# taz.de -- Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs: Türken sind Ausländer zweiter Klasse
       
       > Der EuGH hat bei Ausweisungen die Gleichstellung von Türken und
       > EU-Bürgern aufgegeben. Damit verändert sich die Rechtsprechung nach
       > vielen Jahren.
       
 (IMG) Bild: Doch ein reines Wirtschaftsabkommen? Türkische Arbeiter 1964.
       
       FREIBURG taz | Türken haben nicht mehr den gleichen Schutz vor Ausweisung
       wie EU-Bürger. Das entschied an diesem Donnerstag der Europäische
       Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
       
       Konkret ging es um den Fall des 37-jährigen Nural Z. aus Baden-Württemberg.
       Der türkische Staatsbürger war in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er
       verließ die Schule ohne Abschluss, wurde drogensüchtig und beging
       zahlreiche Straftaten. 2007 ordnete das Regierungspräsidium Stuttgart seine
       Ausweisung an.
       
       Z. klagte gegen die Ausweisung, inzwischen hat er auch geheiratet, ein Kind
       gezeugt, die Drogensucht überwunden und eine Arbeit aufgenommen.
       
       Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) legte seinen Fall dem EuGH vor,
       um zu klären, welcher Maßstab derzeit für die Ausweisung türkischer
       Arbeitnehmer gilt. Früher hatte der EuGH den Ausweisungsschutz von Türken
       dem von EU-Bürgern gleichgestellt und sich dazu auf das
       Assoziationsabkommen EU-Türkei von 1963 gestützt.
       
       ## Türken wie Drittstaatler behandeln
       
       Diese Gleichstellung gab der EuGH jetzt auf. Das Assoziationsabkommen
       verfolge "rein wirtschaftliche Ziele", während sich der 2004 verbesserte
       Ausweisungsschutz für EU-Bürger auf die Unionsbürgerschaft stütze, die den
       "grundlegenden Status" von EU-Bürgern regele.
       
       Der Ausweisungsschutz des Deutsch-Türken Z. richtet sich deshalb nur nach
       den Regeln für Drittstaatenangehörige, die länger als zehn Jahre in
       Deutschland leben. Ein hier verwurzelter Türke ist dann so zu behandeln wie
       zum Beispiel ein hier verwurzelter Nigerianer. Danach kann Z. ausgewiesen
       werden, wenn eine konkrete und hohe Wiederholungsgefahr schwerer Straftaten
       besteht. Als EU-Bürger könnte er nur "aus zwingenden Gründen der
       öffentlichen Sicherheit" ausgewiesen werden.
       
       Trotz der für ihn enttäuschenden EuGH-Entscheidung könnte es am Ende ein
       Happy End für Z. geben. Bei der Gefährlichkeitsprognose kommt es nämlich
       auf den Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung an. Das heißt, Z.'s
       positive Entwicklung der letzten Jahre wird voll berücksichtigt. Und wenn
       Z. nun nicht mehr als potenzieller Rückfalltäter gilt, dann wird er auch
       nicht ausgewiesen. (Az.: C-371/08)
       
       8 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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