# taz.de -- Streit um Stellenbesetzung beim ORF: Journalisten stoppen Parteisoldaten
       
       > Der Sozialdemokrat Nikolaus Pelinka verzichtet auf einen Leitungsjob beim
       > österreichischen Fernsehen. Mitarbeiter hatten die Personalie als
       > politisch motiviert kritisiert.
       
 (IMG) Bild: Im Clinch: Erst kam Senderchef Alexander Wrabetz (l.) mit seinem Personalvorschlag nicht durch. Nun wollen die freien Mitarbeiter mehr Geld.
       
       WIEN taz | Protestierende ORF-Mitarbeiter haben sich durchgesetzt. Am
       Donnerstag erklärte der umstrittene Niko Pelinka den Rückzug von seiner
       Ambition, Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zu werden.
       Dann verkündete Wrabetz, er verzichte auf die Ernennung seines
       Vertrauensmanns und nehme auch eine andere politisch motivierte
       Personalbesetzung zurück.
       
       Besonders beeindruckt hat Wrabetz ein [1][Protestvideo], das 55 Mitglieder
       des Aktuellen Dienstes mit privaten Mitteln gedreht hatten. Mit einer
       halben Million Klicks binnen weniger Tage rangiert der Clip weltweit unter
       den aktuellen Top Ten der Nachrichtenkategorie auf YouTube.
       
       "Der Protest von mehr als 1.300 Journalistinnen und Journalisten ist ernst
       zu nehmen. Diese Diskussion innerhalb des Unternehmens legt nämlich auch
       Zeugnis ab von Stärke, Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit der
       journalistischen MitarbeiterInnen", so Wrabetz in einem Schreiben.
       Politische Einflussnahme der Kanzlerpartei auf seine Personalentscheidung
       bestritt er weiterhin vehement.
       
       Auch der 25-jährige Niko Pelinka, der sich seine politischen Meriten als
       Koordinator des SPÖ-Freundeskreises im Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium
       des ORF, bei der Wiederwahl von Wrabetz erworben hat, betrachtet sich nach
       wie vor als für den Job geeignet. Aber "die andauernde öffentliche Debatte
       über meine Person und meine mögliche Bestellung zum Büroleiter des
       ORF-Generaldirektors hat ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr akzeptabel
       ist", heißt es in einem dürren Kommuniqué: "Die Perspektive einer
       wochenlangen Weiterführung dieses unwürdigen Theaters möchte ich weder mir
       noch dem ORF zumuten."
       
       Wrabetz ist jetzt plötzlich der Meinung, dass er auf einen Büroleiter mit
       erweiterten Kompetenzen verzichten kann, und nimmt die Ausschreibung
       zurück. Auch die neu geschaffene Position eines Koordinators der
       Landesstudios, die mit dem ÖVP-Mann Robert Ziegler besetzt werden sollte,
       will er streichen.
       
       ## Gestärkte Zivilgesellschaft
       
       Redakteursprecher Dieter Bornemann will gegenüber der taz nicht von einem
       Sieg sprechen: "Hier geht es um die Unabhängigkeit des ORF. Und die ist
       gestärkt worden." Er erwartet sich einen Paradigmenwechsel auch im
       Stiftungsrat, der wahrnehmen müsse, dass eine gestärkte Zivilgesellschaft
       die Eingriffe der Parteien auf den ORF nicht mehr hinnehmen wolle.
       
       Alexander Wrabetz, dessen zweite fünfjährige Amtszeit am 1. Januar begann,
       kann sich zwar rühmen, den Redaktionen freie Hand gegeben zu haben, doch
       gegenüber Personalwünschen der Parteien zeigte er sich immer
       aufgeschlossen. Jetzt, so ein Redakteur, der nicht genannt werden will,
       müsse er zwar seine Niederlage verkraften, doch mittelfristig könne er
       seine Position und die Unabhängigkeit des Unternehmens stärken.
       
       Denn zukünftigen Begehrlichkeiten der Parteien könne er entgegenhalten,
       dass die Belegschaft da nicht mitmachen würde. Bundeskanzler Faymann, der
       am Mittwoch im Parlament noch gemeint hatte, ein ORF ohne politischen
       Einfluss sei illusorisch, beteuert jetzt, er sei immer schon für einen
       unabhängigen Rundfunk eingetreten.
       
       20 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=o6SzZmMNfNg
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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