# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Einige letzte Chancen
       
       > Ralf Rangnick gilt als Begründer einer neuen Ära. Nur fehlt es jetzt an
       > Nachfolgern. In den Klubs macht sich eine gewisse Ratlosigkeit breit.
       
       Es klang fast schon wie ein Nachruf auf Ralf Rangnick. Robin Dutt der
       Trainer von Bayer Leverkusen sprach von "einer sehr traurigen Nachricht,
       denn Ralf hat den Weg für die neue Trainergeneration geebnet". Aber Ralf
       Rangnick lebt. Er nimmt sich lediglich eine Auszeit, da er wie Tausende
       andere Deutsche unter dem Erschöpfungssyndrom leidet. Er hat bei seinem
       Arbeitgeber, dem FC Schalke 04, seinen Arbeitsvertrag aufgelöst.
       
       Diejenigen, die dem Pfad folgten, den Rangnick als einer der Ersten
       ausgetreten hat, werden gemeinhin "Konzepttrainer" genannt. Kollegen wie
       Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Mirko Slomka und Robin Dutt eben. Wie einst
       Rangnick als Coach mit dem SSV Ulm die finanzstärkere Konkurrenz düpierte,
       zeigten sie in der vergangenen Saison mit Dortmund, Mainz, Hannover und
       Freiburg, wie man mit taktisch modernem Offensivfußball etliche Teams
       hinter sich lassen kann, die über ein deutlich üppigeres Budget verfügen.
       
       Das Erstaunliche: Wie sich an der verzweifelten Suche des Hamburger SV und
       Schalke 04 nach neuen Übungsleitern gerade zeigt, herrscht in Deutschland
       momentan ein akuter Mangel an Trainern, die den Ansprüchen der Moderne
       genügen. Begehrt sind Kandidaten, die das Kollektiv und flache Hierarchien
       zu schätzen wissen und über die dafür nötigen sozialen Kompetenzen wie
       Kommunikationsfähigkeit verfügen.
       
       In Hamburg und Schalke werden als Nachfolger von Michael Oenning und Ralf
       Rangnick nur vermeintliche Konzepttrainerkandidaten gehandelt, die wie
       Hansi Flick (DFB-Kotrainer) oder Mike Büskens (SpVgg Fürth) ihr Können in
       der Bundesliga noch nicht unter Beweis stellen durften oder wie die beiden
       Schweizer Marcell Koller (arbeitslos) und Christian Gross (Young Boys Bern)
       in der Bundesliga deutschen Eliteklasse nur bescheidene Erfolge vorzuweisen
       haben. So kommen stattdessen zwangsläufig wieder die alten Haudegen ins
       Spiel. Autoritäre Mauertaktiktrainer (Huub Stevens) oder Provinzgrößen
       (Horst Hrubesch, Thomas van Heesen), über deren Verpflichtung nur aufgrund
       ihrer Nähe zum Verein diskutiert wird.
       
       Es macht sich bei den Klubs eine gewisse Ratlosigkeit breit. Dürfen nun
       Michael Frontzeck und Wolfgang Wolf doch noch auf ihr Comeback in der
       ersten Liga hoffen? Oder gar Winfried Schäfer und Peter Neururer? Letzterer
       hält den Begriff "Konzepttrainer" eh für einen ausgemachten Unsinn. Ein
       Trainer ohne Konzept, schimpfte der Schnauzbart einst, gäbe es sowieso
       nicht. Damit hat Neururer gar nicht mal so unrecht. Doch die Konzepte, das
       ist der Unterschied, haben ihre Eindimensionalität verloren.
       
       Schon als im vergangenen Frühjahr Volker Finke, ein anderer Urvater des
       Konzepttrainertums, nach einem kompetenten ganzheitlich denkenden
       Übungsleiter für den 1. FC Köln fahndete, wurde er erst im Ausland fündig.
       Er verpflichtete den Norweger Stale Solbakken, der in der kaum beachteten
       dänischen Liga mit dem FC Kopenhagen Erfolge feierte.
       
       Doch hierzulande sieht es mau aus. Neulinge von der
       Hennes-Weißweiler-Akademie, wo seit jeher die deutschen Trainer ausgebildet
       werden, drängten sich zuletzt nicht mehr auf. Ob der diesjährige Lehrgang
       daran etwas ändern wird, darf bezweifelt werden. Zumal die Neigung der
       Bundesligavereine, zur Not auf ehemalige Profis zurückzugreifen, immer noch
       stark ausgeprägt ist. Es ist schon ein gerüttelt Maß an Optimismus nötig,
       um von den derzeitigen Lehrlingen Mehmet Scholl, Stefan Effenberg und
       Christian Wörns einen Innovationsschub für das deutsche Trainerwesen zu
       erwarten.
       
       23 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kölns Sportdirektor Finke entlassen: "Wieder auf den Fußball konzentrieren"
       
       Volker Finke ist nicht länger Sportdirektor in Köln. Er scheiterte an
       zwischenmenschlichen Differenzen mit Trainer Stale Solbakken. Finke hatte
       die Rolle des Bad Guy.
       
 (DIR) Borussia Dortmund: Gesucht: Gier
       
       Katerstimmung beim Deutschen Meister: Der Verein sucht nach Gründen für den
       verkorksten Saisonstart. Das sollte schnell gehen, denn große Aufgaben
       stehen an.
       
 (DIR) Schalke-Trainer zurückgetreten: Rangnick braucht eine Pause
       
       Ralf Rangnick ist als Trainer des FC Schalke 04 zurückgetreten –
       Erschöpfungssyndrom, er brauche eine Pause. Ist das ein Zeichen einer neuen
       Offenheit im Fußball?