# taz.de -- Premiere von "Gottschalk Live": "Ich bin ein Star – guckt mal hier rauf"
       
       > Bei der Premiere seiner neuen Talkshow feiert sich Gottschalk selbst –
       > und beendet die Sendung, die er als der Größte begonnen hat, auf dem
       > Studioflokati kniend.
       
 (IMG) Bild: Irre famous: Thomas Gottschalk, hier mit Bully Herbig.
       
       Schon der Trailer ließ Schlimmes befürchten. "Er kennt die Welt, und die
       Welt kennt ihn", sonort Robert De Niros Synchronstimme Christian Brückner
       zu Aufnahmen eines durch Berlin chauffierten Thomas Gottschalk. ER beim
       Shakehands mit Barack Obama, ER beim Busseln mit Lady Gaga.
       
       Wow, schreien die Bilder, dieser Gottschalk ist so irre famous, dass wir,
       die ARD, es immer noch nicht fassen können, dass er bei uns unterschrieben
       hat. Und dann auch noch für eine Sendung am Vorabend! Innerlich knallen die
       Sektkorken in der ARD beim Gedanken an ihren Teufelsdeal immer noch.
       
       Das erste von drei wesentlichen Problemen der Premiere von "Gottschalk
       Live" am Montag im Ersten war, dass Gottschalk mitgefeiert hat, sich
       mitgefeiert hat. Am Vortag habe er in Berlin Nicolas Cage getroffen und in
       die Sendung eingeladen, erzählte er zu Beginn – um den Hollywoodstar gleich
       darauf wieder auszuladen. Warum, hat man nicht so ganz verstanden. Die
       wahrscheinlichste Antwort: Weil er es kann.
       
       ## Unsympathische Selbstbeschwipstheit
       
       Seine substanzarme Analyse der gescheiterten Ehe von Heidi Klum und Seal
       garnierte Gottschalk mit der Bemerkung, dass er ja schon mehrfach bei den
       beiden zu Hause gewesen sei und Seal ihn bis zuletzt mit "Herr Gottschalk"
       angeredet habe. Puh, kann ihm bitte mal jemand sagen, wie unsympathisch
       diese Selbstbeschwipstheit rüberkommt, dieses "Ich bin ein Star – guckt mal
       hier rauf"? Klar ist Gottschalk berühmt – aber muss er selbst das in jedem
       zweiten Satz rauskehren?! Von Understatement, geschweige denn Demut keine
       Spur.
       
       Der zweite Grund, aus dem man mit dem neuen Format, einer Mischung aus "MTV
       Home" und dem "Wort zum Sonntag", in der ersten Sendung nicht so recht warm
       wurde, ist, dass "Gottschalk Live" andauernd von ...
       
       W E R B U N G
       
       ... unterbrochen wurde: Kaum hatte Michael Bully Herbig, der erste Gast im
       Studioloft, zur Antwort auf eine soeben eingeblendete Zuschauerfrage
       angesetzt – "Gottschalk Live" gibt sich interaktiv, wovon in der Sendung
       selbst aber außer dieser Frage kaum was zu merken war –, fiel Herbig das
       Jingle ins Wort. Da half es auch nichts, dass man in zwei von drei
       (überwiegend zugegeben kurzen) Werbeblöcken dank Splitscreen weiter ins
       Studio gucken konnte.
       
       Wer bitte hat sich das ausgedacht?! Und warum?!! Wie wäre es mit einem
       kompakten Werbeblock und dem Wetter erst im Anschluss an "Gottschalk Live"
       gewesen statt hinten an den längsten Werbeblock drangeklatscht? (Bitte,
       gern geschehen.) Mehr Umschaltanreize kann man dem Zuschauer nur mit seeehr
       viel Fantasie bieten.
       
       Und dann litt die Premiere von "Gottschalk Live" unter der Anspannung des
       Moderators, der einst die Lockerheit ins deutsche Fernsehen gebracht hat.
       Ohne Atempause für sich und die Zuschauer hetzte er durch die halbstündige
       Sendung – ein Eindruck, der durch die zahlreichen Werbeunterbrechungen noch
       verstärkt wurde. "Äußerst temporeich", euphemisierte ARD-Programmdirektor
       Volker Herres in der Jubelpressemeldung – 4,34 Millionen Zuschauer (14,6
       Prozent Marktanteil) hatten vor der "Tagesschau" nichts Besseres vor.
       
       ## Zwischen Hybris und Muffensausen
       
       Zerrissen zwischen Hybris und Muffensausen bat Thomas Gottschalk am Montag
       die Bild-Leserschaft: "Sie dürfen alles – nur eines nicht: mich gleich beim
       ersten Mal fressen! Geben Sie mir eine Chance." Die Geduld der Zuschauer
       dürfte größer sein als die der Fernsehkritiker (bei aller grundsätzlichen
       Sympathie für das Wagnis, das Gottschalk noch einmal eingegangen ist!),
       aber auch die ist endlich. "Eine halbe Stunde zum Durchatmen" hat
       Gottschalk im Vorfeld versprochen – genau das wollen die Zuschauer nach
       Feierabend, genau das hat Gottschalk bei der Premiere nicht eingelöst.
       
       Als Vollprofi wird Gottschalk am Ende der Sendung gewusst haben, dass er es
       besser kann. "Ich brauche jeden Zuschauer", bettelte er in die Kamera,
       notdürftig von Ironie ummäntelt. Welch bizarres Finale: Die Sendung, die er
       als der Größte begonnen hat, beendete er auf dem Studioflokati kniend. Das
       ist nicht der Fall des Thomas Gottschalk, aber man riecht den Angstschweiß.
       Durch den Fernseher.
       
       24 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Denk
       
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