# taz.de -- Kommentar gescheiterte UN-Resolution: Durchsichtige Interessenpolitik
       
       > Russland und China berufen sich für ihr Veto gegen die Syrienresolution
       > auf das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.
       > Eigentlich geht es um Rohstoffe.
       
       Bei ihrem Veto gegen die Syrienresolution des UNO-Sicherheitsrats haben
       sich Russland wie China auf das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren
       Angelegenheiten souveräner Staaten gestützt. Dieses Prinzip steht in der
       UNO-Charta, es ist verbindliches Völkerrecht. Aber das Veto beider Mächte
       entspringt nicht dem Motiv, die Herrschaft des Rechts in den
       internationalen Beziehungen zu festigen. Es folgt einer durchsichtigen
       Interessenpolitik.
       
       Hier ist das Beispiel Chinas instruktiv. Ursprünglich galt der chinesischen
       Führung das Prinzip der Nichteinmischung als ein Schutzschild für schwache
       Staaten. Mit Chinas Öffnung zur Welt und zum Weltmarkt hat sich diese
       Orientierung radikal verändert. Das rasche ökonomische Wachstum zwang zum
       weltweiten Run auf Rohstoffquellen.
       
       Die Folge: Mögen die Vertragspartner Chinas auch noch so wütende Despoten
       sein, Hauptsache, sie garantierten stabile Lieferungen. Zwar verfügt Syrien
       über keine nennenswerten Ressourcen, aber der Fall des Assad-Regimes könnte
       Auswirkungen auf die Stabilität von Regimen in der Region haben, die für
       China als Rohstofflieferanten wichtig sind.
       
       Russland wie China setzen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf
       einen Begriff staatlicher Souveränität, der die Verpflichtung von Staaten,
       ihre Bevölkerung nicht selbst auszurotten, systematisch negiert. Die
       internationale Staatengemeinschaft hat in solchen Fällen eine
       "responsibility to protect" festgelegt, die vom Sicherheitsrat
       festzustellen ist. Mit dieser humanen Wende im Völkerrecht ist viel
       Schindluder getrieben worden. Aber die Grundidee, die Rechte des
       Individuums stärker zu schützen, kann nicht mit der Behauptung verneint
       werden, die Staatensouveränität gelte unumschränkt.
       
       5 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Semler
       
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