# taz.de -- Richterstreit am Bundesgerichtshof: Per Eilbeschluss vorgedrängelt
       
       > Richter Thomas Fischer will den Vorsitz des 2. Strafsenats am
       > Bundesgerichtshof. Ein anderer Jurist sollte ihm vorgezogen werden.
       > Fischer klagte - und bekam Recht.
       
 (IMG) Bild: BGH-Präsident Tolksdorf: Hat er fair über Thomas Fischer geurteilt?
       
       KARLSRUHE taz | In Karlsruhe wird mit harten Bandagen gekämpft. Per
       Eilbeschluss stoppte das Verwaltungsgericht Karlsruhe jetzt die Ernennung
       des Richters Rolf Raum zum Vorsitzenden des 2. Strafsenats am
       Bundesgerichtshof (BGH). Geklagt hatte sein Konkurrent Thomas Fischer, der
       selbst Vorsitzender werden will.
       
       Thomas Fischer ist ein Star am BGH. Er schreibt den wichtigsten Kommentar
       zum Strafgesetzbuch, hält wortgewaltige Vorträge und gilt als einer der
       besten Strafjuristen in Karlsruhe.
       
       Zur schillernden Persönlichkeit des großen und massigen Richters trägt sein
       anfangs recht unsteter Lebensweg bei. Auf dem Gymnasium war er aufsässig,
       blieb zweimal sitzen, verließ die Schule, wollte Musiker werden und
       arbeitete als Kraftfahrer. Mit 22 machte er doch noch das Abitur, studierte
       zunächst Germanistik und arbeitete nebenbei als Paketzusteller. Erst mit 25
       begann er das Jurastudium und eine steile Karriere, die ihn mit 47 Jahren
       zum Bundesgerichtshof führte.
       
       Jetzt ist Fischer 58 und hatte fest damit gerechnet, Vorsitzender des
       zweiten der fünf BGH-Strafsenate zu werden. Derzeit ist er dort schon
       Stellvertreter, und seine dienstlichen Beurteilungen waren tadellos.
       Regelmäßig erhielt er die Bestnote "besonders gut geeignet".
       
       Doch im Dezember 2010 kam der Schock. Kurz vor der Entscheidung über den
       Senatsvorsitz stufte ihn BGH-Präsident Klaus Tolksdorf in einer neuen
       Beurteilung um eine ganze Notenstufe zurück. Die Begründung: In den letzten
       zwei Jahren hatten zwei Richter und eine Richterin den 2. Strafsenat
       verlassen, weil sie nicht mehr mit Fischer zusammenarbeiten wollten. Dies
       wecke Zweifel an seiner Eignung als Senatsvorsitzender.
       
       ## Die Lager sortieren sich
       
       In der Folge erklärte Bundesjustizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), sie werde nicht Fischer, sondern Rolf
       Raum zum Vorsitzenden ernennen. Raum ist derzeit stellvertretender
       Vorsitzender des 5. Strafsenats in Leipzig. Thomas Fischer aber ließ sich
       das nicht gefallen. Er klagte gegen die Beurteilung und verlangte
       Eilrechtsschutz gegen die drohende Ernennung des Konkurrenten.
       
       Seither sortieren sich die Lager. Die einen glauben, hier werde ein
       herausragender und unbequemer Richter fertig gemacht, der sich auch mal mit
       der Politik anlege, etwa bei der Ablehnung von Deals im Strafverfahren. Die
       anderen halten Fischer für zu dominant und selbstgerecht. Sie können
       Tolksdorfs Notbremse verstehen.
       
       Das Verwaltungsgericht Karlsruhe erklärte jetzt, Tolksdorfs jüngste
       Beurteilung sei mangelhaft begründet. Es sei "nicht plausibel" erklärt
       worden, warum Fischer (und nicht die ausgeschiedenen Richter) an den
       Zerwürfnissen im 2. Strafsenat schuld sei.
       
       Die Bundesregierung kann gegen den Karlsruher Beschluss noch Rechtsmittel
       einlegen. Wenn Fischer das Eilverfahren gewinnt, muss Tolksdorf eine neue
       Beurteilung schreiben - und Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger eine neue Auswahl treffen.
       
       26 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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 (DIR) Bundesgerichtshof
       
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