# taz.de -- Rugby-WM in Neuseeland: Die Traumatisierten schlagen zurück
       
       > Neuseeland demütigt bei der Rugby-Weltmeisterschaft Frankreich. Nun geht
       > das Team voller Selbstbewusstsein in die entscheidende Turnierphase.
       
 (IMG) Bild: Gelungener Versuch: Neuseelands Cory Jane freut sich über fünf Punkte gegen Frankreich.
       
       KARLSRUHE taz | Petra aus Neuseeland schaute sich das Spiel im Flynns Inn
       an. Auch viele Iren waren da, Engländer und natürlich Franzosen. Wer im
       Rugby-Entwicklungsland Deutschland verstehen will, wie groß die Bedeutung
       der derzeit laufenden Rugby-WM in Ländern wie Neuseeland, Frankreich,
       England, Australien oder Irland ist, der sollte früh morgens zu den
       TV-Übertragungen in ein Irish-Pub gehen.
       
       Am vergangenen Samstagmorgen schlichen die Franzosen desillusioniert aus
       dem Flynns Inn in Karlsruhe, während Petra nach dem 37:17 (19:3)-Sieg der
       Neuseeländer gegen Frankreich aufgeregt ihre Familie in der Heimat anrief.
       Die "All Blacks", wie die neuseeländische Nationalmannschaft genannt wird,
       dominierten die Franzosen nach Belieben und unterstrichen ihre
       Favoritenstellung bei diesem Turnier eindrucksvoll.
       
       Für die Männer in Schwarz war der Triumph mehr als nur ein Sieg in einem
       Vorrundenspiel, 1999 und 2007 bedeuteten Niederlagen gegen Frankreich das
       vorzeitige Aus für den ewigen WM-Favoriten. Die All Blacks gewannen nur
       einmal den Titel, 1987 bei der ersten WM im eigenen Land.
       
       Das Scheitern gegen Frankreich 2007 wirkte bei den 4,4 Millionen
       Neuseeländern wie ein Trauma. Jetzt muss der Titel her. Die Erwartungen und
       die Sehnsüchte der Neuseeländer drehen sich derzeit nur um dieses Ziel.
       
       ## Mehr als eine Revanche
       
       Der deutliche Erfolg gegen die Franzosen war deshalb nicht nur eine
       Revanche für die Demütigung vor vier Jahren. Die All Blacks zeigten der
       Konkurrent ihre Stärke. Die Wucht und die Eleganz ihrer Angriffe ließen die
       Franzosen ratlos zurück und die Beobachter staunend - Frankreich steht in
       der Weltrangliste immerhin auf Rang vier.
       
       Die Rugby-Welt wird von den großen Nationen der Südhalbkugel dominiert:
       Neuseeland, Australien und Südafrika. Nur einmal konnte eine europäische
       Mannschaft den WM-Titel gewinnen, England 2003. Ein Scheitern der
       Neuseeländer ist während dieses Volksfestes, bei dem sich die Nation auch
       über das verheerende Erdbeben vom Februar hinwegtrösten will, nicht
       eingeplant.
       
       Doch so wichtig der klare Erfolg über die Franzosen auch gewesen sein mag,
       eigentlich hat das Turnier noch gar nicht richtig begonnen. Diese Rugby-WM
       ist ein episches Ereignis, das sechs Wochen lang 1,2 Millionen Menschen in
       die Stadien treibt und Milliarden weltweit vor die TV-Geräte. Weil das
       Spiel so körperbetont ist, brauchen die Spieler lange Erholungsphasen
       zwischen den Begegnungen.
       
       20 Mannschaften kämpfen in vier Gruppen zu je fünf Mannschaften um den
       Einzug ins Viertelfinale, die zwei Gruppenersten kommen weiter. Chancenlose
       Außenseiter wie Russland, Namibia oder Japan übernehmen die Rolle von
       Nationen wie Saudi-Arabien bei Fußball-Titelkämpfen.
       
       ## Die Wege ins Finale
       
       Interessant ist vor allem, wer auf wen in den Viertelfinals trifft und wie
       der Weg der Teams ins Endspiel sein wird. Neben dem grandiosen Erfolg der
       Neuseeländer gegen die Franzosen stellte sportlich bisher einzig der Sieg
       der Iren gegen die mitfavorisierten Australier (15:6) einen Höhepunkt dar.
       
       Am kommenden Wochenende stehen die letzten Vorrundenspiele an, und
       interessant ist vor allem die Situation in der Gruppe B, die England vor
       Argentinien und Schottland anführt. Verteidigen die Engländer im letzten
       Spiel die Tabellenführung gegen Schottland, lockt womöglich ein Weg ins
       Finale, auf dem sie nicht auf Mannschaften von der Südhalbkugel treffen.
       
       Doch bei einer Niederlage droht bei einem entsprechenden Sieg der
       Argentinier gegen Georgien auch noch das Aus. Für negative Schlagzeilen
       haben die Engländer allerdings schon genug gesorgt.
       
       Nach dem Auftaktsieg gegen Argentinien vertrieben sich die Profis saufend
       in einem Pub die Zeit und Vizekapitän Mike Tindall mit einer sehr blonden
       Frau. Dabei hatte Tindall erst vor acht Wochen Zara Phillips geehelicht,
       eine bekannte Vielseitigkeitsreiterin und noch bekanntere Enkelin der
       Queen. Phillips traf Freitag in Neuseeland ein und Tindall versprach
       später: "Von jetzt an konzentrieren wir uns nur auf den Sport." Langsam
       wird es ernst bei dieser WM - nicht nur für die Neuseeländer.
       
       26 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schächter
       
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