# taz.de -- Neues aus der niedersächsischen Provinz: Belohnte Wulff fleißige Unterstützer?
       
       > Eine Mittelständlerin wurde unter Ministerpräsident Christian Wulff in
       > den Aufsichtsrat der Nord/LB entsandt. Eine ihrer Qualifikationen: Sie
       > ist die Tochter eines CDU-Spendensammlers.
       
 (IMG) Bild: Christian Wulff: Freund und Förderer.
       
       Jürgen R. Viertelhaus ist ein besonders aktiver Unternehmer. Der
       Vorstandsvorsitzende des mittelständischen Automobilzulieferers Vierol aus
       Oldenburg, unterstützt die CDU nicht nur selbst mit Geld, er kümmert sich
       auch intensiv darum, dass andere Unternehmen es ihm gleich tun.
       
       Für den "Club 2013", eine seit 2006 innerhalb der niedersächsischen CDU
       organisierte, eher öffentlichkeitsscheue Gruppe von Mittelständlern, lud er
       regelmäßig zu Veranstaltungen ein, bei denen spendable Unternehmer auf
       Mitglieder der Landesregierung treffen konnten.
       
       Auch mit Sachleistungen war Viertelhaus gern behilflich: Auf der
       [1][Einladungskarte] des Clubs prangt neben Niedersachsenross, CDU-Logo und
       einem Foto vom damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) der
       Hinweis: "Copyright und Design: VIEROL-Aktiengesellschaft, D-26121
       Oldenburg".
       
       Und die Kontaktpflege hatte Erfolg: Mal hielt Wulff eine Rede bei der
       Grundsteinlegung zu einem neuen Logistiklager von Vierol, mal nahm er den
       Unternehmer mit auf eine Delegationsreise nach China, mal posierte er am
       Messestand des Unternehmens mit dem Unternehmer für die Fotografen.
       
       So weit, so normal: Kontakte zu Unternehmen im Land pflegt jeder
       Ministerpräsident, Spenden mögen hilfreich sein, dass sie als Gegenleistung
       erwartet werden, ist kaum nachzuweisen.
       
       ## Nur zwei Personen entsandt
       
       Doch das Unternehmen Vierol durfte sich noch über eine weitere
       Aufmerksamkeit freuen – eine, die das Land Niedersachsen nur selten zu
       vergeben hat: Einen Aufsichtsratsposten bei der Norddeutschen Landesbank
       (Nord/LB). Fünf der 18 Sitze dort stehen dem Land Niedersachsen als
       Miteigentümer zu. Neben dem Finanzminister, der das Gremium qua Amt leitet,
       kann die Landesregierung die vier übrigen für jeweils vier Jahre frei
       bestimmen.
       
       Nur zwei Personen wurden während der Amtszeit von Christian Wulff als
       Ministerpräsident neu entsandt: Der Bürgermeister von Braunschweig, Gert
       Hoffmann, und Ende 2009 Mirja Viertelhaus-Koschig, Vorstandsmitglied bei
       der Vierol AG aus Oldenburg – und Tochter von Wulffs Spendensammler Jürgen
       R. Viertelhaus. Kann das ein Zufall sein?
       
       Die 40-jährigen Betriebswirtin ist bei dem Oldenburger Automobilzulieferer
       mit 120 Mitarbeitern für Finanzwesen und Personal verantwortlich. Ihr
       Vorgänger im Aufsichtsrat der Nord/LB war mit TUI-Chef Michael Frenzel eine
       deutlich wichtigere Person eines deutlich größeren Konzerns.
       
       Und während dieser sich mit viel Know-How eingebracht habe, ist
       Viertelhaus-Koschig im Aufsichtsrat, der drei- bis viermal jährlich tagt,
       nach Angaben anderer Teilnehmer bisher weder positiv noch negativ
       aufgefallen. Vergütet wird die Position nach taz-Informationen mit 7.800
       Euro im Jahr.
       
       ## Zusammenhang nicht bekannt
       
       Mirja Viertelhaus-Koschig selbst teilte auf taz-Anfrage mit, sie sei vom
       niedersächsischen Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) gefragt worden, ob
       sie bereit sei, Aufsichtsratsmitglied bei der Nord/LB zu werden. "Mir ist
       nicht bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen den privaten politischen
       Aktivitäten meines Vaters und meiner Nominierung gibt. Das wäre für mich
       auch nicht akzeptabel."
       
       Ihr Vater Jürgen R. Viertelhaus erklärte zu seinem Engagement als
       Spendenorganisator für die CDU lediglich, seine politischen Aktivitäten
       seien eine Privatangelegenheit, über die er grundsätzlich keine Auskunft
       gebe.
       
       Die von Wulff beauftragte Anwaltskanzlei äußerte sich zunächst nicht zu der
       Angelegenheit. Das niedersächsische Finanzministerum bestätigte, dass Wulff
       die Kabinettssitzung im Jahr 2009 geleitet hatte, in der
       Viertelhaus-Koschig berufen wurde.
       
       Einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Spenden-Engagement von Jürgen R.
       Viertelhaus und der Auswahl von dessen Tochter wies Sprecher Carsten Pilz
       als "ausgeschlossen" zurück. Viertelhaus-Koschig sei "von der Ausbildung
       und der derzeit ausgeübten Tätigkeit hervorragend qualifiziert", und das
       Land sei bemüht, den Anteil von Frauen in Gremien zu erhöhen.
       
       Wie Möllring auf die Oldenburgerin aufmerksam geworden war, konnte Pilz
       nicht sagen. Der Kontakt vom Finanzminister zu ihrem Vater ist hingegen
       dokumentiert: Auch dieser trat bei mindestens zwei Veranstaltungen des
       "Club 2013" auf, zu denen Jürgen R. Viertelhaus eingeladen hatte.
       
       5 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /fileadmin/static/pdf/Club2013.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wulffs Privatkredit: Neue Fragen aus der Heimat
       
       Die Grünen in Niedersachsen haben 100 Fragen zu dem Hauskauf von Christian
       Wulff gestellt. Die wichtigste Frage: Hat Wulff damals gegen Gesetze
       verstoßen.
       
 (DIR) Kommentar Wulff und die "Bild": Die Gesetze des Boulevards
       
       Christian Wulff hätte diesen guten Rat beherzigen sollen: Wer im Aufzug mit
       der "Bild" nach oben fährt, der fährt mit ihr auch wieder runter. So ist
       es, Herr Bundespräsident.
       
 (DIR) Erklärung der Anwälte von Wulff: Sechs Seiten präsidiale Antworten
       
       Die Anwälte von Bundespräsident Wulff haben die Presseanfragen der
       vergangenen Tage zusammengefasst und rechtlich bewertet. Ihr Fazit ist
       wenig überraschend.
       
 (DIR) Merkel und Wulff: Widerwillige Unterstützung
       
       Obwohl ihr das Verhalten Christian Wulffs zuwider ist, stützt die Kanzlerin
       den Präsidenten. Die Kanzlerin weiß ganz genau: Sein Scheitern wäre auch
       eine Niederlage für sie selbst.
       
 (DIR) Kommentar Wulff: Nichts als Kitsch
       
       Christian Wulffs Interview macht nur eines deutlich: Der Versuch, eine
       nicht beherrschbare Situation kontrollieren zu wollen, verbessert die Lage
       nicht.
       
 (DIR) Wulffs TV-Interview: Der kriechende Präsident
       
       In einem Fernsehinterview verteidigt sich Christian Wulff gegen die
       Vorwürfe der vergangenen Wochen und sucht nach Mitleid. Von vielen Fehlern
       rückt er nicht ab.
       
 (DIR) Christian Wulff und seine Affären: Um den Präsidenten wird es einsam
       
       Die Opposition verschärft ihre Kritik an Wulff. Selbst in der Koalition
       verteidigen ihn nur die, die müssen. Jetzt verlangen die Grünen und die SPD
       eine Stellungnahme Merkels.
       
 (DIR) Kommentar Wulffs Glaubwürdigkeit: Kredit verspielt
       
       Das Amt des Bundespräsidenten ist beschädigt. Daran sind aber nicht die
       Medien schuld, sondern Wulff. Nach seinen Lügen wird es ihm schwerfallen,
       noch Glauben zu finden.
       
 (DIR) Wulffs Finanzierung des Familienhauses: Geerkens vermittelte Bankkredit
       
       Neuestes aus dem Hause Wulff: Unternehmer Geerkens, dessen Gattin Wulff den
       500.000-Euro-Kredit gewährt hatte, hat offenbar den Folgekredit bei der
       BW-Bank vermittelt.