# taz.de -- Wahlparty unterm Totenkopf: So sehen Sieger aus
       
       > Sie tragen Jacken oder Kapuzenpullover, und wenn sie fertig gejubelt
       > haben, zücken sie das Smartphone: Besuch bei den Hamburger Piraten, die
       > bei der Berliner Wahl auch ein bisschen gewonnen haben.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr alle IT-Mitarbeiter: Hamburger Piraten freuen sich über Berliner Prozente.
       
       HAMBURG taz | Sie jubeln wie Fußballfans nach einem Tor für ihre
       Mannschaft. Die Hamburger Piraten springen und reißen die Arme hoch, als
       die 8,5 Prozent-Prognose für die Berliner Piraten über die Leinwand läuft.
       Doch es dauert nicht lange, bis die Hände in die Hemdtaschen fahren und das
       Smartphone herausholen. Einer hat beim Jubeln den Laptop in der Hand.
       Einige haben Tablet-Computer dabei. Sie schauen, wie die Reaktionen sind
       auf dem Kurznachrichten-Portal Twitter und suchen nach anderen Prognosen.
       
       Die Hamburger Piraten halten ein Bier oder eine Limo in der Hand, und es
       sind fast alles Männer. Nur zwei, drei Frauen kommen in die Hamburger
       Parteizentrale im Schanzenviertel, in einer Parallelstraße zum
       Schulterblatt. Der Stil ist gemixt: Die Männer tragen Kapuzenpullover,
       Lederjacken, Sportjacken - und Partei-T-Shirts. Kein Jackett, kein Anzug -
       wenn überhaupt ein Hemd. Einer hat einen Fan-Pullover von Altona 93 an,
       einem kleinen Hamburger Verein. Ein Teil seiner Fans war früher
       Unterstützer des FC St Pauli - und ist von dort gegangen, weil es dort
       nicht mehr alternativ genug war.
       
       Den Frauenanteil machen manche von sich aus gleich zum Thema. "Ja, der ist
       gering, wir arbeiten dran", sagt etwa Michael Vogel. Und auch das Image,
       eine Techie-Partei zu sein, kennen sie nur zu gut. "Das war bei der
       Gründung viel krasser", sagt Vogel, selbst Programmierer. Inzwischen gebe
       es auch Mitglieder, die nicht in der IT-Szene arbeiten. Die meisten
       Piraten, die diesen Abend hier sind, stehen im Alter irgendwo zwischen den
       Mittzwanzigern und Mittvierzigern.
       
       Die Geschäftsstelle ist ein kleiner Ladenraum mit Küche und WC. Er ist leer
       geräumt, ein Tisch und ein paar Stühle sind gestapelt, ein paar stehen an
       der Seite. Sie sind an diesem Sonntag der Lagerplatz für die laufenden
       Laptops der Mitglieder - nicht alle haben Tablets oder Smartphones dabei.
       
       Auf einem Tresen stehen Parteiflugblätter und eine Miniatur-Gießkanne mit
       keiner Pflanze. Ein Flyer mit Kondom liegt neben den Grundgesetz-Büchlein
       der Bundeszentrale für politische Bildung.
       
       Der Briefkasten ist vollgeklebt mit Aufklebern. Gegen Atomkraft, für die
       Satire-Gruppe "Die Partei" oder das Internet-Video-Projekt der Stuttgart
       21-Gegner Cams21. Die meisten sind Werbung für die eigenen Partei. "Der
       Staat muss draußen bleiben", steht auf einem.
       
       In Berlin ziehen die Piraten an diesem Abend das erste Mal in ein
       Landesparlament ein. Das hat auch für die Hamburger Folgen. "Wir müssen
       jetzt keine Unterschriften mehr sammeln, um bei der Bundestagswahl antreten
       zu dürfen", erzählt einer, während auf der Leinwand alle
       Twitter-Nachrichten zum Thema "Piraten" erscheinen. FDP-Witze tauchen auf,
       sie werden mit einem Lachen quittiert. "Die sind jetzt die größte unter den
       kleinen Parteien", ruft einer. Das ist ihre Hamburger Rolle.
       
       Auf dem Bürgersteig vor der Parteizentrale läuft ein Mitglied im orangenen
       Partei-Polo-Shirt herum und spricht aufgeregt in sein Headset. "Der ist von
       der Bundes-IT", erklären die andere. Die IT-Spezialisten-Partei kämpft
       darum, dass die Parteiwebsite am Sonntag kurz nach der Wahl erreichbar
       bleibt - trotz des ungewohnten Ansturms. Zwischendurch ist die Hauptseite
       nur sehr langsam erreichbar, umherstehende Mitglieder diskutieren die Lage
       - und verweisen auf die gute Absicherung der Berliner Seite gegen Ausfälle.
       "Die haben über zehn Mirrors angelegt, einer sogar in Spanien."
       
       "Bei der Hamburg-Wahl war es einfach noch nicht so weit", sagt Thomas
       Michel, der stellvertretende Hamburger Parteivorsitzende, wenn man ihn
       danach fragt, warum die Berliner so viel weiter sind. Er steht an einem
       Gartentisch auf dem Parkplatz vor der Zentrale, in der Nähe vom Grill, auf
       dem nur Fleisch liegt. Die Piraten würden sich jetzt zu einer Partei mit
       "Vollprogramm" entwickeln, glaubt Michel. Der große Wandel komme aber nicht
       durch die Inhalte. "Die Inhalte können die anderen Parteien mit mehr
       Ressourcen kapern. Wir aber werden eine andere Kultur reinbringen."
       
       19 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Kummetz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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