# taz.de -- Forderung linker Ökonomen: Europa braucht einen Kurswechsel
       
       > Linke Wirtschaftswissenschaftler kritisieren den Haushaltspakt der
       > Euroländer und warnen vor einer neuen Spaltung. Eine "neue und
       > gefährliche Phase" sei erreicht.
       
 (IMG) Bild: "Staatsdefizite sind nicht Ursache, sondern Ergebnis der Krise", meinen Ökonomen.
       
       HAMBURG taz | Europa braucht einen Kurswechsel; die Eurozone müsse ihren
       Kurs in Richtung Sozialabbau verlassen, sonst drohen Deflation und
       Rezession, warnen linke Wirtschaftswissenschaftler aus einem Dutzend
       EU-Länder in ihrem jüngst veröffentlichten "Euro-Memorandum 2012". Sie
       kritisieren den Haushaltspakt, der auf dem Brüsseler EU-Gipfel Mitte
       Dezember beschlossen wurde.
       
       Die EU-Staaten drifteten stark auseinander, warnen die Memo-Ökonomen:
       Während Deutschland und Frankreich das Vorkrisenniveau deutlich
       überschritten haben, produzierten die meisten Länder weniger als 2008. "Die
       Gipfel-Beschlüsse verfehlen die Ursache der Euro-Krise", kritisiert
       Professor Trevor Evans, einer der Mitautoren des Euro-Memorandums,
       gegenüber der taz.
       
       Schon die Analyse der Krise von Bundeskanzlerin Merkel und den 26 anderen
       EU-Regierungschefs sei falsch. Mit härteren Haushaltsregeln zielten sie an
       den Problemen vorbei: Die meisten EU-Länder hätten bis zur Finanzkrise
       2007/2008 nur sehr kleine oder gar keine Defizite ausgewiesen. Die
       Steuereinnahmen deckten die Ausgaben.
       
       Erst die Rettung der großen Banken im Herbst 2008, der Zusammenbruch der
       Wirtschaftsleistung 2009 als Folge einer Kreditklemme und der starke
       Rückgang der Steuereinnahmen infolge der Wirtschaftskrise hätten große
       Löcher in die Staatsetats gerissen. Evans: "Die Staatsdefizite sind nicht
       Ursache, sondern Ergebnis der Krise."
       
       ## Falsche Schlussfolgerungen
       
       Die mangelhafte Analyse der Politiker führe zu falschen Schlussfolgerungen.
       "Statt einer Zwangsvorstellung aus Schuldenbremsen und automatischen
       Sanktionen zu folgen, müsste endlich der Finanzsektor unter Kontrolle
       gebracht werden", fordert Evans.
       
       Eine "Austeritäts-Politik" mit harten Ausgabenkürzungen und rigidem
       Schuldenabbau würge Massenkonsum und gewerbliche Nachfrage ab und könne in
       eine Rezession münden. Gefährlich seien auch die "Sozialabbau-Programme" in
       vielen Euro-Ländern. So kürzte Irland erst kürzlich Sozialausgaben und
       Leistungen im Gesundheitswesen. Außerdem erhöhte Dublin die Mehrwertsteuer.
       
       Euroland habe nun eine "neue und gefährliche Phase erreicht", kritisieren
       die Memorandums-Ökonomen, "die europäische Integration steht am
       Scheideweg". "Statt Austerität müssen die Regierungen wirtschaftliches
       Wachstum fördern." Dazu bedürfte es zwar einer sparsamen Haushaltspolitik,
       aber vor allem höherer Steuereinnahmen bei großen Einkommen und
       Finanzgeschäften.
       
       18 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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