# taz.de -- Openleaks contra Wikileaks: US-Cables komplett im Netz
       
       > Bei Wikileaks ist eine Sicherheitspanne aufgedeckt worden. Das Passwort
       > zu den US-Depeschen ist prinzipiell zugänglich. Das fördert den Streit
       > mit Konkurrent Openleaks.
       
 (IMG) Bild: Assange und Wikileaks wieder in der Kritik: diesmal wegen eines gravierenden Sicherheitsproblems.
       
       BERLIN taz | Die von diversen Medien nur in Teilen veröffentlichten
       Depeschen des US-Außenministeriums sind prinzipiell im Netz komplett frei
       zugänglich. Das berichtet der Freitag in seiner aktuellen Ausgabe. Bisher
       waren nur ein paar tausend ausgewählte der etwa 250.000 sogenannten Cables
       von Medien und Wikileaks selbst veröffentlicht.
       
       Das ist nicht nur eine potentielle Gefahr für die damit offen genannten
       US-Informanten. Es ist auch ein wichtiger Punkt im Streit zwischen den
       beiden Websites [1][Wikileaks] und [2][Openleaks], andererseits ein
       wesentlicher von Openleaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg genannter Grund
       oder zumindest Vorwand, warum er keine Dateien mehr an Wikileaks
       herausgegeben hat.
       
       Im Einzelnen: Es handelt sich um eine 1,73 Gigabyte große [3][Datei mit
       Namen "cables.csv"]. Darin sind verschlüsselt 250.000 an Wikileaks
       übergebene Depeschen des US-Außenministeriums enthalten. Diese 250.000
       Depeschen lagen schon diversen Medien vor, in Deutschland unter anderem dem
       Spiegel - nicht jedoch der Öffentlichkeit. Sie behandelten mehr oder
       weniger geheime Protokolle und Anfragen von US-Botschaften an ihre
       Regierung und umgekehrt.
       
       ## Informanten gefährdet
       
       Die Veröffentlichung einiger tausend davon verursachte ab November 2010
       weltweit Skandale in den Ländern, in denen Interna nun öffentlich
       zugänglich waren. In vielen der Cables wurden Klarnamen von Informanten
       genannt. Um diese Informanten in Ländern wie dem Iran nicht zu gefährden,
       haben die Medien und auch Wikileaks nur ausgewählte Depeschen ins Netz
       gestellt.
       
       Durch den Freitag-Artikel wird nun bekannt, was schon länger geraunt wurde:
       Dass nicht nur die verschlüsselte Datei cables.csv im Netz steht, sondern
       auch der Schlüssel dazu. Wer die beiden zusammenbringt, hat den vollen
       Zugang zu den Daten. Dies dürfte schon dem einen oder anderen
       Interessierten oder Geheimdienst gelungen sein.
       
       Da einige die Datei eh schon haben, hat sich der Freitag jetzt zur
       Veröffentlichung des Sachverhalts entschlossen. Im zugehörigen Artikel
       liefert er folgende weitere Begründung: "Kann man unter diesen Umständen
       eine Nachricht veröffentlichen, die womöglich Whistleblower und
       Unbeteiligte vor einem Sicherheitsproblem bei Wikileaks warnt, die aber
       zugleich auch das Projekt Openleaks in Schwierigkeiten bringen könnte?
       
       Die Antwort lautet: Man muss es tun." Freitag-Chefredakteur Philip
       Grassmann dazu: "Das Leaking kann eine Revolution des Journalismus bedeuten
       und einen ungeheuren Fortschritt für die Netzdemokratie - aber das Risiko
       des menschlichen Fehlverhaltens ist enorm." Die Sache zeige, dass der
       menschliche Faktor für die Zukunft des Leakens der entscheidende Faktor
       sei.
       
       ## Wichtiges Passwort war nicht temporär
       
       Warum und wie die Dateien und das Passwort überhaupt ins Netz gelangten,
       ist eine nicht ganz klare Geschichte. Der Freitag sprach mit einer "Person,
       die das Passwort von [Julian] Assange erhalten haben will und es inzwischen
       veröffentlicht hat". Die Person "sei davon ausgegangen, dass es sich bei
       der von Assange übergebenen Phrase um ein temporäres Passwort gehandelt
       habe, das nach einer Zeit seine Gültigkeit verliere" - was jedoch
       keineswegs der Fall ist, das Passwort funktioniert, so der Freitag.
       
       Openleaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg gibt diese Sicherheitslücke als
       wesentlichen Grund an, warum er keine Daten mehr an Wikileaks übergibt. Der
       ehemalige Wikileaks-Sprecher und ein weiterer Techniker, der Wikileaks
       verließ, hatten die Datei und einen Schlüssel nach eigenen Angaben
       Wikileaks über einen Mittelsmann zukommen lassen. Damals war nach einer
       konzertierten Aktion US-amerikanischer Behörden und Firmen die
       Wikileaks-Website vom Netz.
       
       Domscheit-Berg und seine Bekannten hatten jedoch eine Kopie der Dateien,
       mit denen dann die Wikileaks-Website wieder aufgesetzt wurde. Dabei
       handelte es sich um bereits in Auszügen veröffentlichten Dateien wie die
       US-Depeschen. Aktuell gibt es einen Streit zwischen Wikileaks in Person von
       Julian Assange und den Openleaks-Machern um einen zweiten Datensatz von
       mehreren tausend bei Wikileaks eingereichten, jedoch nie veröffentlichten
       Dokumenten. Diese verschlüsselten Dateien bzw. die Schlüssel dazu hat
       Assange offensichtlich nicht und forderte sie von den Openleaks-Machern.
       Allerdings haben die Openleaks-Leute diese nach eigenen Angaben inzwischen
       vernichtet, damit nicht wieder Passwörter oder Ähnliches im Netz
       auftauchten.
       
       Openleaks steht in Konkurrenz zu Wikileaks, beide arbeiten derzeit an einem
       neuen Webauftritt.
       
       Wikileaks.org veröffentlicht nach einer längeren Pause derzeit andauernd
       neue Depeschen. Ergebnisse werden bei Twitter unter #wlfind von diversen
       Freiwilligen gemeldet, die die Depeschen derzeit durchforsten. Die bereits
       veröffentlichten Depeschen sind [4][im Netz
       gespiegelt][5][http://www.cablegatesearch.net/search.php].
       
       Die taz ist wie der Freitag einer der Medienpartner von Openleaks.org, die
       das Projekt in der derzeitigen Anfangsphase begleiten.
       
       26 Aug 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://wikileaks.org/
 (DIR) [2] http://openleaks.org/
 (DIR) [3] http://www.freitag.de/politik/1134-nerds-ohne-nerven
 (DIR) [4] http://www.cablegatesearch.net/search.php
 (DIR) [5] http://www.cablegatesearch.net/search.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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