# taz.de -- Ägypten vor der Wahl: Drei Tote bei neuer Gewaltwelle
       
       > In Kairo versucht die Polizei den Tahrir-Platz zu räumen. Am Samstag war
       > es dort bei Protesten gegen das Militär zu heftigen Krawallen gekommen.
       > Dabei soll es 750 Verletzte gegeben haben.
       
 (IMG) Bild: Jugendlicher Demonstrant im Tränengas-Nebel auf dem Tahrir-Platz am Samstag.
       
       KAIRO dpa | Gut eine Woche vor dem Beginn der Parlamentswahlen eskalieren
       in Ägypten die Proteste gegen den regierenden Militärrat. Es kam zu den
       heftigsten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften
       seit dem Sturz von Machthaber Husni Mubarak. Nach Berichten gab es Tote.
       Die Regierung will sich am Sonntag mit den Ereignissen in einer
       Krisensitzung beschäftigen.
       
       Am frühen Sonntagmorgen schossen Heckenschützen in eine Menge, die vor dem
       Gebäude des Sicherheitsdienstes in der Hafenstadt Alexandria demonstrierte.
       Augenzeugen berichteten der Zeitung Al Ahram, dass zwei Menschen ums Leben
       gekommen seien. Nach Angaben aus dem Gesundheitsministerium wurde ein
       Mensch erschossen.
       
       In Kairo versuchten Sicherheitskräfte am frühen Sonntagmorgen tausende
       Demonstranten vom Tahrir-Platz zu vertreiben. Dort kam am Samstag bei
       schweren Ausschreitungen ein Mensch ums Leben. Nach Angaben des
       Gesundheitsministeriums wurden 750 Menschen verletzt, unter ihnen
       mindestens 40 Angehörige der Sicherheitskräfte. Die Polizei setzte
       Gummigeschosse und Tränengas gegen Demonstranten ein. Das Innenministerium
       bestritt, dass Gummigeschosse oder scharfe Munition benutzt worden seien.
       Die Demonstranten skandierten Parolen gegen das Innenministerium und das
       Militär. Noch am Freitag hatten Zehntausende Menschen friedlich gegen den
       Militärrat demonstriert.
       
       Einige Dutzend Demonstranten hatten nach der von Islamisten dominierten
       Großkundgebung am Freitag Zelte auf dem zentralen Platz aufgebaut. Mit der
       auf unbefristete Zeit angelegten Aktion protestierten sie gegen die
       vorgeschlagenen Verfassungsleitlinien der Übergangsregierung. Diese sollen
       unter anderem die Macht des Militärs absichern.
       
       Am Samstag räumte die Polizei aber den Sitzstreik, woraufhin immer mehr
       Aktivisten versuchten, den Platz zurückzuerobern. Nach Angaben von
       Augenzeugen bewarfen sie Polizisten mit Steinen. Nach Berichten des
       Staatsfernsehens wurde auch ein Polizeiwagen angezündet. Nach Angaben des
       Innenministeriums gab es 20 Festnahmen.
       
       Noch am Abend strömten immer mehr Menschen ins Stadtzentrum und errichteten
       um den Tahrir-Platz herum provisorische Straßensperren. Es kam dabei immer
       wieder zu Scharmützeln mit der Polizei.
       
       ## Wahl in drei Phasen
       
       ## 
       
       Am Freitag waren Zehntausende Menschen Aufrufen der Muslimbruderschaft und
       der radikalen Salafistenbewegung gefolgt und in Kairo und Alexandria auf
       die Straße gegangen. Auch Angehörige linker und liberaler Gruppen schlossen
       sich dem Protest zehn Tage vor den Parlamentswahlen an. Sie forderten den
       Militärrat auf, bis spätestens im kommenden Mai die Macht an Zivilisten zu
       übergeben.
       
       In Ägypten wird vom 28. November an in drei Phasen ein neues Parlament
       gewählt. Anschließend soll das Land eine neue Verfassung bekommen. Die
       Islamisten, die sich bei dem Urnengang gute Chancen ausrechnen, wollen bei
       diesem Prozess keine Beschränkungen akzeptieren. Der Militärrat hat nach
       dem Sturz von Husni Mubarak im Februar die Macht übernommen.
       
       20 Nov 2011
       
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