# taz.de -- Moralfeldzug in Usbekistan: BH-Verkauf nur unterm Ladentisch
       
       > Auf usbekischen Märkten darf Unterwäsche nicht mehr offen angeboten
       > werden. Damit will der Autokrat Karimow das Land vor weiterem
       > Sittenverfall bewahren.
       
 (IMG) Bild: Derartige Dessous dürfen auf usbekischen Basaren nicht mehr offen verkauft werden.
       
       BERLIN taz | Büstenhalter müssen in Taschkent unter die Ladentheke. Auf den
       Basaren in der usbekischen Hauptstadt dürfen die Dessoushändler die Ware
       nicht mehr sichtbar auslegen. "Die Marktaufsicht hat uns den offenen
       Verkauf von Herren- und Damenunterwäsche" untersagt, sagte eine Händlerin
       in Taschkent der Webseite uznews.net.
       
       Die Verfügung zeigt Wirkung. Auf den Basaren, wo bislang vor den
       Verkaufstischen Büstenhalter auf gespannten Leinen im Wind flatterten und
       ausgelegte Verpackungskartons Fotos präsentierten, auf denen sich
       muskelbepackte Männer in Unterhosen räkeln, werden die Unterleibchen für
       Mann und Frau nun diskreter verkauft.
       
       Das zentralasiatische Land an der afghanischen Grenze wird seit 21 Jahren
       von dem usbekischen Präsidenten Islam Karimow regiert. Der 71jährige
       Autokrat sieht seine Herrschaft als Bollwerk gegen den Islamismus.
       Ungeachtet der weltlichen Ausrichtung wettert Karimow regelmässig gegen den
       Sittenverfall der westlichen Welt.
       
       Im vom Staat kontrollierten Fernsehen wird vor der Zügellosigkeit von Rap-
       und Rockmusik gewarnt. Sex unter Männern wird in Usbekistan mit Haftstrafen
       geahndet und der Präsident und seine Minister verpassen kaum eine
       Gelegenheit, die gleichgeschlechtlichen Eheschließungen in Europa zu
       verhöhnen.
       
       ## Moralischer Rigorismus
       
       2010 wurde die Künstlerin Umida Achmedowa verurteilt, da sie, so das
       Gerichtsurteil, mit einem Film über das Jungfrauengebot vor Hochzeiten die
       Jugend des Landes verderbe. Achmedowa hatte gezeigt, wie Bräute von
       aufgebrachten Schwiegermüttern zurückgebracht werden, da die Laken nach der
       ersten Nacht nicht blutig waren.
       
       Der moralische Rigorismus des usbekischen Präsidenten ist um so
       verwunderlicher, da dessen Tochter Gulnara Karimowa weltweit keine
       Modeschau auslässt und häufig mit Elton John, dem offen schwul lebenden
       Popsänger, posiert.
       
       Nun zielt der usbekische Moralfeldzug auf den offenen Verkauf von
       Büstenhaltern auf Basaren. Die Filiale von Victoria Secret, eines
       US-Herstellers von Damenunterwäsche, in Taschkent ist von dieser
       Restriktion allerdings nicht betroffen. Dort wird das im Vergleich zu den
       Basaren um ein vielfaches teueres Sortiment in den Schaufenstern der Stadt
       angepriesen.
       
       26 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marcus Bensmann
 (DIR) Marcus Bensmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Unterwäsche
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Lange Unterhosen: Am Rande des Tragbaren
       
       Sie gilt als Toptextil der Spießigkeit, doch in kalten Wetterlagen ist sie
       nützlich bis unabdingbar. Eine Verteidigung der langen Unterhose.
       
 (DIR) Usbekische Bevölkerung ohne Handynetz: Taschkent dreht Moskau den Saft ab
       
       Fast ein Drittel der usbekischen Bevölkerung steht plötzlich ohne
       Handyverbindung da. Das Regime hat einem russischen Mobilfunkanbieter die
       Lizenz entzogen.
       
 (DIR) Konflikt in Zentralasien: Gas, Gleise, Grenzen
       
       Tadschikistan und Usbekistan stehen möglicherweise vor einer militärischen
       Auseinandersetzung. Für die Nato könnte dies den Abzug aus Afghanistan
       erschweren.
       
 (DIR) Kommentar Menschenrechte in Usbekistan: Kumpanei für einen Flughafen
       
       Deutsche Diplomaten preisen die Pseudoreformen des usbekischen Regimes. Und
       machen das nur, damit deutsche Flugzeuge landen dürfen. Das muss sich
       endlich ändern.
       
 (DIR) Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan: Karimow lässt weiter foltern
       
       Laut Human Rights Watch hat sich die Menschenrechtslage trotz
       Rechtsreformen weiter verschlechtert. Die Situation in Usbekistan sei mit
       Syrien vergleichbar.
       
 (DIR) Usbekische Diktatorentochter Karimowa: Laufsteg der Menschenrechte
       
       Die usbekische Diktatorentochter Gulnara Karimowa darf ihre Kollektion
       nicht auf der Fashion Week präsentieren – wegen Menschenrechtsverletzungen.