# taz.de -- Amnestie in Birma: 6.400 Gefangene auf freien Fuß gesetzt
       
       > Das international isolierte Regime sucht nach einer vorsichtigen
       > politischen Öffnung. Doch von den 2.000 politischen Gefangenen kommen nur
       > wenige frei.
       
 (IMG) Bild: Aung San Suu Kyi spricht am Mittwoch zu Angehörigen politischer Gefangener.
       
       BANGKOK taz | In Birma gibt es - zumindest äußerlich - weitere Anzeichen
       für eine vorsichtige politische Öffnung: Im Zuge einer von Präsident Thein
       Sein angeordneten Amnestie wurde am Mittwoch damit begonnen, bis zu 6.400
       Häftlinge auf freien Fuß zu setzen. Darunter waren nach Schätzungen von
       Menschenrechtlern auch mindestens 120 politische Gefangene, wie zum
       Beispiel der populärste Satiriker und Filmemacher des Landes, Zarganar.
       Doch die Anzahl der Freigekommenen gilt als enttäuschend gering: Denn
       Menschenrechtsgruppen und birmanische Exilorganisationen schätzten die Zahl
       der politischen Gefangenen auf mindestens 2.000.
       
       Über die mögliche Entlassung des bekannten buddhistischen Mönchs U Gambira,
       führender Kopf während der sogenannten Safran-Revolution von 2007, gab es
       zunächst widersprüchliche Berichte. Die in Thailand ansässige Vereinigung
       zur Unterstützung politischer Gefangener in Birma (AAPP) erklärte
       allerdings später gegenüber der taz, dass sich U Gambira nach Auskunft
       seiner Mutter weiterhin in Haft befinde. Auch andere prominente Dissidenten
       wie der ehemalige Studentenführer von 1988, Min Ko Naing, wurden bislang
       nicht auf freien Fuß gesetzt.
       
       Feierstimmung mochte daher bei manchen Freigelassenen nicht aufkommen: "Ich
       bin überhaupt nicht glücklich, weil keiner meiner vierzehn Mitgefangenen,
       die aus politischen Motiven hinter Gittern sitzen, mit mir befreit wurden",
       erklärte der Komiker, Autor und Filmemacher Zarganar, der im abgelegenen
       Myitkyina-Gefängnis im Kachin-Staat im äußersten Norden Birmas einsaß. "Ich
       werde erst froh sein und der Regierung danken, wenn meine Freunde frei
       sind."
       
       ## Seltenes Zugeständnis
       
       Der Regimekritiker Zarganar war zuletzt im Juni 2008 verhaftet und im
       November desselben Jahres wegen "Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung"
       zu insgesamt 59 Jahren Haft verurteilt worden. Später wurde die Strafe auf
       35 Jahre reduziert. Zarganar hatte mit etwa 400 Freiwilligen ein
       Hilfsnetzwerk für die Opfer des Zyklons "Nargis" aufgebaut. Er hatte sich
       geweigert, private Spenden zur Verteilung an die Junta zu übergeben.
       Außerdem hatte er gegenüber ausländischen Journalisten das Versagen der
       Militärs bei der Katastrophenhilfe angeprangert.
       
       Westliche Regierungen, birmanische Exilgruppen und internationale
       Menschenrechtsorganisationen verlangen seit Jahren die Freilassung
       sämtlicher politischer Häftlinge. Dies sei eine der wesentlichen
       Bedingungen für eine mögliche Aufhebung von Wirtschaftssanktionen gegen
       Birma. Ob es der neuen, seit März amtierenden Regierung, die vorrangig
       Exmilitärs in ihren Reihen hat, ernst ist mit politischer Liberalisierung,
       muss weiter abgewartet werden.
       
       Birmas Präsident Thein Sein jedenfalls tritt als Reformer auf und bemüht
       sich seit Monaten verstärkt darum, seinem abgeschotteten Land ein
       weltoffenes Image zu verpassen. So stoppte er - zumindest vorübergehend bis
       zum Ende seiner Amtszeit 2015 - den umstrittenen Bau des von China
       finanzierten Myitsone-Staudamms im Kachin-Staat.
       
       Damit machte Birmas politische Führung nach massivem öffentlichen
       Widerstand gegen das Projekt ein allzu seltenes Zugeständnis ans eigene
       Volk, welches der früheren Militärjunta nie in den Sinn gekommen wäre:
       "Eine Regierung kann nicht an seinem Volk vorbeiregieren", erklärte Thein
       Sein, selbst ein Exgeneral, vor dem Parlament. Damit trat der Präsident
       nicht nur Hardlinern in den eigenen Regierungsreihen auf die Füße, sondern
       auch dem mächtigen Nachbarn China, der als treuester Verbündeter des
       früheren Militärregimes galt. Für Beobachter ist die Entscheidung Thein
       Seins ein mögliches Indiz dafür, sich von China zu distanzieren und
       verstärkt dem Westen zu öffnen.
       
       12 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
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