# taz.de -- Rugby-WM in Neuseeland: Not gegen Hässlichkeit
       
       > Im WM-Viertelfinale treffen schwächelnde Franzosen auf englische
       > Skandalnudeln. Wer das Spiel verliert, kann sich auf einen warmen Empfang
       > in der Heimat gefasst machen.
       
 (IMG) Bild: Schicker Bart: M. Lievremont, Coach der französischen Rugbymannschaft.
       
       AUCKLAND taz | Marc Lievremont, einstmals selber Spieler ist immer noch ein
       kräftig gebauter Athlet mit dem Auftreten eines Bullterriers. Konflikten
       ist der 43-jährige Trainer des französischen Rugbyteams in den vergangenen
       vier Jahren seiner Amtszeit selten aus dem Weg gegangen. Kritiker nannten
       ihn in der Vergangenheit deshalb oftmals "großmäulig". Am Montagabend
       allerdings schlich Lievremont mit eingezogenem Kopf durch das
       Vergnügungsviertel Viaduct Harbour in Auckland um möglichst unerkannt zu
       bleiben. Hier, wo sich vor allem die französischen Rugbyfans treffen,
       Baskenmützen und die Marseillaise regieren, konnte der Coach an diesem
       Abend wirklich nicht auf Erbauliches hoffen.
       
       Zwei Tage vorher waren die gallischen Hähne in einem denkwürdigen
       Rugbyspiel von der Minination Tonga gerupft worden. Ein paar Punkte nur
       haben gefehlt und Frankreich wäre in der Vorrunde ausgeschieden. Nun darf
       man sich hingegen als erstes WM-Team seit Fidschi 1987 betrachten, welches
       trotz zweier Niederlagen in der Gruppenphase das Viertelfinale erreicht. Am
       Samstag geht es dort nun gegen den Erzrivalen England.
       
       Die Situation ist pikant: das Team gilt als zerstritten, der Coach ist Ziel
       von rüden Attacken aus Umfeld und Presse. Die französischen Fans sehen das
       alles mit steigender Wut. Erinnerungen werden geweckt an das desaströse
       Auftreten der französischen Fußballnationalmannschaft vor einem Jahr in
       Südafrika, als Nicolas Anelka seinen Trainer schwer beleidigte, die
       Mannschaft in einen Trainingsstreik trat, und Thierry Henry später bei
       Präsident Nicolas Sarkozy im Elysee-Palast zum Rapport antanzen musste.
       
       Der einzige Streik, den der Trainer allerdings bisher zu verzeichnen hatte,
       war die vom Team ausgeschlagene Einladung zum kollektiven Biertrinken. Auch
       das kommentierte Lievremont mit deutlichen Worten: "Sie organisieren hier
       ihre Klubkarriere und pflegen lieber Kontakte zu befreundeten Journalisten.
       Eine Weltmeisterschaft ist ein einmaliges Erlebnis."
       
       ## "Küssend und grapschend" durch die Bars gezogen
       
       In all der gallischen Misere geht es am Samstag in Aucklands Rugby-Tempel
       Eden Park nun ausgerechnet gegen England. Die eliminierten die Franzosen
       bei den Weltmeisterschaften 1991, 2003 und 2007 gleich dreimal. Ein kleiner
       Trost mag da sein, dass auch das Rugby-Team der Mutternation von einem
       Skandal zum nächsten taumelt. Drei Nationalspieler mussten sich nach
       Ausfälligkeiten gegenüber einer Hotelangestellten entschuldigen. Zuvor war
       bereits Englands stellvertretender Kapitän Mike Tindall, der durch die Bars
       von Queenstown gezogen war. [1]["Küssend und grapschend", so die englische
       "Sun"], unangenehm aufgefallen.
       
       Nach der enttäuschenden Vorstellung der Engländer gegen die Schotten im
       letzten Gruppenspiel veröffentlichte der "New Zealand Herald", Neuseelands
       größte Tageszeitung einen einseitigen Kommentar des angesehenen englischen
       Rugby-Journalisten Jim White, der darin seinen Landsleuten ein frühes
       WM-Aus wünschte. Das Team hätte seine Würde verloren. Mit mehr Spielern und
       finanziellen Mitteln ausgestattet als jeder andere Rugby-Verband der Welt
       präsentiere England nun ein Team, dessen eigener Mutter es schwer fallen
       würde es zu lieben. Dazu, so White habe die Mannschaft um Superstar Jonny
       Wilkinson auch sportlich nichts zur Entwicklung des Rugby beigetragen. "Es
       ist kein Wunder, dass wir für unser destruktives Spiel von der Rugbywelt so
       leidenschaftlich gehasst werden."
       
       Not gegen Hässlichkeit, so könnte man das Viertelfinale Frankreich gegen
       England auch bezeichnen. Die Mannschaft, die den Kürzeren zieht, kann sich
       ob der ihnen momentan entgegenschlagenden "Liebe" aus der Heimat schon mal
       auf einen heißen Empfang der Fans Zuhause gefasst machen.
       
       7 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.thesun.co.uk/sol/homepage/news/3815013/Mike-Tindall-gropes-blonde.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Henkel
       
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