# taz.de -- Alternatives Superkomitee in den USA: Sie schaffen das Billionending
       
       > Die Occupy-Aktivisten legen ihre Empfehlung zur Haushaltskürzung vor.
       > Militärausgaben sollen um 80 Prozent gekappt, die Steuern für Reiche
       > kräftig angehoben werden.
       
 (IMG) Bild: Fast schon sozialdemokratisch: Im Occupy-Haushaltsentwurf wird eine "Eigentümerschaft aller Bürger" gefordert.
       
       WASHINGTON taz | Das Mantra, mit dem die Tea Party seit beinahe zwei Jahren
       die öffentliche Meinung in den USA bearbeitet, lautet "America is broke".
       Und die Lösung, die sie anbietet, lautet: das radikale Schrumpfen der
       Regierung und sämtlicher Behörden plus Austeritätsprogramme in der Sozial-,
       Umwelt- und Gesundheitspolitik.
       
       Linke WissenschaftlerInnen und AkteurInnen aus der Occupy-Bewegung halten
       dagegen: "Dieses Land ist keineswegs pleite." Wenige Tage vor dem Scheitern
       des "Super Committee" hat eine Arbeitsgruppe in Washington einen
       alternativen Haushaltsvorschlag vorgelegt, um sowohl das Defizit als auch
       das Einkommensgefälle zu reduzieren und zugleich Millionen Arbeitsplätze zu
       schaffen. "Wir können die Wirtschaft ankurbeln und zugleich den 99 Prozent
       helfen", erklärt Kevin Zeese, ein Sprecher der Gruppe.
       
       Die Vorschläge der "Occupy Washington DC" sind kein Bruch mit der
       Marktwirtschaft, sondern radikale Reformen. Sie setzen sich zusammen aus
       Steuerpolitik, Einschnitten bei Militärausgaben,
       Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, dem Ausbau von Sozialversicherung und einer
       Verbesserung des Gesundheitssystems. Zur "Demokratisierung der Wirtschaft"
       schlägt die Gruppe eine Verstärkung der kooperativen Strukturen vor, die
       sie "Eigentümerschaft für alle Bürger" nennen.
       
       ## Nach 2 Jahren, 1,2 Billionen
       
       Der Grenzsteuersatz für die Reichsten sei seit 1952 kontinuierlich
       geschrumpft und die Steuer auf Vermögensanlagen seit 1991 ebenfalls,
       rechnet die Gruppe vor. Zuletzt hätten die Steuersenkungen unter der
       Bush-Regierung die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben
       verstärkt. Allein die Beendigung der gegenwärtig auf 2012 befristeten
       Bush-Steuersenkungen würde dem Staat 500 Milliarden Dollar zusätzliche
       Einnahmen pro Jahr bringen. Ein halbes Prozent Steuern auf
       Wall-Street-Spekulationen - mit Bonds, Aktien und Derivaten - würde 800
       zusätzliche Milliarden Dollar ergeben. Wenn die 400 reichsten Personen der
       USA so viel Einkommensteuern zahlen würden wie im Jahr 1955, kämen noch
       einmal 50 Milliarden Dollar dazu. Weitere Steuervorschläge zielen auf
       Unternehmensgewinne ab, die am Fiskus vorbeigehen.
       
       Die Gruppe will ins Ausland transferierte Profite besteuern,
       Steuerschlupflöcher im Inland schließen und die steuerliche Subventionen an
       Banken und profitable Konzerne - wovon besonders die Ölbranche profitiert -
       beenden. Schon nach zwei Jahren hätte die Gruppe mit ihrer Steuerpolitik
       die 1,2 Billionen zusätzlichen Dollar erreicht, die das nicht erreichte
       Ziel für das "Super Committee" waren.
       
       ## Militärhaushalt um 80 Prozent kürzen
       
       Die Ausgaben für Militär und Sicherheit beziffert die Occupy-Gruppe auf 1
       Billion Dollar jährlich. Durch die sofortige Beendung der Kriege und die
       Schließung einiger ausländischer Militärbasen sollen sie gesenkt werden.
       "Wenn die USA ihre Militärausgaben um 80 Prozent kürzen", so die Gruppe,
       "liegen sie immer noch weit vor den Militärausgaben jedes anderen Landes
       der Welt." Durch Infrastrukturmaßnahmen sollen 15 Millionen neue
       Arbeitsplätze entstehen. Die Investitionen könnten unter anderem aus dem
       bisherigen Militärhaushalt kommen.
       
       Zentral im Alternativprogramm der Occupy-Gruppe ist die Kontrolle der
       Gesundheitsausgaben. Pro Kopf liegen sie in den USA weltweit am höchsten -
       obschon ein Drittel der Bevölkerung kaum Zugang zu medizinischer Versorgung
       habe. Statt Streichungen von Krankenversicherungen will die Occupy-Gruppe
       eine staatliche Krankenversicherung für alle und eine Kontrolle über die
       explodierenden Kosten im Gesundheitsbereich.
       
       22 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Occupy-Bewegung
 (DIR) Schwerpunkt Occupy-Bewegung
 (DIR) Schwerpunkt Occupy-Bewegung
 (DIR) Schwerpunkt Occupy-Bewegung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ein Jahr danach in Kanada: „Occupy ist nicht tot“
       
       Mit seinem Magazin „Adbusters“ schob Kalle Lasn die Proteste einst an. Er
       und seine Mitstreiter riefen zur Wall Street-Besetzung auf. Er glaubt noch
       an einen Erfolg.
       
 (DIR) "American Dream Movement" in Washington: Sie wollen das Kapitol zurück
       
       Mehr als 3.000 Menschen sind nach Washington gereist, um ihre Forderungen
       zur Sozialpolitik vorzutragen. Sie verstehen sich als Ergänzung zur
       Occupy-Bewegung.
       
 (DIR) Occupy-Besetzer in Philadelphia und L.A.: Polizei räumt ab
       
       Mehr als 250 Menschen werden bei der Räumung von Occupy-Camps festgenommen.
       Die US-Behörden bemühen sich, allzu abschreckende Bilder zu vermeiden.
       
 (DIR) Haushaltsstreit in den USA: Super-Komitee super gescheitert
       
       1,2 Billionen Dollar in zehn Jahren müssen die USA sparen. Doch ein
       überparteiliches Komitee fand keine Lösung im Schuldenstreit. Nun drohen
       automatische Kürzungen.
       
 (DIR) Kommentar Occupy-Bewegung: Lernen von der Tea Party
       
       Die Occupy-Bewegung wird sich neue Aktionsformen suchen müssen – der Winter
       kommt und die Polizei ist schon da. Aber schon jetzt hat sie viel erreicht.
       
 (DIR) Occupy-Proteste in den USA: Polizei blockiert Blockade
       
       Mit Sitzblockaden in mehreren US-Städten hat die Occupy-Bewegung am
       Donnerstag demonstriert. Mehrere hundert Demonstranten wurden festgenommen.
       
 (DIR) Kommentar Räumung der Protest-Camps: Occupy geht weiter
       
       Die Occupy-Bewegung hat mit ihren Fragen längst überfällige Dogmen
       hinweggefegt. Die Besetzer gehören nicht vor Gericht gestellt, ihnen
       gebührt Dank und Lob.
       
 (DIR) Vor Jubiläum der Occupy-Bewegung: US-Polizei räumt besetzte Plätze
       
       Erst gab's Flugblätter, dann kam die Polizei: Die US-Behörden haben von der
       Occupy-Bewegung besetze Plätze geräumt. Die plant nun eine
       "friedlich-direkte Aktion".