# taz.de -- UN-Resolution zu Syrien gescheitert: "Lizenz um weiter zu töten"
       
       > Die Syrien-Resolution scheiterte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
       > am Veto Russlands und Chinas. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad
       > triumphiert, die Opposition ist entsetzt.
       
 (IMG) Bild: Russland und China legten ihr Veto gegen die Syrien-Resolution ein.
       
       NEW YORK/DAMASKUS afp/dpa | China und Russland haben im UN-Sicherheitsrat
       eine Verurteilung des gewaltsamen Vorgehens Syriens gegen Demonstranten
       verhindert. Die beiden Veto-Mächte stimmten am Dienstag in New York gegen
       einen bereits mehrfach abgeschwächten Resolutionsentwurf der Europäer. Die
       USA kritisierten das Verhalten Pekings und Moskaus. Nach der Abstimmung
       sorgte der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari für einen Eklat im
       UN-Sicherheitsrat. Dschaafari griff scharf die Länder an, die einen
       Resolutionsentwurf gegen die syrische Regierung eingebracht hatten - auch
       Deutschland. US-Botschafterin Susan Rice reizte er sogar so sehr, dass sie
       empört den Saal verließ.
       
       Nach heftigen Angriffen gegen Großbritannien und Frankreich sagte
       Dschaafari mit großem Spott und zusammengekniffenen Augen: "Und dann ist da
       Deutschland, der dritte Musketier". "Deutschland, dass die Juden in Europa
       verfolgte, spielt sich nun als ehrlicher Makler einer verlogenen und
       betrügenden Resolution auf."
       
       Auch die Vorwürfe gegen die USA hatte Dschaafari zuvor schon in
       Zusammenhang mit Israel gebracht. Jede Hilfe der USA für Israel, jede
       Entscheidung bei den Vereinten Nationen für Israel sei "Beihilfe zum
       Völkermord", sagte der Syrer. Die US-Delegation verließ daraufhin den Saal.
       
       Zuvor hatten neun der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats für den
       Resolutionsentwurf gestimmt; Südafrika, Indien, Brasilien und der Libanon
       enthielten sich. Der französische UN-Botschafter Gérard Araud bedauerte das
       am Veto der ständigen Mitglieder China und Russland gescheiterte Votum.
       Trotz "zahlreicher Zugeständnisse" habe kein Kompromiss erzielt werden
       können. Araud sprach von "einer Missachtung der legitimen Interessen, für
       die in Syrien gekämpft" werde und von einer "Absage an den arabischen
       Frühling".
       
       ## "Philosophie der Konfrontation"
       
       In dem von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal vorgelegten
       Resolutionsentwurf waren dem syrischen Präsidenten Baschar el Assad
       "gezielte Maßnahmen" angedroht worden, sollte er die seit Monaten
       anhaltende Gewalt gegen Demonstranten nicht einstellen. Beim Vorgehen der
       syrischen Sicherheitskräfte gegen Regierungsgegner wurden nach UN-Angaben
       seit März rund 2700 Menschen getötet.
       
       Der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin sagte, der Resolutionsentwurf
       der Europäer habe "auf einer Philosophie der Konfrontation" basiert. Die
       Drohung mit "gezielten Maßnahmen" sei "unannehmbar" gewesen. Sein
       chinesischer Kollege Li Baodong sagte, die internationale Gemeinschaft
       müsse die "Souveränität, die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität
       Syriens" respektieren. Er forderte ebenso wie Russland einen politischen
       Dialog zur Beilegung des Konflikts. In Peking erklärte ein Sprecher des
       Außenministeriums, eine UN-Resolution, die "blind Druck" ausübe, werde die
       Lage in Syrien nicht entspannen.
       
       Die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, sprach dagegen von einem
       "billigen Trick von denen, die lieber Waffen an das syrische Regime
       verkaufen als an der Seite des syrischen Volkes zu stehen". Die USA seien
       empört, dass sich der UN-Sicherheitsrat einer "dringenden moralischen
       Herausforderung und einer wachsenden Bedrohung des Friedens und der
       Sicherheit in der Region" widersetzt habe.
       
       Unterdessen kündigte Kanada neue Sanktionen gegen syrische Ölexporte und
       erweiterte Reiseverbote an. Auch sollten die Gelder von weiteren Personen
       und Unternehmen eingefroren werden, teilte Außenminister John Baird mit.
       
       ## "Fehler von historischem Ausmaß"
       
       Die syrische Opposition hat entsetzt auf das Scheitern der
       Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat reagiert. Dagegen triumphierte das
       Regime von Präsident Baschar al-Assad. Die staatlichen Medien zitierten am
       Mittwoch ausführlich aus den Reden der UN-Botschafter Russlands und Chinas,
       die mit ihrem Veto eine Verurteilung Syriens blockiert hatten.
       
       "Dies ist ein großer strategischer Fehler, ein politischer Fehler von
       historischem Ausmaß", sagte Basma Kadmani, die Sprecherin der
       Nationalrates, am Mittwoch in einem Telefoninterview mit der
       Nachrichtenagentur dpa. "Diese Botschaft der internationalen Gemeinschaft
       könnte dazu führen, dass das syrische Volk die Hoffnung verliert und dies
       macht uns sehr besorgt", fügte sie hinzu.
       
       Der Syrische Nationalrat war am vergangenen Wochenende in der Türkei
       gegründet worden. Die 140-köpfige Allianz von Oppositionellen und
       Protestgruppen hat sich den Sturz des Regimes von Präsident Baschar
       al-Assad zum Ziel gesetzt. Basma Kadmani lebt in Frankreich im Exil.
       
       Der in Dubai ansässige Direktor der Menschenrechtsorganisation in Syrien
       (Maf), Ibrahim Jussif, sagte: "Wenn in einem anderen Staat ein Vogel
       getötet wird, dann tun sie etwas und verurteilen die Regierung, in Syrien
       sind jetzt schon mehr als 4000 Menschen getötet worden und nichts
       passiert." Das Scheitern des Resolutionsentwurfes sei "eine Lizenz für das
       Regime, weiter zu töten". Ein Sprecher der Jugendprotestbewegung in
       Damaskus erklärte: "Russland hat mit seiner Unterstützung für Gaddafi
       Libyen verloren und das Gleiche wird sich für Russland jetzt in Libyen
       wiederholen."
       
       Die syrische Führung, die seit März mit militärischer Gewalt und Folter
       gegen die Protestbewegung vorgeht, fühlte sich dagegen durch die
       Entscheidung des Sicherheitsrates in ihrer Haltung bestätigt. Die
       staatlichen Medien zitierten aus den Reden der Botschafter Russlands und
       Chinas, während westliche Botschafter überhaupt nicht zu Wort kamen. Das
       Regime von Präsident Baschar al-Assad bezeichnet die Protestbewegung im
       offiziellen Diskurs als "terroristische Banden".
       
       5 Oct 2011
       
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