# taz.de -- taz-Wahllokal: Debatte über Rekommunalisierung: Zurück an die BürgerInnen
       
       > Die S-Bahn braucht ab 2017 einen neuen Betreiber, das Land will die
       > Wasserwerke zurückhaben. Politiker diskutieren im taz-Wahllokal die
       > Zukunft der städtischen Versorger.
       
 (IMG) Bild: Im Mittelpunkt der Debatte: Die rumpelige Berliner S-Bahn
       
       Der sperrige Begriff der Rekommunalisierung klingt nach dröger und
       trockener Thematik. Unverhofft lebendig aber verlief am Mittwochabend die
       vierte Diskussionsrunde des taz-Wahllokals zur Abgeordnetenhauswahl am 18.
       September. Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD, Ellen
       Haußdörfer, der Linke-Landesvorsitzende Klaus Lederer, der
       haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser, und Carl Waßmuth von
       Attac waren ins taz Café gekommen, um die Frage "Wem gehört, was man zum
       Leben braucht" zu beantworten.
       
       Den inhaltlichen Schwerpunkt der Veranstaltung bildete die Zukunft von
       S-Bahn und Berliner Wasserbetrieben. Mit der Bitte um eine "Ja oder
       Nein"-Beantwortung zu deren Rekommunalisierung leitete
       taz-Berlin-Redakteurin Svenja Bergt die Diskussion ein.
       
       "Ausschreibung ist eine Form der Privatisierung", sagte Carl Waßmuth von
       Attac. Aber auch der Eigenbetrieb der S-Bahn drohe eine
       Pseudo-Rekommunalisierung zu werden. Auf jeden Fall müsse die
       Daseinsfürsorge gewährleistet werden. Bei den Parteivertretern herrschte
       weitgehende Einigkeit, dass es bei der S-Bahn nach 2017, wenn der Vertrag
       mit der Deutschen Bahn ausläuft, nur zwei Möglichkeit gibt: eine
       Ausschreibung des Betriebs oder die Ansiedlung beim Land. Eine
       Direktvergabe hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil untersagt.
       
       Die SPD-Abgeordnete Haußdörfer sagte, die S-Bahn müsse in öffentlicher Hand
       verbleiben, die Privatisierung habe zu mangelhafter Qualität geführt.
       Während sich Lederer deutlich für die "In-House-Variante" des Landes
       aussprach, um die "Renditeausrichtung" auszuschließen und Gewinne
       reinvestieren zu können, stellte Esser die Finanzierbarkeit der
       "Milliardeninvestitionen" infrage. Das Land müsse dann unter einem "enormen
       Handlungsdruck" eine Gesellschaft gründen und einen Wagenpark anschaffen.
       
       Esser, der bei den Ausführungen seiner Mitdiskutanten meist mit dem Kopf
       schüttelte, warf Lederer vor, in der rot-roten Koalition die BVG als
       landeseigenes Unternehmen nicht zu einer perspektivischen Übernahme der
       S-Bahn bewegt zu haben.
       
       Kritisch sahen die Teilnehmer eine mögliche Splittung zur teilweisen
       Ausschreibung des Schienennetzes, etwa in Ring, Ost-West- und
       Nord-Süd-Verbindungen. Das Publikum beantwortete die Frage nach
       Ausschreibung oder kommunalem Betrieb eindeutig: Für eine Ausschreibung ab
       2017 gab es im taz Café keine einzige Meldung. Viermal Ja gab es dagegen
       vom Podium bei der Frage nach der Rekommunalisierung der Wasserbetriebe.
       Der Senat verhandelt aktuell mit dem Unternehmen RWE über einen Rückkauf,
       der private Anteilseigner Veolia dagegen zeigt dazu momentan keine
       Bereitschaft. Recherchen der taz sowie ein erfolgreicher Volksentscheid im
       vergangenen Jahr hatten zur Offenlegung der Verträge geführt.
       
       Die Wasserbetriebe müssten bürgerbestimmt werden, sagte Carl Waßmuth von
       Attac, der eine sofortige Anfechtung der Verträge forderte.
       Linkspartei-Chef Lederer sagte, dass er eine Normenkontrollklage umgehend
       anstreben würde, sofern es dafür eine rechtliche Grundlage gebe. "Ich bin
       doch nicht so bescheuert und kaufe für viel Geld die Anteile zurück, wenn
       ich sie für lau haben kann." Er sehe nach gescheiterten
       Verfassungsbeschwerden jedoch momentan keine Möglichkeit, die Verträge
       "loszuwerden". Waßmuths Vorwurf, die Linke habe ihren Einfluss und jegliche
       Machtoption im rot-roten Senat verwirkt, konterte Lederer überraschend
       freimütig: "Sie glauben doch tatsächlich, dass man als Regierung Macht
       hat?"
       
       8 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Torsten Landsberg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) taz-Wahllokal: Bürgerbeteiligung: Ein Wutschrei mit Nachhall
       
       Vor einem Jahr hat Berlin sein eigenes Stuttgart 21 bekommen: Gegen die
       Flugrouten für den neuen Großflughafen organisierte sich ein breites
       Bündnis. Was ist daraus geworden?
       
 (DIR) taz-Wahllokale: Streit über S-Bahn-Privatisierung: "Am schlimmsten ist das Aussitzen"
       
       Was tun mit der S-Bahn? Für Rouzbeh Taheri vom S-Bahn-Tisch ist klar: Die
       Profitorientierung muss weg. Christfried Teschepe vom Fahrgastverband Igeb
       glaubt nicht, dass der Senat kurzfristig handeln kann.
       
 (DIR) Verkehrs-Debatte im taz-Wahllokal: Rücksicht wäre ein Anfang
       
       Fußgänger gegen Radfahrer gegen Autofahrer: Es ist ein Kreuz mit dem
       Verkehr: Politiker und Lobbyisten diskutierten im tazcafé Probleme und
       Lösungen.
       
 (DIR) Diskussion im taz-Wahllokal über Stadtentwicklung: Die Suche nach einem Raum
       
       Kulturinitiativen bereichern als Zwischennutzer die Stadt, meist ohne Geld.
       Unterstützung von Seiten der Politik fehlt jedoch, klagen Praktiker bei
       einer taz-Debatte.