# taz.de -- Kommentar Kriegsentschädigungen: Keine richterliche Weltpolitik
       
       > Zwar ist es keineswegs überzeugend, dass Regierungen Kriegsreparationen
       > aushandeln. Doch ebenso wenig überzeugt es, wenn Gerichte diese
       > festlegen.
       
       Die Wut der Opfer vieler deutscher Kriegsverbrechen ist verständlich. Auch
       wenn Deutschland große Entschädigungsleistungen erbracht hat, sind aus
       unterschiedlichen Gründen immer noch viele leer ausgegangen. Der
       Internationale Gerichtshof (IGH), der sich nun mit italienischen
       Entschädigungsurteilen befasste, fand manche Ausflucht "erstaunlich" und
       "bedauerlich".
       
       Doch darum ging es bei dem Prozess in Den Haag nicht. Das Verfahren
       beschränkte sich auf die Frage, ob italienische Gerichte Deutschland zu
       Schadenersatz für die Opfer von Weltkriegsverbrechen verurteilen durften.
       Der IGH verneint dies. Das Prinzip der Staatenimmunität, wonach kein Staat
       über einen anderen zu Gericht sitzen darf, bleibt erhalten. Im Ergebnis zu
       Recht.
       
       Zwar ist das traditionelle Prinzip, dass nach einem Krieg die Regierungen
       Reparationen aushandeln, keineswegs überzeugend. Oft kommen die Zahlungen
       nicht bei den Opfern an. Auch ist die Verhandlungsmacht der Staaten höchst
       unterschiedlich.
       
       Doch ebenso wenig überzeugt es, wenn einzelne Gerichte nach persönlichem
       Gusto die Entschädigungszahlungen des ehemaligen Kriegsgegners festlegen.
       Das dürfte nur in den seltensten Fällen zur Konfliktlösung führen. Ist das
       Prinzip der Staatenimmunität durchbrochen, dann gilt das ja nicht nur für
       Klagen gegen Deutschland, die immer alle gut finden.
       
       Auch nach jedem anderen Konflikt in der Welt könnten einzelne Gerichte
       große Politik betreiben. Man stelle sich nur vor, dass heimatvertriebene
       Sudetendeutsche später an ihrem neuen Wohnort bei einem bayerischen
       Landgericht Schadenersatz durch die CSSR verlangt hätten. Oder Opfer der
       Bombenangriffe von Dresden hätten bei deutschen Gerichten gegen die
       englische Regierung geklagt. Friedensforscher hätten das kaum empfohlen.
       
       3 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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