# taz.de -- Studie der Linkspartei: Zweisam einsam
       
       > Wie ticken Ossis und Wessis? Sehr unterschiedlich? Oder ähnlicher als
       > gedacht? Eine Studie der Linken vergleicht Ostdeutschland mit
       > Nordrhein-Westfalen.
       
 (IMG) Bild: Symbol der Deutschen Einheit: Das Brandenburger Tor.
       
       BERLIN taz | Die Linke will die Partei sein, die das Selbstbewusstsein der
       Ostdeutschen stärkt. Sie will die Partei sein, die sich für deren Belange
       einsetzt. Und die Linke will "wissen, was die Menschen in Ostdeutschland
       bewegt", sagt ihre Vorsitzende Gesine Lötzsch am Dienstag bei der
       Vorstellung der Studie "Leben in Ostdeutschland und Nordrhein-Westfalen
       2011". Das sei auch der Grund, warum die Studie bereits zum fünften Mal von
       ihrer Partei beim Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum
       Berlin-Brandenburg in Auftrag gegeben wurde.
       
       Mehr als 1000 Menschen aus den neuen Bundesländern wurden nach ihrer
       persönlichen Einschätzung zum Stand der Deutschen Einheit, zu Demokratie,
       Sozialstaatlichkeit und öffentlicher Wahrnehmung der Parteien befragt. Neu
       ist, dass in diesem Jahr auch Bürger aus Nordrhein-Westfalen befragt
       wurden, um einen Vergleich zu den alten Bundesländern herzustellen.
       
       "Die Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen kann man aber nicht als Meinung der
       Westdeutschen hoch rechnen", gibt Reinhard Liebscher, der Geschäftsführer
       des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg zu
       bedenken. Dennoch scheint das Bundesland geeignet für einen Vergleich, weil
       es in etwa gleich viele Einwohner wie alle ostdeutschen Bundesländer
       zusammen hat. Außerdem gibt es dort eine ähnliche Wirtschaftsstsruktur.
       
       Große Einigkeit zwischen "Ossis" und "Wessis" herrscht in Bezug auf die
       Lohnunterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern: über 90 Prozent
       der Ostdeutschen sind der Meinung, dass für gleiche Arbeit auch gleicher
       Lohn gezahlt werden sollte. Das finden auch 81 Prozent der Befragten aus
       Nordrhein-Westfalen.
       
       ## Linke fühlt sich von Medien schlecht behandelt
       
       Für die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne in allen Branchen sprechen
       sich im Osten etwas mehr, im Westen etwas weniger als drei Viertel der
       Befragten aus. Selbst mehr als die Hälfte der FDP-Anhänger in Ost und West
       stimmen einem gesetzlichen Mindestlohn voll zu. "Das bestärkt uns in
       unserer Position, dass wir gesetzliche Mindestlöhne flächendeckend
       brauchen", sagt Lötzsch.
       
       Doch genauso bestärkt scheinen sich Lötzsch und ihre Partei in einer ganz
       anderen Position zu fühlen: Sie werden schlecht behandelt. Und zwar von den
       Medien. Es vergeht fast kein Interview, in dem die Linken nicht darauf
       hinweisen, dass die Medien zu einseitig über die [1][Querelen in ihrer
       Partei] berichten. So sagte erst kürzlich Gregor Gysi in einem
       [2][taz-Interview]: "Die Medien berichten viel über unseren internen
       Streit, aber wenig über unsere inhaltlichen Botschaften."
       
       Daher überrascht es nicht, dass die Parteivorsitzende explizit darauf
       hinweist, dass der Wähler wohl auch dieser Meinung ist: Mehr als die Hälfte
       der Befragten findet, dass Parteien zum Teil von den Medien bevorzugt
       werden. Über die CDU denkt das im Osten die Hälfte, in Nordrhein-Westfalen
       sind es 54 Prozent. Über die Linke dagegen denken dies nur fünf Prozent in
       NRW und neun Prozent in den neuen Bundesländern. Dabei hat Frau Lötzsch
       hoffentlich nicht übersehen, dass die Befragten zu über 70 Prozent glauben,
       dass die Parteien im Bundestag zu sehr darauf achten, was die Medien über
       sie berichten.
       
       ## Unterschiede beim Thema Wiedervereinigung
       
       Traute Einheit zwischen West und Ost – zumindest "in allen Grundsatzfragen,
       wie die Gesellschaft organisiert sein soll", resümiert Lötzsch. Deutliche
       Unterschiede zeichnen sich allerdings ab, wenn es um die Lage der
       Ostdeutschen und die Deutsche Einheit geht. Auf die Frage, warum
       Ostdeutsche weniger in Führungspositionen vertreten seien, antworten mehr
       als 20 Prozent der Befragten aus Nordrhein-Westfalen, dass diese keine Lust
       hätten, sich verantwortlich einzubringen.
       
       Das glauben dagegen nur neun Prozent der Ostdeutschen von sich selbst. Sie
       machen für diese Situation vor allem fehlende einflussreiche Kontakte sowie
       das geringe Vertrauen westdeutscher Führungsschichten verantwortlich.
       
       Nach über 20 Jahren Wiedervereinigung scheinen die Bande zwischen Ost und
       West bei weitem nicht so eng zu sein, wie manch einer glauben möchte: Nur
       acht Prozent der Ostdeutschen sehen die Deutsche Einheit bereits erreicht.
       Unter den Befragten in Nordrhein-Westfalen glauben dies immerhin zehn
       Prozent mehr. Dass die Einheit überhaupt nicht zu erreichen ist, denken 40
       Prozent der befragten Ostdeutschen. In Nordrhein-Westfalen sind nur 26
       Prozent so pessimistisch.
       
       Wichtige Indikatoren dafür, dass die Deutsche Einheit erreicht ist sind für
       die Befragten in Ost und West, dass "man auch im Osten von seiner Arbeit
       gut leben kann" und "es gleiche Einkommen und Renten gibt". Diese Kriterien
       haben für die Ostdeutschen noch ein stärkeres Gewicht als für die Menschen
       aus NRW. Allerdings haben fast alle diese Zielkriterien für die
       Ostdeutschen seit 2009 an Bedeutung verloren.
       
       Da bleibt zu hoffen, dass ein deutsches Volk und eine Deutsche Einheit für
       die Menschen in den neuen Bundesländern nicht an Bedeutung verloren haben.
       Daher sieht es Lötzsch als Aufgabe ihrer Partei "das verzerrte Bild über
       ostdeutsche Bundesländer im Westen zu entzerren." Doch dazu muss die Linke
       noch eine gefühlte Hürde überwinden: "Dazu ist die Hilfe der Medien nötig."
       
       13 Sep 2011
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Cordula Sailer
       
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 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
       
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