# taz.de -- Volksbegehren gegen Autobahnbau?: Letzte Ausfahrt von der A 100
       
       > Initiativen erwägen Volksbegehren gegen die von Rot-Schwarz geplante
       > Verlängerung der Stadtautobahn. Zeit drängt. Unklar ist, ob das Ergebnis
       > bindend wäre
       
 (IMG) Bild: Wegweisend? Bestehender Teil deer Berliner Stadtautobahn
       
       Gegner der geplanten Verlängerung der Stadtautobahn A 100 denken über ein
       Volksbegehren gegen den Bau nach. "Ein Volksbegehren wäre die letzte
       Option", sagt Tilman Heuser, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und
       Naturschutz Deutschland (BUND) Berlin. Man wolle aber zunächst die
       Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die anhängigen Klagen
       abwarten.
       
       Politisch gesehen ist der Weiterbau beschlossene Sache: Die künftige
       Koalition aus SPD und CDU ist dafür, die Union hat sogar ein Bekenntnis zum
       17. Bauabschnitt bis zur Frankfurter Allee im Koalitionsvertrag
       durchgesetzt. Aktuell geplant ist lediglich der 16. Bauabschnitt vom
       Autobahndreieck Neukölln bis zum Treptower Park.
       
       "Wenn man einen Volksentscheid mit der Bundestagswahl 2013 zusammenlegen
       will, dann müsste man Mitte nächsten Jahres die Unterschriften der ersten
       Stufe des Volksbegehrens abgeben", sagt Michael Efler vom Verein Mehr
       Demokratie. Dieser Zeitplan würde aber eng, wenn die Initiatoren erst das
       Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abwarten wollen. Die Entscheidung wird
       für das erste Halbjahr 2012 erwartet. Die Sammelfrist für die erste Stufe
       eines Volksbegehrens beträgt sechs Monate.
       
       Die Initiativen sehen aber noch ein anderes Problem. "Bei
       Infrastrukturprojekten ist es immer schwierig, das Quorum zu erreichen",
       sagt Heuser. Denn selbst wenn genügend Wahlberechtigte unterschreiben, gilt
       beim abschließenden Volksentscheid ein Zustimmungsquorum. Mindestens 25
       Prozent der Wahlberechtigten und gleichzeitig die Mehrheit der Wähler
       müssen dem Gesetzesentwurf der Initiative zustimmen.
       
       Das hält auch Harald Moritz, der seit 20 Jahren in der Bürgerinitiative
       Stadtring Süd gegen die Verlängerung der A 100 kämpft und jetzt für die
       Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt, für problematisch. "Bei der Autobahn hat
       man zwar ein allgemeines Gefühl, ob die gut ist oder schlecht", sagt
       Moritz. Aber der Kreis der Betroffenen sei deutlich kleiner als etwa beim
       im Februar gewonnenen Volksentscheid über die Veröffentlichung der
       Wasserverträge. Dort habe die Mobilisierung vor allem über den Wasserpreis
       funktioniert, den jeder zahlen muss - eine solche Betroffenheit gebe es bei
       der Autobahn nicht. "Im Bereich der A 100 interessiert das die Leute sehr,
       da wäre die Wahlbeteiligung sicher hoch", sagt BUND-Geschäftsführer Heuser.
       In den Außenbezirken würde das aber vermutlich anders aussehen.
       
       Selbst nach einem gewonnenen Volksentscheid bliebe zudem die Rechtslage
       unklar. Denn die A 100 ist eine Bundesautobahn. Mit Ausnahme des
       Planungsprozesses wird sie aus Bundesmitteln finanziert. Ein per
       Volksentscheid verabschiedetes Gesetz würde sich nur auf die Landesebene
       beziehen.
       
       Trotzdem könnte er Signalwirkung haben. Denn dass der Bund gegen den Willen
       Berlins baut, glaubt niemand. "Ich glaube nicht, dass das
       Bundesverkehrsministerium sagt, ihr müsst bauen", sagt Moritz. "Es gibt in
       vielen anderen Bundesländern Begehrlichkeiten, dann gehen die Mittel halt
       dorthin", sagt Efler. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte
       in der Vergangenheit betont, dass ihr kein Fall bekannt sei, in dem ein
       Bundesland zum Bau gezwungen worden sei.
       
       Efler kann sich noch einen anderen Weg vorstellen: Das Volksbegehren könnte
       sich nur auf einen Teilaspekt beziehen, der aber entscheidend für den Bau
       ist. "Die Baden-Württemberger stimmen auch über Stuttgart 21 ab, obwohl die
       Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt", erklärt Efler. Die Abstimmung dort
       bezieht sich auf den Teil der Landesmittel an der Finanzierung.
       
       "Wenn wir uns dazu entschließen sollten, muss der Prozess angestoßen
       werden, bevor die Ausschreibungen starten", sagt Moritz. Gibt es erst
       Verträge, könne ein Ausstieg wegen eventueller Schadensersatzforderungen
       für das Land teuer werden.
       
       14 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Privatisierung
 (DIR) Berliner Senat
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Privatisierung von Autobahnen: Trassen als Tauschmasse
       
       Finanzausgleich ist langweilig? Ach was, da wird gepokert, bis die
       Voraussetzungen für die Privatisierung der Autobahnen endlich geschaffen
       sind.
       
 (DIR) Verlängerung der A 100 in Berlin: Auf die Überholspur gedrängelt
       
       Während Umweltverbände noch hoffen, dass der Bauabschnitt durch
       Friedrichshain nie zustande kommt, hat das Verkehrsministerium mit einem
       Trick Fakten geschaffen.
       
 (DIR) Spatenstich bei der A 100: Jetzt kommen die Bagger
       
       Nach Jahren der Debatte ist der Spatenstich für die Verlängerung der
       Autobahn A 100 erfolgt. Aber es gibt weiter Kritik am „Milliardengrab“.
       
 (DIR) Verhandlung über Stadtautobahn: A 100 mit Umweg über Leipzig
       
       Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt ab heute die Klagen gegen die
       Verlängerung der A 100. Gegner wie Fans des Projektes geben sich
       optimistisch.
       
 (DIR) Kommentar Volksentscheid zur A 100: Es gibt kaum ein besseres Thema
       
       Ein Volksbegehren gegen die A100 ist nicht ohne Risiko für die
       Autobahngegner. Aber es gibt nichts mehr zu verlieren.