen würden, dann würde sie
       die auch alle drei am 18. September wählen, ruft die Sängerin ihnen zu. Die
       Kandidaten Wowereit und Buschkowsky nehmen die Gelegenheit wahr.
       
       19 Aug 2011
       
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