# taz.de -- Amnestie in Kuba: 2.900 Gefangene kommen frei
       
       > Staatschef Raúl Castro kündigt die Freilassung von Häftlingen an. Anlass
       > ist der Besuch des Papstes im März. Die Opposition kritisiert den Schritt
       > als unzureichend.
       
 (IMG) Bild: Will mehr als 2900 Gefangene frei lassen: Kubas Staatschef Raul Castro.
       
       BERLIN taz | Ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art hatte sich Raúl
       Castro ganz bis zum Ende der Parlamentssitzung aufgespart. Da gab der
       kubanische Staatschef die Freilassung von mehr als 2.900 Häftlingen aus den
       kubanischen Gefängnissen bekannt.
       
       Die größte Massenamnestie der jüngeren kubanischen Geschichte, von der vor
       allem ältere Häftlinge, Frauen und auch einige politische Gefangene
       profitieren sollen, ist eine Geste an den Papst und die katholische Kirche.
       
       Benedikt XVI. wird im März die Insel besuchen, und schon beim ersten Besuch
       eines Oberhaupts der katholischen Kirche im Jahr 1998 hatte Kubas Regierung
       299 Häftlingen als humanitäre Geste freigelassen. Damals noch unter der
       Regie von Fidel Castro, dem legendären Revolutionsführer und älteren Bruder
       Raúls.
       
       Nun folgt der jüngere Castro dem Beispiel des älteren. Die humanitäre Geste
       kommt nicht ganz überraschend, denn die Beziehungen zwischen katholischer
       Kirche und Regierung sind seit der Revolution von 1959 noch nie besser
       gewesen. So wirbt die Kirche beispielsweise in Person vom Kardinal Jaime
       Lucas Ortega y Alamino unter den Gläubigen um Verständnis für das langsame
       Reformtempo der Regierung von Raúl Castro.
       
       Zudem ist die katholische Kirche wichtiger Ansprechpartner für die
       Organisationen der Opposition wie den "Frauen in Weiß". Die begrüßten
       genauso wie Elizardo Sánchez von der kubanischen Kommission für
       Menschenrechte und Versöhnung (CCDHRN), die Amnestie; kritisierten sie
       allerdings auch als unzureichend.
       
       ## Kaum mehr als Kosmetik
       
       Angesichts der Gesamtzahl von 70.000 bis 80.000 Gefangenen sei die
       Freilassung von knapp 3.000 Häftlingen kaum mehr als Kosmetik, urteilte
       Elizardo Sánchez nach Bekanntgabe der Amnestie. Zentrale Herausforderung
       sei, sagte Sánchez durchaus in Übereinstimmung mit anderen Sprechern der
       Opposition wie Berta Soler von den "Frauen in Weiß" oder der bekannten
       Bloggerin Yoani Sánchez, die Modifizierung des nationalen Strafgesetzbuches
       und eine Neufassung vieler überholter Gesetze.
       
       In diesem Kontext wollte Staatschef Raúl Castro allerdings nichts Neues
       vermelden und auch der vermeintliche US-Spion Alan Gross stand nicht auf
       der Liste der Freizulassenden. Das hatten die USA gehofft. Enttäuschend war
       durchaus auch, dass sich die Hoffnung, dass nach über fünf Jahren der
       Beratungen die nationalen Reisebeschränkungen fallen könnten, sich nicht
       bestätigten. Der 80-jährige Staatschef signalisierte nur die grundsätzliche
       Bereitschaft, nicht aber konkrete Schritte.
       
       Auch im ökonomischen Bereich wurde die Parlamentssitzung nicht den
       Erwartungen gerecht. Wissenschaftler der Universität Havanna wie Omar
       Everleny Pérez hatten öffentlich dafür plädiert, weitere der auf dem
       Parteitag im April grundsätzlich beschlossenen Reformvorhaben einzuleiten.
       Dazu gehört der Abbau der Hürden für die Freiberuflichkeit, aber auch bei
       der Vergabe von Staatsland an Privat- und Neubauern. Doch Kubas Staatschef
       bat nur um Geduld.
       
       Derweil steigen die Belastungen für die Staatskasse jedoch merklich. So
       sollen 2011 die Ausgaben für den Import von Lebensmitteln auf rund zwei
       Milliarden US-Dollar gestiegen sein, so der kubanische Agrarexperte Armando
       Nova. "Das reduziert den Etat für produktive Investitionen empfindlich."
       
       26 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Recherchefonds Ausland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zensur in Kuba: Bloggerin Sánchez festgenommen
       
       Vor Beginn des Prozesses um den Tod des Dissidenten Payá geht Kuba gegen
       Oppositionelle vor. Auch gegen die bekannte Bloggerin Yoani Sánchez.
       
 (DIR) Der Papst besucht Kuba: Keine Audienz für Kritiker
       
       Papst Benedikt XVI. reist nach Kuba – zur „Wiedergewinnung von Räumen in
       der Gesellschaft“. Für ein Treffen mit Dissidenten gibt es keinen
       Spielraum.
       
 (DIR) Konferenz Kommunistische Partei Kubas: Noch ein bisschen mehr Geduld
       
       Wirtschaftliche und politische Reformen wird es auf Kuba nicht so bald
       geben, das machte Staatschef Raúl Castro klar. Aber für die Minderheiten
       gibt es Hoffnung.
       
 (DIR) Tod im kubanischen Knast: Herzinfarkt statt Amnestie
       
       Ein hungerstreikender Starftäter stirbt im Gefängnis. Menschenrechtler sind
       empört, da der Tod hätte vermieden werden können. Der Häftling war von
       einer Großamnesie ausgenommen.
       
 (DIR) Agrarreform in Kuba: Die Staatsfarmen sind gescheitert
       
       Kubas Landwirtschaft kommt nicht in Schwung. Die Regierung will sich vom
       ideologischen Ballast trennen und den Bauern mehr Eigeninitiative
       zugestehen.
       
 (DIR) USA will enttarnten Spitzel aus Kuba zurück: Schwieriger Agententausch
       
       Erstmals erwägt Washington einen Austausch von Spitzeln mit Kuba. Doch
       Havanna lehnt das Angebot ab. Der amerikanische Spion habe Kuba
       destabilisieren wollen.
       
 (DIR) Kubanischer Spion aus US-Haft entlassen: Der Spion, der aus dem Knast kam
       
       René González ist der Erste der "Cuban Five", der nach dreizehn Jahren
       US-Haft freikommt. Die Gruppe sollte exilkubanische Terrororganisationen in
       Miami ausspionieren.
       
 (DIR) Kuba reformiert seine Wirtschaft: Pontiac oder Citroën? Egal, gekauft!
       
       Auf Kuba bewegt sich der ökonomische Reformprozess. Nach über 50 Jahren
       dürfen wieder Autos gehandelt werden. Eine der großen Herausforderungen
       bleibt aber bestehen.
       
 (DIR) Keine Annäherung zwischen USA und Kuba: Befreiungsmission ohne Ergebnis
       
       Washingtons Kuba-Vermittler Bill Richardson hat enttäuscht die Insel
       verlassen. Weder Gespräche über einen mutmaßlichen Spion noch der Besuch
       eines Militärhospital fanden statt.
       
 (DIR) Nachruf auf Laura Pollán: Kubas Protestsymbol ist tot
       
       Die Gründerin der einflussreichen Frauenorganisation "Frauen in Weiß",
       Laura Pollán, ist am Freitag in Havanna im Alter von 63 Jahren einem
       Herzstillstand erlegen.