# taz.de -- Wulff und die "Bild"-Affäre: Erst Cäsar, dann Schweigen
       
       > Bundespräsident Wulff lässt wegen seines Anrufs bei Kai Diekmann nur
       > versichern, Pressefreiheit sei ein "hohes Gut". Doch es gab mehr als
       > einen Anruf bei Springer.
       
 (IMG) Bild: Im Sommerurlaub 2011 wirft das Ehepaar Wulff Münzen in den Trevi-Brunnen in Rom. Glück brachte das offenbar nicht.
       
       BERLIN taz | Neben der Debatte über seinen umstrittenen Privatkredit hat
       Bundespräsident Christian Wulff jetzt auch noch eine Telefonaffäre an der
       Backe. Weil die Bild-Zeitung plante, am 13. Dezember Einzelheiten über den
       500.000-Euro-Privatkredit des Untenehmerehepaares Geerkens an Wulff zu
       veröffentlichen, griff der Präsident auf seiner Kuwait-Reise am 12.
       Dezenber selbst zum Hörer. Doch weder Bild-Chefredakteur Kai Diekmann noch
       Springer-Chef Mathias Döpfner hatten für das Anliegen des deutschen
       Staatsoberhauptes ein Ohr.
       
       Die Bild-Zeitung bestätigte, Wulff habe am 12. Dezember - einem Montag -
       versucht, Diekmann direkt zu erreichen. Weil dies nicht gelang, da der
       Bild-Chef gerade in New York unterwegs war, "hinterließ der Bundespräsident
       eine längere Nachricht auf der Handy-Mailbox des Chefredakteurs", schreibt
       bild.de "in eigener Sache", nachdem zuvor bereits die Frankfurter
       Allgemeine Sonntagszeitung und die Süddeutsche (SZ) berichtet hatten.
       
       In seiner Nachricht habe sich Wulff "empört über die Recherchen zu dem
       Hauskredit" gezeigt und "u. a. mit strafrechtlichen Konsequenzen für den
       verantwortlichen Bild-Redakteur" gedroht. Laut SZ kündigte der früher mit
       Bild stets auf gutem Fuß stehende Bundespräsident dem Blatt und dem Haus
       Springer den "endgültigen Bruch" an. Falls diese "unglaubliche" Geschichte
       erscheine, sei damit für ihn und seine Ehefrau Bettina "der Rubikon
       überschritten".
       
       ## Döpfner mischt sich nicht ein
       
       Wie in Kreisen des Springer-Verlages am Montag bestätigt wurde, hatte sich
       Wulff mit seinem Anliegen am gleichen Tag auch bei Vorstandschef Mathias
       Döpfner gemeldet. Doch Döpfner habe Wulff an das bei Springer geltende
       "Chefredakteursprinzip" erinnert und eine Einmischung in redaktionelle
       Angelegenheiten ausgeschlossen.
       
       Bild hatte am 13. Dezember berichtet, Wulff habe 2010 als niedersächsischer
       Ministerpräsident im Landtag auf die Frage nach Geschäftsbeziehungen zu
       einem Unternehmer nicht angegeben, dass er und seine Frau Bettina von
       dessen Gattin ein Darlehen über eine halbe Million Euro erhalten hatten.
       Der Bundespräsident hatte sich zwei Tage vor Weihnachten für seinen
       zögerlichen Umgang mit der Kreditaffäre entschuldigt, einen Rücktritt aber
       ausgeschlossen. Seitdem kommen immer neue Details ans Licht.
       
       Bild hat nach eigenen Angaben vor der Veröffentlichung der Recherchen zu
       den Umständen des Kredits Wulff Gelegenheit zu einer ausführlichen
       Stellungnahme gegeben: "Eine solche Stellungnahme hatte der Bundespräsident
       am Montag, den 12. Dezember, zunächst abgeben lassen, dann aber kurz vor
       Redaktionsschluss wieder zurückgezogen."
       
       Wulff schweigt bislang zu den fraglichen Telefonaten. "Über
       Vieraugengespräche und Telefonate gibt der Bundespräsident (…)
       grundsätzlich keine Auskunft", heißt es in einer Erklärung des
       Bundespräsidialamts, eine Sprecherin versicherte aber, für Wulff sei die
       "Presse- und Rundfunkfreiheit (…) ein hohes Gut".
       
       ## Bettina Wulff "kein Thema mehr"
       
       Dass seine persönliche Einmischung kontraproduktiv war, scheint dem
       Bundespräsidenten allerdings schon früher klar geworden zu sein. Laut Bild
       suchte er am 15. Dezember nämlich "erneut den Kontakt zum
       Bild-Chefredakteur und bat in einem Telefonat persönlich um Entschuldigung
       für Ton und Inhalt seiner Äußerungen auf der Handy-Mailbox". Man habe daher
       "nach breiter redaktioneller Debatte davon abgesehen, eigens über den
       Vorfall zu berichten", heißt es.
       
       Spekulationen, Bild habe auch wegen Recherchen über das frühere Leben von
       Bettina Wulff den Groll des Bundespräsidenten auf sich gezogen, wollte der
       Springer-Verlag gestern nicht kommentieren. Intern heißt es, dies sei "kein
       Thema mehr".
       
       Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte Wulffs versuchte
       Einmischung in die redaktionelle Berichterstattung am Montag scharf.
       "Prominente müssen sich kritische Berichterstattung als Teil der
       Meinungsfreiheit gefallen lassen", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael
       Konken. Dies müsse "niemand besser wissen als der erste Mann im Staat", so
       Konken.
       
       Auch der Deutsche Presserat äußerte sich irritiert und erklärte, der
       Bundespräsident habe mit seinem Verhalten weiteren Zweifel an seiner
       Glaubwürdigkeit genährt. Am 12. Dezember hatte sich Wulff nach seinem
       untauglichen Versuch, Berichterstattung zu verhindern, in Kuwait wieder
       seinen Amtsgeschäften zugewandt.
       
       Zum Abschluss der sechstägigen Reise in diverse Golfstaaten machte er sich
       nochmals für die Pressefreiheit in den Ländern der Region stark. Zwar seien
       Presse- und Meinungsfreiheit "immer ein Stachel im Fleisch der Regierenden
       und der Herrschenden", sagte Wulff laut Berichten von Nachrichtenagenturen,
       am Ende seien sie aber "die beste Grundlage für erfolgreiche
       gesellschaftliche Entwicklung".
       
       2 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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