# taz.de -- Rebellion beim Österreichischen Rundfunk: "Keine Produktion des ORF"
       
       > Die Mitarbeiter des ORF laufen Sturm. Weil sie die politischen
       > Personalentscheidungen des Senders nicht mehr tragen wollen, rebellieren
       > sie nun im Internet.
       
 (IMG) Bild: Sie wollen, dass der ORF politisch unabhängig bleibt: 55 MitarbeiterInnen des Österreichischen Fernsehens machen ihrem Unmut auf Youtube Luft.
       
       WIEN taz | Die Proteste gegen die Stellenbesetzungen im österreichischen
       öffentlich-rechtlichen Fernsehen setzen ORF-Generaldirektor Alexander
       Wrabetz unter Druck. Nachdem letzte Woche 1.316 RedakteurInnen ein Manifest
       unterzeichnet hatten, drehten jetzt 55 MitarbeiterInnen ein [1][Video], das
       auf YouTube in wenigen Stunden über 285.000-mal angeklickt wurde.
       
       Zur Erinnerung: Wrabetz hatte einen Tag vor Weihnachten die Ernennung des
       25-jährigen Niko Pelinka zu seinem Büroleiter bekannt gegeben. Erst Tage
       später wurde die Stelle offiziell ausgeschrieben. Besondere Qualifikationen
       wurden nicht gefordert. Pelinka war bis Jahresende Koordinator des
       Freundeskreises der österreichischen Sozialdemokraten (SPÖ) im
       Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium des ORF. Als solcher hatte er im
       vergangenen Sommer die Wiederwahl von Wrabetz eingefädelt.
       
       Unternehmenssprecher Martin Biedermann stellte auf Anfrage klar: "Es gab
       keinerlei Druck der SPÖ, und selbst wenn es welchen gegeben hätte, hätte
       das keinen Einfluss auf die Entscheidung des Generalintendanten gehabt."
       Für Redakteurssprecher Dieter Bornemann ist aber offensichtlich: "Der
       Augenschein ist Beweis genug." Auch Mitglieder des Stiftungsrats, die der
       konservativen ÖVP nahe stehen, wurden mit fetten Posten belohnt. Ein
       Vertreter der rechtskonservativen FPÖ ließ sich seine Stimme mit
       Beschäftigungsgarantie abgelten.
       
       ## Es protestieren dieselben
       
       "Was sollen sich Praktikanten im gleichen Alter wie Pelinka denken, die
       vier Monate für einen Hungerlohn hier arbeiten und dann ein Jahr lang nicht
       im Unternehmen beschäftigt werden dürfen?", murrt ein Redakteur, den die
       Dreistigkeit des parteipolitischen Zugriffs verwundert. Heute protestieren
       dieselben Leute gegen die SPÖ, die vor sechs Jahren gegen die von der ÖVP
       installierte Generaldirektorin Monika Lindner auf die Barrikaden gestiegen
       waren.
       
       Sein Büro hat Pelinka noch nicht beziehen können. Das liegt zum einen
       daran, dass sich auf Anraten Bornemanns mehr als 3.000 Personen um den Job
       beworben haben. Immerhin zwischen 20 und 30, die eine formal komplette
       Bewerbung mit Lebenslauf und Foto eingereicht haben, müssen laut
       Personalstelle zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.
       Andererseits ist umstritten, ob juristisch alles seine Ordnung hat. Denn
       die Position, die bisher Assistenz des Generaldirektors hieß, soll jetzt
       mit Kompetenzen eines leitenden Redakteurs ausgestattet - und auch besser
       bezahlt werden. Das hätte der Stiftungsrat absegnen müssen. Der tritt am
       Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.
       
       Rufe nach einer Entpolitisierung des ORF werden immer lauter. So fordern
       Österreichs Grüne einen parteipolitisch unabhängig gewählten Stiftungsrat.
       
       18 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=o6SzZmMNfNg
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streit um Stellenbesetzung beim ORF: Journalisten stoppen Parteisoldaten
       
       Der Sozialdemokrat Nikolaus Pelinka verzichtet auf einen Leitungsjob beim
       österreichischen Fernsehen. Mitarbeiter hatten die Personalie als politisch
       motiviert kritisiert.
       
 (DIR) Kommentar ORF: Hierarchen schlafen fest
       
       Das Protestvideo der ORF-Mitarbeiter soll ein Weckruf sein. Doch den Chefs
       des Rundfunksenders ist ihre Macht wichtiger als Glaubwürdigkeit und
       Unabhängigkeit.
       
 (DIR) Pressefreiheit in Österreich: Ein parteipolitisches Wunschkonzert
       
       SPÖ-Mann Pelinka hat die Wiederwahl von ORF-Generaldirektor Wrabetz
       eingefädelt. Nun ist er dessen Büroleiter. Wird der Sender zum Spielball
       der Parteien?
       
 (DIR) "Redaktioneller Fehler" beim ORF: NS-Lied bei Talentshow
       
       Bei einer österreichischen Talentshow spielte ein Kandidat auf seiner
       Mundharmonika das "Horst-Wessel-Lied". Erst nach Zuschauerprotesten
       bemerkte der ORF den Fauxpas.