# taz.de -- Kristina Schröder ist zurück: Versetzung gefährdet
       
       > Kristina Schröder (CDU) kehrt in ihr Amt als Familienministerin zurück.
       > Extremismusklausel, Krippenflaute, Männerförderung - ihre Halbzeitbilanz
       > ist mäßig.
       
 (IMG) Bild: Nach einer Mini-Babypause von neun Wochen kehrt Kristina Schröder zurück.
       
       BERLIN taz | Es war nicht nur eine Babypause, sondern auch eine Art
       Halbzeitpause für Familienministerin Kristina Schröder (CDU): Die Mitte der
       Legislaturperiode naht. Am Montag kehrt [1][die Mutter von Lotte Marie],
       geboren Ende Juni, nach fast vier Monaten in ihr Ministerium zurück.
       
       Das Experiment Familienpause im Familienministerium ist einigermaßen
       geglückt. Es gab zwar einige Grätschen anderer Politiker, die ihre
       Abwesenheit nutzen. Vorgängerin und Arbeitsministerin [2][Ursula von der
       Leyen] (CDU) setzte ihre Quotenoffensive fort, Unionsfraktionschef
       [3][Volker Kauder] wollte mal eben das Elterngeld abschaffen. Und ihre
       Pressesprecherin verschwand gen Brüssel und wird durch den
       Ex-Vizeregierungssprecher Harald Steegmans ersetzt. Aber insgesamt
       schnurrte das Ministerium gemächlich vor sich hin.
       
       Das allein ist ein gesellschaftspolitischer Erfolg: Politische Spitzenämter
       gelten als K.O.-Jobs: ganz oder gar nicht. Aber siehe da: Auch diese Jobs
       lassen sich reduzieren oder teilen. Die Ehre, diesen Beweis in der Praxis
       erbracht zu haben, gebührt Schröder.
       
       ## Sie holperte und stolperte
       
       Dieser Erfolg ist einer der wenigen in ihrer bisherigen Amtszeit. Schröders
       Abwesenheit fiel wohl vor allem deshalb so wenig auf, weil ihre Anwesenheit
       im Amt auch nicht gerade politische Wellen erzeugte. Harscher drückt es
       Caren Marks aus, familienpolitische Sprecherin der SPD: "Sie hat die
       Leistungen, die man erwarten konnte, schlicht nicht gebracht. In der Schule
       würde man sagen: Versetzung gefährdet."
       
       Zweifelhaft ist schon Schröders Ruhm als Innenpolitikerin, die für die
       Programme gegen rechts zuständig ist: Mit dem Wort "Deutschenfeindlichkeit"
       von Ausländern oder der versuchten Gleichsetzung von Links- und
       Rechtsextremismus belebte sie die Debatte. Auch die
       [4]["Extremismusklausel"], mit denen Projekte ihre Demokratiefestigkeit
       zeigen müssen, sorgte für Aufregung. Der Bundesfreiwilligendienst lief,
       vorsichtig ausgedrückt, stolpernd an.
       
       In der Familien- und Geschlechterpolitik regiert vor allem der Stillstand:
       Der Krippenausbau dümpelt vor sich hin. Laut einer Evaluation werden 10 von
       16 Bundesländern das Ausbauziel nur knapp oder "schwerlich" erreichen. Da
       der Bedarf an Krippenplätzen das Ausbauziel übersteigt, wird es in mehreren
       Ländern offenkundig nichts mit dem geplanten Rechtsanspruch auf einen
       Kitaplatz ab 2013. "Ich würde gern hören, wie Schröder die Kommunen dann
       unterstützen will", so Marks.
       
       Das Elterngeld hat Schröder reduziert. Die Vätermonate werden, anders als
       im Koalitionsvertrag vorgesehen, nicht ausgeweitet. Und in der
       Geschlechterpolitik musste sich Schröder zum Jagen tragen lassen: Erst als
       Arbeitsministerin von der Leyen eine feste Geschlechterquote für die
       Wirtschaft anvisierte, rang Schröder sich eine "Flexi-Quote" mit
       freiwilliger Umsetzphase ab. "Schröder hinkt der Entwicklung hinterher",
       sagt Marlies Brouwers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates. "Dabei ist
       sie selbst doch auch eine Quotenfrau, die ins Amt kam, weil sie die
       Hessenquote erfüllte."
       
       ## Gleichstellungspolitik? Ein Fremdwort
       
       Die Lobbyistin hat deshalb ihre Ansprechpartnerin gewechselt: "Wir haben
       vor allem mit Frau von der Leyen gearbeitet. Den Mut, den von der Leyen in
       der Frauenpolitik an den Tag legt, wünschen wir uns auch von Schröder", so
       Brouwers.
       
       Vor allem aber kann man sich des Verdachts nicht erwehren, dass
       Gleichstellungspolitik für Schröder immer noch ein Fremdwort ist. Im
       Kinder- und Jugendplan des Haushalts sind die Mittel für
       Gleichstellungspolitik laut Marks beispielsweise komplett gestrichen.
       
       Schröders Gleichstellungsabteilung - die einzige Abteilung, die von einer
       Frau geleitet wird - geht im Ministerium fast unter. Anstatt
       geschlechtersensible Politik für Frauen und Männer zu betreiben, wie es
       Gender Mainstreaming vorsehen würde, schiebt Schröder nun einseitig
       Männerprojekte an. "Dabei adressiert gerade Gender Mainstreaming Männer und
       Frauen", sagt SPD-Politikerin Caren Marks.
       
       Doch auch wenn Schröders Männerprojekte aus eher antifeministischen Gründen
       entwickelt wurden: Sie können durchaus eine emanzipatorische Wirkung
       entfalten. Das Modellprojekt "Männer in Kitas" etwa klingt, als sollten die
       Kleinen nun am Manne genesen. Aber obwohl Schröder lieber Männer- als
       Geschlechterpolitik machen will, fördert sie unbeabsichtigt doch das
       Prinzip, dessen Namen sie nicht in den Mund nehmen mag.
       
       So schreibt der am Modellprojekt beteiligte Evangelische Kirchenkreis
       Berlin: "Ziel ist es, für alle Kitas des Trägers ein
       Gender-Mainstreaming-Konzept (…) zu entwickeln und zu verankern." Aus
       Versehen Gender Mainstreaming gefördert, zufälligerweise als erste
       Ministerin ein Kind bekommen: Letztendlich wird Schröder wohl immer
       unabsichtlich emanzipatorisch tätig.
       
       12 Sep 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Familienministerin-Schroeder-ist-Mutter/!73558/
 (DIR) [2] /Kompetenzgerangel-im-Familienministerium/!72739/
 (DIR) [3] /Familienpolitik-der-CDU/!76520/
 (DIR) [4] /Kristina-Schroeders-Extremismusklausel/!65961/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kristina Schröder
       
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