# taz.de -- Kontrolle von Lebensmitteln: Gute Bedingungen für Dioxine und Gift
       
       > 2.500 Inspektoren für 1,1 Millionen Betriebe: Den Überwachungsämtern
       > fehlen Stellen. Massive Kontrolldefizite gibt es bei
       > Nahrungsergänzungsmitteln.
       
 (IMG) Bild: Lebensmittelkontrollen in Länderhand funktioniere nicht mehr, erklärte der Chef des Bundesverbands der Lebensmittelkontrolleure.
       
       BERLIN taz | Die deutschen Lebensmittelkontrolleure können die Bevölkerung
       nach Angaben ihrer eigenen Organisation nicht wirksam gegen Gefahren im
       Essen schützen. "Wir bedienen nicht den gesetzlichen Auftrag der
       Überwachung", sagte der Chef des Bundesverbands der
       Lebensmittelkontrolleure, Martin Müller, am Mittwoch in Berlin, zwei Tage
       vor Beginn der Internationalen Grünen Woche, der weltgrößten
       Verbrauchermesse für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau. "Hoffnungslos
       unterbesetzt" seien die Ämter, deren Experten zum Beispiel gefährliche
       Bakterien oder giftiges Dioxin im Essen finden sollen.
       
       Müller forderte deshalb von den Behörden, 1.500 zusätzliche Kontrolleure
       einzustellen. Derzeit müssten 2.500 Inspektoren der Städte und Landkreise
       sämtliche 1,1 Millionen Lebensmittelbetriebe in Deutschland im Auge
       behalten, vom Imbiss bis zum Industrieschlachthof. So sei eine
       "risikoorientierte" Kontrolle unmöglich. Die zusätzlichen Kontrolleure
       würden zwar etwa 50 Millionen Euro pro Jahr verdienen, aber das müsse dem
       Staat die Gesundheit seiner Bürger wert sein.
       
       Allerdings verlangt der Kontrolleurslobbyist nicht nur mehr Personal. Die
       Krise nach dem Ausbruch des Darmkeims Ehec im vergangenen Jahr, bei der
       mehr als 50 Menschen starben, habe gezeigt, dass die Lebensmittelkontrolle
       in der Hand der Länder nicht mehr funktioniere, erklärte er. Manche
       Behörden hätten Daten nicht einmal in einem Format geliefert, das
       kompatibel zu den Systemen des Bundes gewesen seien. "Wir müssen
       entföderalisieren, dafür zentralisieren", sagte Müller. Der Bund solle die
       Überwachung übernehmen.
       
       ## Unternehmen sollen Überwachung finanzieren
       
       Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen, verlangte von
       Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) einen Gesetzentwurf zur Reform der
       Lebensmittelüberwachung, "weg von der föderalen Kleinstaaterei". Wenn die
       Länder kein Geld für neue Kontrolleure hätten, sollten die Unternehmen die
       Überwachung finanzieren, so wie etwa Autobesitzer den TÜV für die Kontrolle
       ihres Wagens bezahlen.
       
       Massive Kontrolldefizite gibt es laut Billen beispielsweise beim
       Internethandel mit Nahrungsergänzungsmitteln. Jedes dritte von rund 70
       Power-, Potenz- und Schlankheitsmittel aus einer Stichprobe der
       Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen habe illegale und hochgradig
       gesundheitsschädliche Substanzen enthalten.
       
       Billen präsentierte eines der kritisierten Mittel. Es war auch am Mittwoch
       noch im Angebot, obwohl die Verbraucherschützer die Untersuchung bereits im
       Oktober veröffentlicht hatten.
       
       18 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Dioxin in Eiern: Am Futter hat es nicht gelegen
       
       Die Quelle für das Dioxin in Bio-Eiern aus Nordrhein-Westfalen bleibt
       unklar. Drei Betriebe bleiben gesperrt. Verbraucherschützer mahnen bessere
       Kontrollen an.
       
 (DIR) Weitere Dioxin-Funde in NRW: Das Giftige vom Ei
       
       Auf zwei weiteren Höfen in NRW wurden Dioxin-kontaminierte Eier gefunden.
       Beide Betriebe wurden gesperrt. Ein Zusammenhang zum Fall in Minden besteht
       bisher nicht.
       
 (DIR) Betrieb in NRW gesperrt: Bio-Eier mit Dioxin verseucht
       
       Bis zu sechsfach erhöhte Konzentrationen des Dioxin-ähnlichen PCB wurden
       gemessen. Die Bio-Eier des nordrhein-westfälischen Betriebs werden vor
       allem an Supermärkte geliefert.
       
 (DIR) Imagekampagne einer Burgerkette: McDonald's Vorzeigebauernhöfe
       
       Der Fastfoodkonzern McDonald's präsentiert sich auf "Flagship Farms" als
       umwelt- und tierfreundliches Unternehmen. Doch mehr als branchenüblich ist
       der Standard nicht.
       
 (DIR) Streit der Woche: Muss gutes Essen teurer sein?
       
       Wer Hähnchen isst, schluckt oft Antibiotika: Am Samstag wollen Landwirte,
       Umwelt- und Tierschützer gegen die Agrarindustrie demonstrieren. Wird Essen
       dadurch teurer?
       
 (DIR) Demo zum Start der Grünen Woche: Protest gegen Agrarindustrie
       
       Landwirte, Umwelt- und Tierschützer wollen am Samstag in Berlin auf die
       Straße gehen. Ihr Forderung: Klares Reduktionsziel für Antibiotika in der
       Tierhaltung.
       
 (DIR) Gefährliches Geflügel im Supermarkt: Bakterienschleuder Hühnerbrust
       
       Gefährliche Keime im Frischfleisch töten jährlich 25.000 Menschen in der
       EU. Schuld ist laut Umweltexperten auch der massenhafte Einsatz von
       Antibiotika in der Landwirtschaft.
       
 (DIR) Gesetzeslücke im Dioxinskandal entdeckt: Straflos Gifte mischen
       
       Die Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen könnte ohne Strafe aus dem
       Skandal um verseuchte Futtermittel herauskommen.