# taz.de -- Papstbesuch in Deutschland: Mit Hochdruck zum Gebet
       
       > Nur für ein gute Stunde kommt der Papst ins thüringische Eichsfeld. Die
       > Menschen in der katholischen Enklave fühlen sich geehrt - und manchmal an
       > DDR-Zeiten erinnert.
       
 (IMG) Bild: Durch Steinbach wird der Papst gar nicht kommen - aufgehübscht wird der Ort im Thüringer Eichsfeld trotzdem.
       
       STEINABCH taz | Das Knattern des Rotorblätter des Polizeihubschraubers mag
       so gar nicht in diese Idylle passen. In dem kleinen Tal im Thüringer
       Eichsfeld, wo auf den Feldern im Frühling der Raps blüht und die Kühe
       gemächlich das Gras von den Weiden fressen, hört man eher die Grillen
       zirpen, ab und zu vielleicht ein Auto.
       
       Nun also die Hubschrauber, die in regelmäßigen Abständen am blauen Himmel
       im Norden Thüringens auftauchen. Erste Vorboten des Papstes, der in wenigen
       Tagen hier ankommen wird. Direkt aus dem Himmel sozusagen, in genau so
       einem Hubschrauber.
       
       Der Parkplatz vor der kleinen Wallfahrtskapelle Etzelsbach reicht längst
       nicht mehr. Früher standen unter den großen Bäumen nur ein paar Autos, dazu
       noch einige Fahrräder. Jetzt stehen die Autos an manchen Tagen die ganze
       Straße entlang. Die Menschen kommen, um die kleine Kapelle zu sehen.
       
       Benedikt XVI. wird hier in wenigen Tagen auf der großen Weide eine
       Marienvesper halten, ein abendliches Gebet. Er wird nur rund 75 Minuten
       hier sein, ein kurzes persönliches Gebet in der Kapelle, dann die Vesper
       unter freiem Himmel, bevor er sich auf den Weg zurück nach Erfurt macht.
       
       Für diese 75 Minuten tun die Menschen in der Region viel, wenn nicht gar
       alles.
       
       Mauritius Hünermund kommt jeden Tag vorbei. Er ist ehrenamtlicher
       Bürgermeister von Steinbach, dem kleinen Ort nur wenige hundert Meter
       entfernt, zu dem die Kapelle gehört. Er geht um die kleine Kirche aus rotem
       Backstein herum. Er nickt, ist zufrieden, ein Lächeln. Noch läuft alles
       nach Plan, sagt Hünermund, der eigentlich Elektromeister ist. Jetzt kümmern
       sich seine Frau und die Mutter um den Betrieb, "ich komme gerade zu
       nichts", sagt er.
       
       ## Nicht alle Besucher wollen sich registrieren
       
       Der 37-Jährige beobachtet die Bauarbeiter mit ihren Planierraupen, die sich
       über das Gelände neben der Kapelle walzen. Die Wiese wurde begradigt, an
       einigen Abschnitten abgetragen, die Erde an anderer Stelle aufgeschüttet.
       Wo früher Gras wuchs, brummen jetzt schwere Laster, Bagger fahren Sand auf
       den geteerten Wegen. Die ziehen sich wie ein schwarzes Netz über den
       braunen Boden. Zehn Hektar, so groß wie 20 Fußballfelder. Das Bistum
       rechnete offiziell mit 45.000 Pilgern. Inzwischen haben sich aber schon
       knapp 60.000 registrieren lassen.
       
       Doch nicht alle, die mitfeiern wollen, möchten sich auch anmelden. Für
       viele hier klingt das nach DDR. "Wir kennen das mit den Passierscheinen ja
       noch zu gut", sagt der ältere Herr mit dem Schnauzbart, der mit seinem Rad
       an der Kapelle hält. Seinen Namen will er nicht sagen, nur so viel: Er wird
       sich nicht registrieren lassen, schon aus Prinzip!
       
       Für Peter Kittel, Regionalkoordinator des Papstbesuchs im Eichsfeld, kommt
       das nicht überraschend. "Es ist hier tatsächlich ein bisschen schwierig,
       den Menschen klarzumachen, dass wir schon aus logistischen Gründen wissen
       müssen, mit wie vielen Pilgern wir zu rechnen haben". Er glaubt, dass am
       Ende 70.000 kommen, keinesfalls alles Papst-Fans.
       
       Denn trotz der Ehre und der Vorfreude - es gibt immer auch ein Aber: Aber
       die schöne Idylle hier. Aber zum Glück ist das alles bald vorbei. Aber es
       ist ganz schön teuer, das alles, schließlich sind wir hier in einer
       strukturschwachen Region.
       
       ## Schlaglöcher und wenig Asphalt
       
       Das Pilgerfeld, es soll nach dem Papstbesuch wieder komplett zurückgebaut
       werden. Der Teer kommt weg, der Sand auch. Die Kühe sollen wieder grasen,
       das hat das Bistum den Bauern zugesagt. Wie viel das kostet, will niemand
       sagen.
       
       Die Infrastruktur hier ist nicht gerade ideal für ein Großereignis. Die
       Straßen hatten noch bis vor wenigen Wochen Schlaglöcher oder waren kaum
       asphaltiert. Es gibt keinen Bahnhof in unmittelbarer Nähe, der Bus fährt
       nur ein paarmal am Tag in Steinbach ab. Bis nach Erfurt braucht man mit dem
       Auto gute anderthalb Stunden, der Weg schlängelt sich einmal quer durch
       Thüringens Dörfer, da ist man schneller in Niedersachsen.
       
       Am 23. September wird es im Umkreis von rund drei Kilometern keine
       Parkplätze für die Pilger geben. Dafür wird die Autobahn A 38, die nur
       wenige Kilometer südlich verläuft, auf über 60 Kilometern gesperrt. Auf
       zehn Kilometern sollen die Busse parken. Von dort aus müssen die Pilger
       dann - nun ja - pilgern. Sternförmig auf die Kapelle zu. Es wird eine echte
       Wallfahrt, wie man es in der Gegend kennt.
       
       Der Glaube ist wichtig hier, schon immer. Die Gegend war ein schwarzer
       Fleck auf der roten Landkarte der DDR, eine Enklave im Meer des Atheismus.
       "Die Eichsfelder haben trotz all der Repressalien ihren Glauben verteidigt,
       dafür sagt ihnen der Papst jetzt Danke." Meint Regionalkoordinator Kittel.
       Die Marienkapelle Etzelsbach, berühmt vor allem wegen der alljährlichen
       Pferdewallfahrt, ist der älteste Marienwallfahrtsort im Eichfeld. Deshalb
       wollte der Papst auch unbedingt dorthin.
       
       ## Aufpolierte Vorgärten
       
       Rund um Bodenrode, Wingerode und Reinholterode ist er längst angekommen. Am
       Ortseingang von Steinbach steht ein Plakat, darauf ein riesiger Benedikt
       XVI., dazu ein Willkommensgruß. Blumen blühen in den Vorgärten, kein
       Unkraut in Sicht. Vor einigen Tagen, bei der Einwohnerversammlung, hat
       Bürgermeister Hünermund noch mal nachgelegt. "Ich habe die Bürger dezent
       darauf hingewiesen, dass es schön wäre, wenn sie ihre Gärten und Häuser auf
       Vordermann bringen würden", sagt er.
       
       Und das, obwohl der Papst gar nicht bis nach Steinbach kommt. Der
       Hubschrauberlandeplatz ist auf einem kleinen Hügel direkt hinter der
       Kapelle, das Papamobil wird bis auf das Pilgerfeld rollen, weiter nicht.
       Immerhin, ein Teil der zigtausend Pilger wird durch Steinbach laufen.
       Kameras werden an der Dorfstraße stehen, die Bilder sollen in rund 60
       Länder übertragen werden, Millionen Menschen werden sie sehen. "Wir
       repräsentieren Thüringen", sagt Hünermund. "Und die ganze Welt - für einen
       kurzen Augenblick jedenfalls." Er streckt seine Brust ein bisschen weiter
       nach vorne.
       
       Draußen vor der Wallfahrtskapelle steht ein Mann auf einer Klappleiter, er
       trägt einen weißen Ganzkörperanzug, eine Maske und Handschuhe. Mit einem
       Hochdruckreiniger spritzt er den grauen Betstein ab. Die Kapelle wurde im
       Innenraum komplett saniert, die Wände sind frisch gestrichen, die Holzbänke
       poliert, die Fenster geputzt, die Kacheln auf dem Boden auch. Eine Gegend
       in Sonntagskluft.
       
       8 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffi Dobmeier
       
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