# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Enthippelung der Hurrikangemeinde
       
       > Schwanzvergleichwochen im deutschen Medienbusiness. Burda – jetzt noch
       > schneller! Brigitte – jetzt noch bigger! ARD – jetzt noch mehrteiliger!
       > Prinz – jetzt noch kleiner!
       
       Hallo, taz-Medienredaktion!
       
       Ist euch auch so langweilig? Nix los. Total lahme Hose. Überall nur
       Nichtmeldungen. Wie zum Beispiel die, dass nicht einmal mehr auf einen
       Hurrikan Verlass ist. Tagelang hatten die im Fernsehen einen ganz hippelig
       gemacht, mit Irene, die jeden Roland-Emmerich-Film in den Schatten stellen
       sollte, vor dem inneren Auge versank New York bereits in den Fluten,
       schwammen gelbe Taxen die Straßen entlang, auf einem klammerte Woody Allen
       sich auf dem Dach fest, auf dem anderen sucht Fritz the Cat verzweifelt
       Halt …
       
       Und dann musste man damit vorliebnehmen, dass die teuren Korrespondenten
       fröhlich am bunten Times Square rumstehen und vermelden: "War nix." Dabei
       lernen Journalistenschüler schon in der ersten Stunde, alles, was nicht
       ist, ist keine Meldung. Aber nachdem man das Publikum so hippelig gemacht
       hatte, musste man es wohl wieder enthippeln.
       
       Aber die Langeweile ist kein wetterbedingtes Phänomen. Seit die Verlage
       jeden, der nicht niet- und nagelfest war, rausgeschmissen haben, ist es
       richtig öde auf meinem Posten. Keine Action. Beleg dafür: Die einzige
       Disziplin, mit der sich die Mediendienste aktuell beschäftigen, ist der
       Schwanzvergleich. Über allem steht die Frage: Wer hat mehr? Mehr Auflage,
       mehr Reichweite, mehr Nutzer, mehr Apps. Und wer kann höher? Und schneller?
       
       Aktuell kann Burda schneller. Die Tatsache, dass die Beilage der Freundin
       für mollige Frauen vor dem Sonderheft Brigitte Big auf dem Markt ist, ist
       den Diensten eine Meldung wert. Potzblitz. Da muss Gruner + Jahr, das die
       Brigitte herausbringt, zusehen, dass es die verlorenen Punkte wettmacht.
       Also zügig Brigitte Red unters Volk geworfen, das Sonderheft für
       Rothaarige, und Brigitte Horst, das Männermagazin.
       
       Aber auch als Zuschauer der ARD kam man diese Woche ins Hintertreffen.
       "Dreileben" – eine Geschichte, drei Regisseure, drei Filme. Am Montagabend
       ab 20.15 Uhr. Letzter Teil 23.30 Uhr bis 1 Uhr. Wer bitte soll das sehen?
       Zumal das mittlere Stück, das vom Großmeister Dominik Graf, von seditativer
       Schönheit war. Sprich so dermaßen einschläfernd, dass es schwierig genug
       war, über dem weinseligen Beziehungsgelaber die Augendeckel oben zu
       behalten. So nimmt man Teil drei für später auf und fühlt sich bereits am
       Dienstag wie ein Schüler, der dem Pensum hinterherhinkt.
       
       Die Einzigen, die den Schwanz von hinten aufziehen, sind die Visionäre vom
       Jahreszeiten-Verlag. Die zeigen, wie es noch kleiner geht, und bringen das
       Stadtmagazin Prinz knapp überm Pixi-Buch-Format raus. Hier werden Termine
       benannt, die überall kostenlos zu bekommen sind, und Läden vorgestellt, die
       bald wieder zumachen. Für 2,90 Euro. Irgendwas soll dann wohl doch fett
       sein, beim Jahreszeiten-Verlag. Immerhin gibt es jetzt Coupons im Heft, im
       Wert von 60 Euro, mit denen man günstiger zum Friseur kann und ein Glas
       Prosecco hinterhergeschmissen bekommt.
       
       Aus Langeweile war ich mal wieder auf der "Kauf mich, denn ich mach
       alles"-Seite von [1][Boris Becker]. Zu meinem Ungemach wurde leider Boris
       und Lillys Wochenrückblick eingestellt. Aber auch woanders kann, wer sich
       am Privatglück anderer ergötzen möchte, fündig werden. Bei Miriam Meckel
       zum Beispiel. Die hat das [2]["Der Sonntag gehört jetzt wieder
       mir!"-Filmchen] ihrer Freundin Anne Will eingestellt.
       
       Das ist zwar nicht so reich an Szenen einer Ehe wie das Peinlichkeitsformat
       von Bobbele Schwamm Becker, führt aber doch zu der Frage, ob man als
       Prominente jede Persönlichkeitsshow mitmachen muss. Aber wahrscheinlich bin
       ich einfach zu humorlos. Wie immer. Und damit zurück nach Berlin!
       
       30 Aug 2011
       
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