# taz.de -- Karrieren der Politiker-Ehefrauen: Die Erbfolge wird weiblich
       
       > Talent reicht nicht mehr aus, der richtige Partner muss schon sein: Doris
       > Schröder-Köpf und Michelle Müntefering streben in politische Ämter. Ein
       > neuer Trend?
       
 (IMG) Bild: Immer häufiger werden Ämter und Mandate innerhalb einer Familie "vererbt": Familie Müntefering.
       
       Zwei Ehefrauen melden fast zeitgleich eine politische Karriere an: Kann das
       Zufall sein? Am Montag wurde bekannt, dass Doris Schröder-Köpf für den
       niedersächsischen Landtag kandidieren möchte. Ihr Mann Gerhard (SPD) war
       deutscher Kanzler von 1998 bis 2005.
       
       Am Dienstag wurde dann offiziell bestätigt, dass Michelle Müntefering sogar
       noch höher strebt und in den Bundestag einziehen will. Ihr Gatte Franz war
       lange Jahre Spitzenpolitiker der Sozialdemokraten. Während Schröder-Köpf
       Journalistin war, saß Michelle Müntefering seit 2004 bei der SPD-NRW im
       Vorstand und hat ihren Mann dort getroffen.
       
       Allerdings ist noch längst nicht ausgemacht, ob die beiden SPD-Damen die
       anvisierten Mandate auch tatsächlich erringen. Denn natürlich gibt es
       parteiinterne Konkurrenz, die ebenfalls gern ins Parlament einziehen würde
       und die zunächst geschlagen werden muss.
       
       ## Der Trend zur Dynastie
       
       Trotzdem stehen die Kandidaturen der beiden Ehefrauen für einen relativ
       neuen Trend in der deutschen Politik: Sie wird dynastisch. Immer häufiger
       werden Ämter und Mandate innerhalb einer Familie "vererbt". Dieses Phänomen
       beschränkt sich keinesfalls nur auf die SPD.
       
       Ein paar Beispiele: CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen ist die
       Tochter des niedersächsischen Exministerpräsidenten Ernst Albrecht
       (ebenfalls CDU). Der inzwischen zurückgetretene CSU-Verteidigungsminister
       Karl-Theodor zu Guttenberg ist der Enkel des CSU-Außenpolitikers Karl
       Theodor zu Guttenberg. Der jetzige CDU-Verteidigungsminister Thomas de
       Maizière ist der Sohn des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr
       Ulrich de Maizière.
       
       Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier ist die Tochter des ehemaligen
       bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (natürlich auch CSU),
       und der liberale Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff ist der Neffe
       des einstigen FDP-Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff.
       
       Es wäre allerdings unfair zu behaupten, dass de Maizière und von der Leyen
       nur zu Spitzenpolitikern aufgestiegen wären, weil sie die richtigen Väter
       hatten. Sie bringen auch die Begabung mit, um erfolgreiche Minister zu
       sein. Es bilden sich zwar Dynastien heraus, doch zur Erbfolge kommt es nur,
       wenn das nötige Talent vorhanden ist. So ist schlicht unvorstellbar, dass
       die Kohl-Söhne jemals in die Bundespolitik drängen könnten.
       
       ## Oberschicht dominiert
       
       Herkunft ist also nicht alles - wird aber immer wichtiger. Der Soziologe
       Michael Hartmann hat die beiden großen Koalitionen in der bundesdeutschen
       Geschichte verglichen. Im Kabinett Kiesinger von 1966 bis 1969 kam nur ein
       Drittel der Minister aus dem gehobenen Bürgertum, im Kabinett Merkel von
       2005 bis 2009 waren es schon fast zwei Drittel.
       
       Talent allein reicht offenbar nicht mehr, die richtige Herkunft muss schon
       sein. Das ist neu, jedenfalls in der Politik. Die Oberschicht hat zwar
       schon immer die Wirtschaft dominiert, doch in den Parlamenten saßen bisher
       vor allem die Kinder des Kleinbürgertums. Gatte Franz Müntefering ist dafür
       das beste Beispiel. Sein Vater war Landwirt, er selbst hat nur die
       Volksschule besucht und eine Lehre gemacht.
       
       Doch diese Tellerwäscherkarrieren werden seltener. Stattdessen wir die
       Politik elitär und oft zur Dynastie. Naheliegend wäre zu glauben, dass es
       die Oberschicht eben an die Macht drängt. Doch so machtvoll ist die Politik
       nicht - und vor allem schlecht bezahlt. Wer wirklich gestalten und
       verdienen will, wäre als Manager besser dran. Einziges Problem: Es gibt
       nicht genug Managerposten, um die ganze Oberschicht zu versorgen, weswegen
       sie auch in die Politik ausweichen muss.
       
       10 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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