# taz.de -- Dreikönigstreffen der FDP: Rösler kann nicht beeindrucken
       
       > Die Hoffnung der FDP, dass Parteichef Rösler ihnen neues
       > Selbstbewusstsein einflößt, hat sich nicht erfüllt. Aggressive Redner
       > kommen beim FDP-Treffen besser an.
       
 (IMG) Bild: Rösler.
       
       STUTTGART taz | Draußen vor dem Stuttgarter Staatstheater demonstrieren die
       Jungen Liberalen. "Liefert endlich!", skandieren sie. Sie meinen damit
       Philip Rösler, den Vorsitzenden der FDP, der bei seinem Antritt vollmundig
       versprochen hatte, ab jetzt würden die Liberalen "liefern". Dieser 6.
       Januar, der Tag des traditionellen Dreikönigstreffens, wird seit Wochen als
       Schicksalstag Röslers gehandelt. Schwach wirkt er seit Monaten, zerrieben.
       Vor drei Wochen ist ihm auch noch sein Generalsekretär abhanden gekommen.
       
       An diesem Vormittag also erwarten die Besucher im nach Weihrauch duftenden
       Staatstheater eine Art Ruckrede. Aber Rösler wird diese Chance nicht nur
       verstreichen lassen - er wird, während er von Aufbruch und Zusammenhalt
       spricht, von neuen Parteiquerelen überrollt. Mitten in seine 50-minütige
       Rede platzt die Nachricht, dass im Saarland die Jamaika-Koalition mit CDU,
       FDP und Grünen gescheitert ist. Aber noch ist es nicht so weit.
       
       In seiner Rede beschwört Philipp Rösler ein Deutschland, dem es trotz Krise
       gut geht, weil eine Partei - die FDP - es so gut mitregiert. Eine Partei,
       die vor Kraft kaum laufen kann. Rösler beschwört liberale Werte, als sei er
       immer noch Vorsitzender jener 14-Prozent-Partei, die 2009 in die Koalition
       kam. Und das, obwohl nicht zu übersehen ist, wie wenige Menschen in diesem
       Land sie noch wählen würden. 2 Prozent haben beim aktuellen
       Deutschlandtrend der ARD der FDP noch ihre Stimme gegeben.
       
       Rösler referiert das neue "Wachstums"-Mantra der Liberalen. Klar erkennbar
       will er weg vom Image der Steuersenkungspartei. Er spricht über
       Bildungspolitik, Fachkräftemangel und den Euro. Er fordert die rückhaltlose
       Aufklärung der Serie von Morden der Neonazis. Er schimpft gegen den
       flächendeckenden Mindestlohn und fordert mehr Kohlekraftwerke, um die
       Energiewende zu schaffen. Nur kurz geht er auf den Zustand seiner Partei
       ein.
       
       Den gescheiterten Mitgliederentscheid über die Euro-Rettungsschirm ESM
       stellt er als innerparteilichen Diskussionsprozess dar, in dessen Verlauf
       "einige Aussagen - auch von mir - unpassend waren". Er redet 50 lange
       Minuten, während man bedenklich schläfrig wird im Saal.
       
       ## Zaghafter "Wegmoderierer"
       
       Als er um Punkt 13 Uhr zum Ende kommt, ist klar: Der Aufbruch ist
       ausgeblieben. So enthusiastisch wie nötig applaudieren die Zuhörer. Ihre
       Hoffnung, dass der freundliche Herr Rösler ihre Wunden salbt,
       Machtbewusstsein ausstrahlt und ihnen neues Selbstbewusstsein einflößt, hat
       sich nicht erfüllt.
       
       Rösler ist genau der, den die Delegierten beim Parteitag im Mai gegen Guido
       Westerwelle eingetauscht haben. Er kann nicht anders. Er ist das Gegenteil
       von Leuten wie Rainer Brüderle, der am Vortag vor den
       baden-württembergischen Delegierten eine seiner
       Zuckerbrot-und-Peitsche-Reden hielt.
       
       Rösler ist auch weitaus zaghafter als sein neuer Generalsekretär Patrick
       Döring. Der Niedersachse sprach vor Rösler 20 Minuten lang. Und wiewohl er
       noch am Mittwoch eine Panne hingelegt hatte, als er Philipp Rösler als
       "Wegmoderierer" bezeichnete, waren ihm die Zuhörer gewogen. Wer glaube,
       donnerte er in den Saal, "die Bürger interessieren sich für Querelen in der
       FDP, dem ist nicht mehr zu helfen".
       
       Die Partei müsse nun zeigen, dass sie aus den Koalitionsjahren gelernt
       habe. Entsprechend giftete er Richtung Grüne und SPD, die am liebsten alles
       verbieten oder - wenn das nicht ginge - wenigstens besteuern wollten. "Wer
       in solch einem Land leben will, soll die anderen wählen." - "Bravo!",
       schallte es von den Rängen. Es war der Beifall für den Falschen.
       
       6 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar FDP: Brüderles wirre Logik
       
       Rainer Brüderle nährt den Verdacht, dass sich die FDP als Lobbyorganisation
       der Finanzdienstleister versteht.
       
 (DIR) FDP im Niedergang: Der kollektive Abschied
       
       Der lokale FDP-Ableger im brandenburgischen Treuenbrietzen verweigert die
       Gefolgschaft - und tritt kollektiv aus der Partei aus.
       
 (DIR) Ein Bekenntnis zur FDP: Die Erben des Asterix
       
       Egal, ob sich die FDP der Gegenwart mit Populismus, Realitätsverlust,
       seltsamem Personal oder Selbstzerfleischung lächerlich macht: Ich wähle die
       Liberalen.
       
 (DIR) Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland: FDP findet's "unverschämt"
       
       Birgit Homburger schießt gegen Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer. Ihr
       Verhalten bei der Aufkündigung der Koalition sei "unüblich". Etwas
       entspannter gibt sich Reiner Brüderle.
       
 (DIR) Kommentar FDP: Den Liberalen gehen die Freunde aus
       
       Seit die Bundes-FDP im September 2009 mit der Union koaliert, befindet sie
       sich im Siechtum. Da ist der Crash an der Saar nur eine logische
       Fortsetzung des Niedergangs.
       
 (DIR) Jamaika-Koalition in Saarland geplatzt: CDU strebt große Koalition an
       
       In Saarland will die CDU nun in einer Koalition gemeinsam mit der SPD
       regieren. Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer sagte, sie habe bereits
       Kontakt mit dem SPD-Vorsitzenden aufgenommen.
       
 (DIR) Dreikönigstreffen der FDP: "Fürchtet euch nicht!"
       
       In den Umfragen hat die FDP ein historisches Tief erreicht. Und so versucht
       die Parteispitze beim Dreikönigstreffen bundespolitische Einigkeit zu
       beschwören.
       
 (DIR) FDP verliert Tausende Mitglieder: Liberaler Abwärtstrend
       
       Die Zahl der FDP-Mitglieder sinkt seit der Bundestagswahl 2009. Damit sind
       sie nicht alleine: Auch SPD, CDU und Linke schrumpfen seit Jahren. Nur die
       Grünen verzeichneten ein Rekordjahr.