# taz.de -- Kommentar Ausweisung von Ausländern: Einmal Strafe ist genug
       
       > Es ist ein Ausdruck deutscher Drohkultur, Ausländer nach der
       > Haftentlassung automatsich abzuschieben. Gegenmaßnahmen wie
       > Einzefallprüfungen reichen nicht aus.
       
       Ausländer, die in Deutschland geboren wurden und aufgewachsen sind, kann
       man eigentlich nicht als Ausländer bezeichnen. Sie sind Teil der hiesigen
       Bevölkerung, haben nur zufällig keinen deutschen Pass.
       
       Ein biografisches Detail rechtfertigt nicht, dass solche De-facto-Inländer
       nach schweren Straftaten nicht nur ins Gefängnis müssen, sondern
       anschließend auch aus ihrem Heimatland verwiesen werden.
       
       Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jetzt zwar entschieden,
       dass es keine rechtliche Pflicht für einen absoluten Ausweisungsschutz
       gibt. Deutschland verstößt also nicht gegen die Europäische
       Menschenrechtskonvention, wenn es hier geborene, straffällig gewordene
       Ausländer ausweist.
       
       Das ändert aber nichts an der politischen Forderung, alle hier
       aufgewachsenen Menschen gleich zu behandeln. Eine Sonderstrafrecht für
       Ausländer, die nach der Haftentlassung in ein für sie fremdes Land verbannt
       werden, ist Ausdruck der deutschen Drohkultur gegen Ausländer, die deren
       Integration schon seit Jahren behindert.
       
       Für die größte Zahl der hier lebenden Ausländer - EU-Bürger und Türken -
       ist der Automatismus zwar abgemildert. Sie werden nach einer dreijährigen
       Haftstrafe nur dann ausgewiesen, wenn sie auch für die Zukunft als Gefahr
       für die Bevölkerung eingestuft werden.
       
       Wer geläutert ist, kann bleiben. Das ist ein Schritt in die richtige
       Richtung, aber leider keine Erkenntnis der deutschen Politik, sondern ein
       Folge von EU-Recht.
       
       Für alle anderen hier aufgewachsenen "Ausländer" haben die Gerichte im
       Interesse der Menschenrechte bisher nur eine Einzelfallprüfung zugebilligt.
       Auch dieses Durchbrechen des bisherigen starren Automatismus ist erfreulich
       - aber zu wenig.
       
       13 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs: Türken sind Ausländer zweiter Klasse
       
       Der EuGH hat bei Ausweisungen die Gleichstellung von Türken und EU-Bürgern
       aufgegeben. Damit verändert sich die Rechtsprechung nach vielen Jahren.
       
 (DIR) Abschiebung von hier geborenem Tunesier: Täter war nicht genug verwurzelt
       
       Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden. Er erlaubt
       die Ausweisung eines in Deutschland geborenen, aber straffälligen
       Tunesiers.