# taz.de -- Abstimmung über den Rettungsschirm: Die Teflon-Regierung
       
       > Nach einer heftigen Debatte erhält die Kanzlerin für den EFSF die
       > Mehrheit im Bundestag. Weder SPD noch Linke boten überzeugende
       > Alternativen an.
       
 (IMG) Bild: Überlebt sie einfach alles? Kanzlerin Merkel bei der Stimmabgabe im Bundestag.
       
       BERLIN taz | Am Donnerstag um kurz vor zehn fiel ein Sonnenstrahl durch die
       Reichstagskuppel genau auf das Rednerpult und den FDP-Fraktionsvorsitzenden
       Rainer Brüderle. Es war dies der einzig lichte Moment in Brüderles
       Auftritt, der pamphlethaft Rot-Grün angriff. Rot-Grün wolle "die
       Exportnation Deutschland" zerstören und den Fleiß der Arbeiter bestrafen,
       polterte der Liberale. Die SPD werde per Eurobonds die "deutsche
       Bevölkerung enteignen" und den "Zinssozialismus" einführen.
       
       Es war eine ungewohnt dröhnende Rede des sonst eher gemächlich wirkenden
       Pfälzers. Sie zeigte dramatisch, dass die schwarz-gelbe Regierung das
       Problem nicht sieht, dass die Euro-Krise auch etwas mit dem extremen
       deutschen Exportüberschuss zu tun hat. Der Fraktionschef der Linkspartei
       Gregor Gysi zeigt sich umgehend besorgt um Brüderles Gesundheit: "Wenn Sie
       weiter so leidenschaftlich sind, riskieren Sie einen Herzinfarkt."
       
       Es war eine heftige Debatte, mit einem für Schwarz-Gelb guten Ende. Die
       Regierung bekam für den erweiterten Eurorettungsschirm (EFSF) 315 Stimmen
       aus dem eigenen Lager, vier mehr als die absolute Mehrheit. "Wir bringen
       die Mehrheiten, die wir brauchen", sagte Unions-Fraktionschef Volker
       Kauder. Angela Merkel hatte während der Debatte demonstrativ locker mit den
       FDP-Chefs Philipp Rösler und Rainer Brüderle gesprochen. Schwarz-Gelb, so
       die Botschaft, überlebt alle voreiligen medialen Nachrufe.
       
       ## Steinbrück mit mehr Krisenkompetenz
       
       Bestritten wurde die Debatte vor allem von den Fraktionschefs Brüderle,
       Gysi, und Jürgen Trittin. Nur für die SPD trat nicht Frank-Walter
       Steinmeier an, sondern der Abgeordnete Peer Steinbrück, dem offenbar mehr
       Krisenkompetenz zugetraut wird. Steinbrück attestierte Merkel, den Wert
       Europas nicht gut genug erklärt zu haben. "Dieses Europa ist die Antwort
       auf 1945", doch Merkel habe die leuchtende Idee der EU technokratisch
       heruntergedimmt. Die Kanzlerin habe laviert, viel zu spät erkannt, dass
       Deutschland für den Euro zahlen muss, und "im Sauerland deutschtümelnde
       Volkslieder gesungen". Scharf wehrte sich Steinbrück gegen den Vorwurf, die
       SPD wolle eine Schuldenunion. Dies sei "unwahrhaftig". Die EU sei "längst
       auf dem Weg in eine Haftungsunion", weil die Europäische Zentralbank (EZB)
       massenhaft Staatsanleihen von Krisenländern kauft.
       
       Diese Kritik war treffend. Was bei Steinbrück verschattet blieb, war, wie
       die SPD die Eurokrise lösen will. Nach seinem Auftritt sah man den
       Exfinanzminister und möglichen Kanzlerkandidaten im Plenarsaal, leicht
       humpelnd unter der nicht geringen Last seiner eigenen Bedeutung.
       
       Gregor Gysi hielt Schwarz-Gelb Versäumnisse vor. Seit der Finanzkrise 2008
       sei die Finanztransaktionssteuer überfällig, die EU plane sie nun erst für
       2014. Für die oft beschworene europäische Ratingagentur gebe es noch nicht
       mal konkrete Ideen. Weniger überzeugend wirkte indes auch Gysis
       Alternative. Die Linkspartei fordert, die EZB in eine öffentlich-rechtliche
       Bank zu verwandeln, die direkt ohne Umweg über Privatbanken billige Kredite
       an Krisenstaaten vergibt. Das würde in der Tat Bankenprofite schmälern.
       Doch die Staatsschuldenkrise lässt sich nur mit noch mehr billigen Krediten
       für Pleitestaaten kaum lösen.
       
       ## Abweichler wurden gehört
       
       Entgegen der parlamentarischen Praxis kamen auch zwei schwarz-gelbe
       Abweichler zu Wort: Klaus-Peter Willsch (CDU) und Frank Schäffler (FDP).
       Dies hatte der eigenwillige Bundestagspräsident Norbert Lammert erlaubt.
       Damit zog er die Kritik von Union und Opposition auf sich. Dieses Rederecht
       gelte nur für fraktionslose Abgeordnete, so CDU-Mann Peter Altmaier. Gysi
       argumentierte ähnlich.
       
       Formal ist das richtig. Gleichwohl war die knappe Rede des Euro-Kritikers
       Schäffler erhellend. Er kritisierte mehrfachen Wortbruch. So sei das
       Versprechen, keine Schulden anderer Staaten zu übernehmen ebenso gebrochen
       worden wie die Ankündigung, beim letzten Rettungsschirm 2010, dass kein
       weiterer folge. Schäffler warnte vor einem europäische Zentralismus und der
       Entmachtung des Nationalstaates. "Wir sind auf dem Weg in die
       Knechtschaft", so Schäffler.
       
       Deutschland - ein Protektorat von Brüssel? Diese Rede zeigte, wie nah sich
       Kritik am Rettungsschirm und rüder nationaler Anti-EU-Populismus sein
       können.
       
       29 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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