# taz.de -- SPD sondiert Koalition mit der CDU: Wowereits Fremdflirt
       
       > Berlins Regierender Bürgemeister lässt die CDU von einer Koalition
       > träumen. Nun müssen sich die Grünen etwas einfallen lassen.
       
 (IMG) Bild: Frank Henkel und Klaus Wowereit nach dem Sondierungsgesrpcäh im Roten Rathaus
       
       SPD und CDU haben in ihrem Sondierungsgespräch am Donnerstag keine
       unüberwindbaren Hindernisse ausgemacht. Es gebe durchaus Schnittmengen,
       sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nach dem Treffen.
       "Dem kann ich mich vollständig anschließen", sagte CDU-Chef Frank Henkel.
       Bedarf für ein zweites Gespräch gebe es nicht, sagte Wowereit, mit der CDU
       sei alles geklärt. Mit den Grünen, mit denen die SPD am Mittwoch getagt
       hatte, gebe es dagegen "noch weiteren Gesprächsbedarf". Wowereit
       signalisierte, dass die Grünen dabei nichts zu fordern hätten. Er habe,
       "was ich mir immer gewünscht habe: Optionen."
       
       Der Auftritt im Säulensaal des Rathauses, er passte genau zu den Worten der
       französischen Schriftstellerin Madame de Staël, die dort an der Wand
       stehen: "Dem Schauspiel, das Berlin gewährte, kam in Deutschland kein
       anderes gleich." Besser als in Wowereits Manier ließe es sich nicht
       inszenieren: Erst mit den Grünen reden, Knackpunkte feststellen, dann mit
       der CDU eine Einigung quasi unterschriftsreif machen, um nun die Grünen in
       einem zweiten Treffen vor die Wahl zu stellen: Friss oder stirb!
       
       Rot-Grün hätte im Abgeordnetenhaus 76 von 149 Sitzen und damit nur eine
       Stimme mehr als die absolute Mehrheit von 75 Sitzen. Das entspricht der
       Situation, in der Rot-Rot in den vergangenen fünf Jahren weitgehend
       störungsfrei regierte. Mit der CDU hätte die SPD eine breite Mehrheit von
       86 Mandaten.
       
       Die Grünen stehen nach dem gestrigen Auftritt Wowereits am Scheideweg. Sie
       müssen entweder seine Forderungen und Positionen akzeptieren, den Weiterbau
       der A 100 schlucken und sich bedingungslos zu einem vielleicht noch
       größeren Großflughafen Schönefeld bekennen - oder in der Opposition
       bleiben. Erst drei Wochen zurück liegt ein Auftritt Wowereits im
       Abgeordnetenhaus, bei dem er von den Grünen ein klares Bekenntnis zum
       Großflughafen gefordert hatte - sonst könnten die sich "alle Träume von der
       Regierungsbeteiligung abschminken".
       
       Wowereit sagte zwar, dass es zwischen SPD und CDU auch unterschiedliche
       Positionen gebe, etwa beim Ausländerrecht, bei der Integrationspolitik, der
       doppelten Staatsbürgerschaft oder beim Wahlrecht für EU-Ausländer. Er wies
       jedoch darauf hin, dass das zum Teil Themen mit bundesrechtlichem
       Hintergrund sind - Dinge, bei denen eine Landesregierung nur über den
       Bundesrat mitreden kann.
       
       Das Gespräch - laut Wowereit "in sachlicher und konstruktiver Atmosphäre",
       laut Henkel in "harmonischer, konstruktiver" - hatte sich wie tags zuvor
       das rot-grüne Treffen weit über den vorgesehenen Zeitraum hingezogen und
       noch zu einem gemeinsamen Mittagessen geführt. Rot-Grün tagte vier Stunden,
       bei Rot-Schwarz waren es knapp dreieinhalb. Laut Henkel gab es dabei keine
       unüberbrückbaren Schwierigkeiten. Er sah sich und seine Partei auf dem
       richtigen Weg: "Wir sind offen und ohne Vorbedingungen in das Gespräch
       gegangen. Diese Offenheit hat sich ausgezahlt."
       
       Der CDU-Fraktionsvorsitzende sorgte bei dem Auftritt der jeweils
       fünfköpfigen Verhandlungsgruppen vor Journalisten für einen Lacher, als er
       die Speisekarte wiedergab: "Bei uns gab es keine Schale, sondern einen
       Teller Suppe." Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast hatte am Mittwoch
       berichtet, dass es eine schale Suppe gab und dabei wie manches Mal im
       Wahlkampf Fragen offengelassen: War es nun eine Schale Suppe oder war die
       Suppe schal?
       
       Die grüne Fraktionschefin Ramona Pop hatte am Donnerstag noch kommentiert,
       das Sondieren habe Spaß gemacht. Das Wort "Spaß" fiel zwar in den ersten
       Stellungnahmen nicht, aber von den CDU-Vertreter ließ sich nicht sagen,
       dass sie not amused aussahen.
       
       Der weitere Fahrplan Richtung Senatsbildung gestaltet sich folgendermaßen:
       Mit wem sie Koalitionsgespräche führen will, in denen es - ergänzt um
       Fachleute für die einzelnen Politikfelder - um die konkrete Ausgestaltung
       eines fünf Jahre gültigen Vertrags geht, will die SPD möglicherweise
       bereits am Montag bei ihrer Landesvorstandssitzung entscheiden.
       
       Trifft ihre Wahl auf die Grünen, will deren Verhandlungskommission einem
       Landesparteitag einen Vorschlag machen. Dort stünde die spannende Frage an,
       ob die Delegierten unangenehme Zugeständnisse an die SPD hinnehmen, vor
       allem bei der A 100. Die Satzung sieht nicht zwingend vor, dass dieses
       Gremium entscheiden muss. "Da gibt es keine Festlegung", sagte
       Grünen-Landeschef Daniel Wesener der taz. "Wir halten aber einen Parteitag
       für das richtige Gremium." Der ist bislang für Freitag nächster Woche
       angesetzt. Wesener ließ aber offen, nötigenfalls vorzuverlegen.
       
       Bei der CDU wäre es wie bei der SPD: Die Sondierungskommission würde dem
       Landesvorstand einen Vorschlag machen. Ein Dissens ist nicht zu erwarten -
       beide Gremien werden von Henkel geführt.
       
       22 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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