# taz.de -- Kommentar Eizellspende: Keine guten Gründe für ein Verbot
       
       > Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte überlässt den Staaten die
       > Entscheidung über Eizellspenden. Die Entscheidung hat vor allem mit
       > politischem Kalkül zu tun.
       
       Was für eine Überraschung. Alle hatten schon damit gerechnet, dass das
       Verbot der Eizellspende endgültig kippt. Doch nun machte der Europäische
       Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen Rückzieher und überlässt den
       Staaten die Entscheidung. Die Diskussion ist damit aber nicht zu Ende. Im
       Gegenteil, sie sollte jetzt beginnen.
       
       Das Urteil betrifft Paare, die keine Kinder bekommen können, weil die Frau
       keine Eizellen bilden kann. In Österreich und Deutschland ist es derzeit
       verboten, bei der künstlichen Befruchtung auf Eizellen einer anderen Frau
       zurückzugreifen. Die Große Kammer des EGMR hat das nun akzeptiert und den
       Staaten in dieser Frage einen Beurteilungsspielraum zugestanden. Die erste
       Instanz in Straßburg hatte das Verbot der Eizellspende Anfang 2010 noch
       beanstandet.
       
       Die neue Straßburger Zurückhaltung hat aber wenig mit der
       Reproduktionsmedizin zu tun. Sie ist eher der Versuch, den europäischen
       Staaten die Angst vor übereifrigen Richtern zu nehmen. In Russland und
       England gibt es schon ernsthafte Bestrebungen, sich der Rechtsprechung des
       Gerichtshofs zu entziehen. Da konzentrieren sich die EMGR-Richter lieber
       auf die Beanstandung schwerer Menschenrechtsverletzungen - und überlassen
       gesellschaftspolitische Entscheidungen wieder der Politik.
       
       Nun kann und sollte der Bundestag das paternalistische Eizellspenden-Verbot
       aufheben. In der Praxis bringt es ohnehin nicht viel, weil Deutsche dann
       eben zur Behandlung ins Ausland reisen, meist nach Tschechien oder Spanien.
       Dieses pragmatische Argument genügt zwar nicht als Begründung für einen
       Politikwechsel. Aber es sollte zu denken geben, dass fast ganz Europa gut
       mit einer gespaltenen Mutterschaft zurechtkommt. Wenn es keine guten Gründe
       für ein Verbot gibt, ist es aufzuheben.
       
       3 Nov 2011
       
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 (DIR) Christian Rath
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