# taz.de -- Baseball in den USA: Wenn das Ende naht
> Mariano Rivera ist "Closer" – der Mann, der knappe Spiele für seine New
> York Yankees nach Hause holt. Und darin ist er der Beste überhaupt: zum
> 602. Mal rettete er den Sieg.
(IMG) Bild: "All Time Leader" Riviera wird von seinen Fans gefeiert.
BERLIN taz | Das Publikum im Yankee Stadium stand bereit, den historischen
Augenblick angemessen zu feiern. Nur die Hauptperson zierte sich noch. Es
waren dann zwei gestandene Männer nötig, den Zurückhaltenden dazu zu
bringen, sich feiern zu lassen. Jorge Posada und Alex Rodriguez, selbst
altgediente Baseball-Profis, waren es, die den Kollegen zurück aufs
Spielfeld schoben, damit der sich seinen verdienten Applaus abholen konnte.
Dann stand der beste Closer aller Zeiten verloren auf seinem Arbeitsplatz,
dem Wurfhügel in der Mitte des Spielfelds. Er grinste schüchtern, ein Bild
der Demut, und lüftete seine Kappe. Darunter kam eine veritable Glatze zum
Vorschein.
Mariano Rivera ist ein seltsamer Mann. Er gilt als einer der besten Pitcher
in der Geschichte des Baseball. Er hat fünf Mal die World Series gewonnen,
Rekorde gebrochen, Auszeichnungen gewonnen und Millionen von Dollars
verdient. Seit 17 Jahren spielt Rivera für die als arrogant verschrienen
New York Yankees und ist trotzdem bescheiden geblieben. "Unbezahlbar"
nannte er später den Moment, als über 30.000 New Yorker ihm allein
applaudierten, aber man sah ihm an, dass er auch gut darauf hätte
verzichten können.
## Der "Closer" bringt eine knappe Führung sicher nach Hause
Der Anlass für den ungewollten Auftritt: Die Yankees hatten ihr Spiel gegen
die Minnesota Twins mit 6:4 gewonnen und Rivera hatte das getan, was er am
besten tut, er hatte das Spiel nach Hause gebracht. Zum insgesamt 602. Mal
hat er den Sieg gerettet, einen sogenannten "Save" geschafft, so oft wie
niemand zuvor. Als sogenannter Closer kommt Rivera nur zum Einsatz, um im
letzten Spielabschnitt eine knappe Führung zu behaupten.
Neuntes Inning, das Spiel steht auf der Kippe, dann schreitet der aus
Panama stammende Rivera aufs Spielfeld. Dazu dröhnt als Erkennungsmelodie
seit 1999 "Enter Sandman" von Metallica durchs Stadion, vor allem wegen der
Eingangszeile: "Say your prayers little one". Tatsächlich nutzen auch
Gebete nichts: Kein Closer war jemals so effektiv. Auch am Montag brachte
der mittlerweile 41-Jährige den Erfolg wieder denkbar schnell unter Dach
und Fach.
Das Geheimnis von Riveras Erfolg ist der sogenannte "Cutter". Diesen Wurf,
der im letzten Moment vor dem wartenden Schlagmann nach unten wegbricht,
beherrscht niemand wie er. Es ist allerdings auch ziemlich der einzige
Wurf, den Rivera benutzt. Gewöhnlich haben Spitzenpitcher drei oder sogar
vier verschiedene Wurftechniken im Angebot, um die Gegner auszutricksen.
Wie es Rivera gelingt, trotz seines eingeschränkten Repertoires solche
Erfolge zu feiern, haben die Fachleute noch nicht schlüssig erklären
können: "Erstaunlich", findet das auch Michael Cuddyer, eines seiner Opfer
beim Sieg gegen die Twins. "Man weiß zu 99 Prozent, was auf einen
zugeflogen kommt, aber trotzdem hat man keine Chance."
Während die meisten seiner Closer-Kollegen auf die mentale Extremsituation,
in die sie regelmäßig geworfen werden, mit Exzentrik reagieren, sich
lautstark aufputschen, mit martialischer Gestik oder extravaganten Frisuren
die Gegner zu beeindrucken versuchen, umgibt Rivera auf dem Wurfhügel eine
geschäftsmäßige, nahezu buddhistische Aura. Auf die bauen die Yankees, die
so gut wie sicher für die Playoffs qualifiziert sind, um in den nächsten
Wochen die World Series zu gewinnen. Es wäre die sechste, aber vielleicht
nicht die letzte für Rivera.
20 Sep 2011
## AUTOREN
(DIR) Thomas Winkler
## TAGS
(DIR) Baseball
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) San Francisco ist US-Baseball-Meister: Bäriger Matchwinner
In der Baseball-World-Series gewinnen die San Francisco Giants gegen
Detroit mit 4:0 Spielen – vor allem dank „Kung Fu Panda“ Pablo Sandoval.
(DIR) Baseball in den USA: Flatterhafte Kunst
Mit dem Karriereende von Pitcher Tim Wakefield droht auch eine rare
Wurfvariante auszusterben: der Knuckleball. Sein tanzender Wurf wird
fehlen.
(DIR) US-Baseball: Neue "Ära des toten Balles"
Die San Francisco Giants, amtierender Champion der World-Series, geben sich
große Mühe, die Playoffs zu verpassen. Sie spielen so mies wie seit 1902
nicht mehr.
(DIR) Jim Thomes 600. Homerun: Rückkehr der Unschuld
Wieder einmal wird in der MLB eine Homerun-Schallmauer durchbrochen: Jim
Thome schlug seinen 600. Homerun. Ist damit das Steroid-Zeitalter im
Baseball Geschichte?