# taz.de -- Kommentar Gewalt gegen Kopten in Ägypten: Mubarak ohne Mubarak
       
       > Die Militärregierung unterbindet Kritik mit derselben Brutalität wie
       > Mubarak. Auf das Militär gesetzt zu haben, ist einer hoher Preis, den die
       > Revolutionäre jetzt zahlen.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen den Militärrat auf dem Tahrir-Platz in Kairo Ende Oktober.
       
       Am Sonntag ist in Kairo der Traum vom Tahrir zerbrochen: dass ein Volk ein
       Regime, das jahrzehntelang geherrscht hat, in nur 18 Tagen stürzen kann.
       
       Mindestens 26 Menschen sind ums Leben gekommen. Die Demonstration war von
       jungen Kopten initiiert, aber an ihr nahmen Christen und Muslime teil. Sie
       richtete sich gegen das Militär, das seit Mubaraks Rücktritt mit
       zunehmender Härte herrscht.
       
       Es war ebendieses Militär, das auf die Protestierenden schoss, mit
       gepanzerten Fahrzeugen Jagd auf sie machte und bezahlte Schläger durch die
       Straßen schickte. Das zeitgleich zwei TV-Sender und eine Tageszeitung
       stürmte, um deren Berichterstattung zu unterbinden, während das
       Staatsfernsehen mit harschen Worten gegen die Kopten hetzte und die Bürger
       aufrief, auf die Straße zu gehen, um "ihre Armee" zu verteidigen. Das ist
       keine neue Taktik: Auch Mubaraks Geheimdienste hatten Kirchen gesprengt, um
       das harte Durchgreifen, die Verschiebung von Wahlen oder die Verhaftung von
       Kritikern zu rechtfertigen.
       
       Ägypten hat kein Problem mit religiösen Fanatikern, sondern mit einer
       Militärregierung, die Kritik mit derselben Brutalität unterbindet wie
       Mubarak - und dabei den Anschein aufrechterhalten will, das Land befinde
       sich auf dem Weg zu freien Wahlen und zur Demokratie. Doch während die
       großen muslimischen und liberalen Parteien um ihren Anteil an der Macht
       feilschen, ist auf der Straße nicht viel von der Aufbruchstimmung vom
       Tahrir geblieben.
       
       Seit September gilt das Notstandsgesetz wieder, die Presse wird scharf
       zensiert, der Inlandsgeheimdienst arbeitet wieder, willkürliche Verhaftung,
       Folter und Einschüchterung von Kritikern sind an der Tagesordnung. Im Mai
       wollte kaum jemand von einer Militärdiktatur sprechen; heute wagt es
       niemand mehr.
       
       Während sich die breite Masse der Bevölkerung frustriert oder verängstigt
       von allem zurückzieht, was mit Politik zu tun hat, kämpfen die
       Protestbewegung und die neu organisierten Arbeiter verzweifelt darum, sich
       ihre Revolution nicht aus der Hand nehmen zu lassen.
       
       Sie zahlen einen hohen Preis dafür, auf das Militär gesetzt zu haben, um
       das Land in die Demokratie zu führen. Auf jenes Militär, das sich nun als
       der mächtigste Teil des alten Regimes herausstellt und seine Macht mit
       allen Mitteln verteidigt. Es wird nicht in 18 Tagen zu besiegen sein.
       
       10 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juliane Schumacher
       
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