# taz.de -- Linkspartei streitet weiter: "Alle müssen sich am Riemen reißen"
       
       > Unruhe vor dem Sturm: die Querelen bei der Linkspartei nehmen vor den
       > Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin kein Ende.
       
 (IMG) Bild: "Es ist ein Fehler passiert". Klaus Ernst bedauert das Castro-Schreiben.
       
       BERLIN dapd | Die Linkspartei steht vor den beiden Landtagswahlen in
       Mecklenburg-Vorpommern und Berlin völlig zerstritten da. Die historische
       Rechtfertigung der Berliner Mauer und das Glückwunschschreiben der
       Parteispitze an den kubanischen Ex-Diktator Fidel Castro haben heftige
       Kontroversen ausgelöst. Zuletzt sorgten Äußerungen des Vizevorsitzenden der
       Bundestagsfraktion, Ulrich Maurer, für Unmut, der Teilen der Partei eine
       "narzisstische Störung" attestiert hatte. Die Linke-Bundestagsfraktion
       berät von diesem Freitag an in Rostock über ihren weiteren Kurs.
       
       Der frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch forderte seine Partei
       auf, ihre Strategie zu überprüfen. Bartsch sagte der "Berliner Zeitung",
       seine Partei habe zu wenig aus dem hervorragenden Ergebnis bei der
       Bundestagswahl vor knapp zwei Jahren gemacht. "Nach dem Parteitag in
       Rostock vor gut einem Jahr haben wir es nicht geschafft, neue inhaltliche
       Akzente zu setzen und die Partei zu einen", sagte der Vizechef der
       Linksfraktion im Bundestag, der als Reformer gilt. Eine Diskussion über die
       Parteichefs Klaus Ernst und Gesine Lötzsch lehnte Bartsch aber ab. Im
       Wahlkampf verbiete sich jede Debatte über die Parteiführung.
       
       ## Ramelow sauer auf Maurer
       
       Ungehalten über die Äußerungen Maurers zum Zustand der Partei zeigte sich
       der Vorsitzende der Linksfraktion in Thüringen, Bodo Ramelow. Ramelow sagte
       im Südwestrundfunk, Maurer heize mit "dumpfen Drohungen in irgendeine,
       nicht näher genannte Richtung" den innerparteilichen Streit an. Dabei
       gehöre es zu Maurers Aufgaben als Beauftragter für die Parteibildung in
       Westdeutschland, die Linke mit Positionen voranzubringen, "die uns stärker
       machen". In Anspielung auf die von Maurer genannten "narzisstischen
       Störungen" sagte Ramelow, ihm sei "neu, dass Herr Kollege Ulrich Maurer
       eine medizinische Fachausbildung oder eine psychologische Fachausbildung"
       habe.
       
       ## Parteienforscher sieht ein "Führungsvakuum"
       
       Der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer riet der Linke dazu, ihr
       Verhältnis zur Vergangenheit zu klären. Niedermayer sagte der
       Nachrichtenagentur dapd, Debatten wie die über den Mauerbau oder über die
       Glückwünsche an Castro schadeten der Linke. Das sehe man auch an den
       Umfragewerten. Hintergrund der jüngsten innerparteilichen Diskussionen sei
       ein "Führungsvakuum". Die Vorsitzenden Lötzsch und Ernst hätten nicht das
       Charisma des früheren Parteichefs Oskar Lafontaine und schafften es nicht,
       die Partei zusammenzuhalten. "Das ganze letzte Jahr über ging es bei den
       Linken nur um Führungsquerelen", sagte er. Mit ihrer derzeitigen
       Außenwirkung laufe die Linke Gefahr, wieder zu einer Regionalpartei zu
       werden, die lediglich in den ostdeutschen Bundesländern von größerer
       Bedeutung sei.
       
       ## Ernst bedauert Glückwünsche für Castro
       
       Der Parteivorsitzende Ernst bedauert inzwischen die Form des
       Glückwunschschreibens an Castro. Ernst sagte der "Süddeutschen Zeitung":
       "Es ist einfach ein Fehler passiert." Er forderte: "Alle müssen sich jetzt
       am Riemen reißen." Ernst schlug vor, die Probleme der Partei auf einem
       Kongress zu besprechen.
       
       Auch der Linke-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi distanzierte sich von
       dem Glückwunsch. Er hätte den Brief anders geschrieben, sagte Gysi dem
       Bayern 2 Radio. "Ich kenne seine Leistung, weiß aber auch, dass notwendige
       demokratische Reformen auf Kuba fehlen." Er bedauere, dass derzeit ein
       falsches Bild einer Partei der Vergangenheit entstehe. Der
       Staatssozialismus, so wie er gewesen sei, sei zurecht gescheitert, gerade
       wackele der Kapitalismus. "Also müssen wir mal sagen, worin soll heute
       eigentlich die Zukunft bestehen?"
       
       ## Wahlkämpfer im Nordosten nicht begeistert
       
       Gut eine Woche vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern am 4.
       September kommt die Linke im ZDF-"Politbarometer" auf 16,5 Prozent
       Zustimmung. Am 18. September wird auch in Berlin ein neues Parlament
       gewählt. Dort erhielt die Partei im "Politbarometer" nur noch 10,5 Prozent,
       könnte mit einem starken Koalitionspartner SPD aber weiter an der Regierung
       bleiben. Der Spitzenkandidat der Linke in Mecklenburg-Vorpommern, Helmut
       Holter, räumte ein, die parteiinternen Debatten seien "wenig hilfreich" im
       Landtagswahlkampf.
       
       26 Aug 2011
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Karrierepläne von Oskar Lafontaine: Der Abschied vom Abschied
       
       Die Partei rätselt, was ihr Ex-Vorsitzender Oskar Lafontaine will. Die
       Pragmatiker im Osten fürchten sein Comeback, der Westen sehnt sich nach
       seinem konfrontativen Stil.
       
 (DIR) Studie der Linkspartei: Zweisam einsam
       
       Wie ticken Ossis und Wessis? Sehr unterschiedlich? Oder ähnlicher als
       gedacht? Eine Studie der Linken vergleicht Ostdeutschland mit
       Nordrhein-Westfalen.
       
 (DIR) Klausurtagung der Linkspartei: Gregor Gysi will keine Führungsdebatte
       
       Nach Mauerstreit und Castro-Brief warnt der Fraktionschef vor neuer
       Personaldiskussion. Und gibt sich demonstrativ optimistisch.
       
 (DIR) André Brie über Wahlkampf in Meck-Pomm: "Die anderen weichen uns aus"
       
       André Brie, Wahlkampfmanager der Linkspartei, beklagt den langweiligen
       Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern. Die Chancen für ein rot-rotes Bündnis
       sieht er gedämpft.
       
 (DIR) Führungskrise Linkspartei: Gereizte Stimmung
       
       Exparteichef Lafontaine kommt zur Fraktionsklausur und nährt so
       Spekulationen. Die Tage der aktuellen Führung scheinen gezählt. Aber wer
       soll folgen?
       
 (DIR) Linke will weiter mitregieren: Genossen bleiben auf Kurs
       
       Fraktionschef Udo Wolf will Rot-Rot fortsetzen, verteidigt Wild-West-Plakat
       - und sieht "starken Schaden" durch Bundesparteispitze.
       
 (DIR) Streit in der Linkspartei geht weiter: "Schwere narzisstische Störungen"
       
       Nein, die Parteichefs habe er nicht damit gemeint, so Ulrich Maurer. Doch
       warnt der Bundestags-Fraktionsvize der Linken Lötzsch und Ernst vor einer
       Fortführung der Debatte um Mauer und Castro.
       
 (DIR) Linke Grüße an den Lider: Kleine Kubakrise
       
       Dieses Mal ist es der Geburtstagsgruß an Fidel Castro: Mitten im Wahlkampf
       muss die Linkspartei die nächste unangenehme Debatte kleinreden.