# taz.de -- Kommentar Nato und Libyen: Folterer und Befreier
       
       > Die Kumpanei der Natostaaten ging soweit, dass den Gaddafi-Handlangern
       > sogar Oppositionelle frei Haus geliefert wurden, damit sie dort unter
       > Folter verhört werden.
       
       Die Beteiligung der Nato am Krieg in Libyen ist von vielen Kritikern des
       Militärbündnisses als ein Schritt interpretiert worden, der vor allem der
       Wahrung eigener Interessen an der Ölversorgung dient. Der Krieg helfe zudem
       bei der regionalen Machtsicherung und habe weiterhin den Zweck, eine
       unliebsame Regierung zu stürzen und diese durch ein angepasstes Regime zu
       ersetzen.
       
       Die Logik dieser Argumentation besticht vor allem durch ihre Einfachheit.
       Die Hilfe für die von einem Massaker bedrohte Zivilbevölkerung in Bengasi
       zu Beginn des Konflikts wird umstandslos als Nato-Propaganda abgebucht.
       
       Nun sind Papiere aufgetaucht, die diese Weltsicht erschüttern mögen. Denn
       danach hat der Westen, haben insbesondere die USA und Großbritannien, mit
       ihrem angeblichen Feind Gaddafi gemeinsame Sache gemacht.
       
       Nicht nur schlossen sie Verträge über Öllieferungen und die Rückkehr von
       Flüchtlingen. Nein, sie paktierten auch in anderer Angelegenheit mit dem
       Diktator: bei der Folter.
       
       Unter George W. Bush verschickten die USA Terrorverdächtige nach Tripolis.
       Sie ließen dort nicht nur Misshandlungen zu, sondern versorgten die
       Schergen des Regimes auch mit den passenden Fragen an die Delinquenten.
       
       Die Hilfe für Gaddafi ging so weit, dass die Amerikaner einen Redetext für
       Gaddafi formulierten und einen seiner Kritiker in Bangkok überwältigten und
       nach Libyen verschleppten. Pech für die USA, dass der Mann heute zu den
       Siegern zählt.
       
       Die Kumpanei des Westens mit Gaddafi zeigt zweierlei: erstens, wie
       freundlich die Beziehungen zwischen Nato-Staaten und Gaddafi in den letzten
       Jahren seiner Herrschaft waren. Ein viel größerer Vertrauensbeweis als das
       Outsourcen von Verhören an ein fremdes Land ist kaum noch denkbar.
       
       Zweitens aber beweist die Affäre, wie wenig ein schematisches
       Freund-Feind-Denken für eine kühle Analyse von Außenpolitik taugt. Die
       Nato-Staaten, so viel steht fest, paktierten jahrelang mit dem Diktator,
       den sie nun stürzen halfen.
       
       Sie kamen einer bedrohten Bevölkerung zu Hilfe, obwohl sie die Opposition
       zuvor unter den Generalverdacht des Islamismus gestellt hatten. Sie ließen
       Gaddafi fallen, obwohl er zuvor großzügig mit Waffen ausgestattet worden
       war.
       
       Hat die Nato durch den Sturz Gaddafis also gewonnen oder verloren? Nur
       simpel gestrickte Geister mögen sich an solchen Fragen abarbeiten.
       
       4 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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