# taz.de -- Kommentar Griechenland: Nur Großzügigkeit hilft noch
       
       > Die Europäer müssen in das Wachstum Griechenlands investieren und
       > geduldig sein. Das kann sich die EU leisten. An Griechenland wird der
       > Euro nicht zerbrechen.
       
       Sind die Griechen noch zu retten? Ständig benötigen sie neue
       Milliardenhilfen, die jedoch nichts zu bewirken scheinen. Die griechischen
       Defizite steigen weiter, und die Wirtschaft kracht zusammen. Wie immer,
       wenn es nicht nach Plan läuft, werden Verantwortliche gesucht. Und in
       Deutschland ist das Gefühl weit verbreitet, dass die Griechen die
       Schuldigen sein müssen. Sie würden nicht genug sparen, noch immer zu viel
       verdienen, sich einfach nicht reformieren. In Deutschland grassiert das
       Ressentiment und der Generalverdacht: Die Griechen können es einfach nicht.
       
       Aber könnten es denn die Deutschen? Würden sie eine Krise wie in
       Griechenland überstehen? Diese Frage wird fast nie gestellt, dabei drängt
       sie sich auf. Um es konkret zu machen: Die Griechen befinden sich im
       vierten Jahr der Rezession, und ein Ende ist nicht abzusehen.
       Wahrscheinlich wird ihre Wirtschaft um insgesamt 20 Prozent schrumpfen.
       Würde ein ähnliches Szenario Deutschland treffen, dann würde die
       Wertschöpfung hier um rund 500 Milliarden Euro sinken. Das ist schlicht
       unvorstellbar. Hier kommt es schon zu einer Krise, wenn 5 Milliarden im
       Bundeshaushalt gekürzt werden sollen.
       
       Es ist also kein Wunder, dass Griechen demonstrieren. Stattdessen ist
       bemerkenswert, dass nur so wenige auf den Straßen sind. Auch ist bisher
       nicht zu beobachten, dass sich die Griechen politisch radikalisieren. Dies
       zeigt, dass die allermeisten Griechen akzeptieren, dass sich ihr Staat und
       ihre Wirtschaft reformieren müssen. Aber dafür benötigen sie Zeit. Es ist
       völlig sinnlos, die griechische Wirtschaft in den Abgrund zu sparen. Denn
       die Leidtragenden sind nicht nur die Griechen - sondern auch ihre
       ausländischen Kreditgeber. Also die anderen Eurostaaten.
       
       Griechenland wird Geld kosten. Einen Teil der gewährten Rettungskredite
       werden die Europäer nie wiedersehen. Die Frage ist nur noch, wie hoch die
       Verluste ausfallen. Und obwohl es der allgemeinen Intuition widerspricht,
       dürften die endgültigen Abschreibungen am kleinsten sein, je großzügiger
       sich die Europäer jetzt zeigen. Sie müssen in das Wachstum in Griechenland
       investieren.
       
       Das ist, zugegeben, nicht ganz leicht. Denn bisher war die griechische
       Verwaltung noch nicht einmal fähig, alle EU-Hilfen zu beantragen, die für
       das Land reserviert waren. Es wird also dauern, bis die Reformen in
       Griechenland greifen. Doch diese Geduld kann sich Europa leisten. Denn die
       gute Nachricht bleibt: Griechenland ist klein. Es ist ungefähr so bedeutend
       wie Hessen. Und an einem Hessen soll der Euro zerbrechen?
       
       7 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) tazlab 2012: „Das gute Leben“
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sparen in Griechenland: Rücktritte in Athen
       
       Tausende demonstrieren gegen die neusten Sparpläne der
       Dreiparteienregierung. Die droht derweil auseinanderzubrechen.
       
 (DIR) Griechenland stimmt Spardiktat zu: Bei Geld hört die Freundschaft auf
       
       Trotz der Einigung auf einen neuen Sparplan ist Griechenland noch nicht
       gerettet. Denn die Finanzminister der Eurozone zieren sich. Insbesondere
       Berlin hält sich bedeckt.
       
 (DIR) Sparpaket in Griechenland: Übergangsregierung einigt sich nicht
       
       Die Spitzenpolitiker der griechischen Übergangsregierung stimmten den
       meisten Vorschlägen zum Sparen zu. Bei der Kürzung der Zusatzrenten war
       Schluss. Jetzt sind noch 2 Wochen Zeit.
       
 (DIR) Debatte Griechenland: Zurück zur Drachme
       
       Radikale Sparpolitik und Eurobonds machen das bankrotte Land nicht
       wettbewerbsfähiger. Da hilft nur ein flexibler Wechselkurs.
       
 (DIR) Optimistische Prognose für Griechenland: Pokerrunde in Athen
       
       Mit dem Sparpaket würde der Mindestlohn gesenkt, Stellen im Staatsdienst
       fielen weg. Wettbewerbsfähig ist das Land in zehn Jahren, schätzt die
       Troika.
       
 (DIR) Griechenlands Sparbilanz: Teuflischer Sparkreis
       
       Athen hat viel getan, um den Forderungen der Europartner zu entsprechen.
       Die Unternehmer stöhnen, die Bevölkerung protestiert - aber der
       Schuldenberg wird nicht kleiner.
       
 (DIR) Generalstreik in Griechenland: Öffentliches Leben lahmgelegt
       
       Zehntausende demonstrieren in Athen und Thessaloniki gegen die neuen
       Sparmaßnahmen. Vor dem Parlament in Athen brannte auch die deutsche Flagge.
       
 (DIR) Griechen protestieren gegen Lohnkürzung: Sparen gegen die Pleite
       
       Die griechische Regierung will am Dienstag unbeliebte Sparmaßnahmen
       beschließen. Dagagen haben Gewerkschaften zu mehrstündigen Generalstreiks
       aufgerufen.
       
 (DIR) Kommentar Griechenlandpleite: Maximale Demütigung der Griechen
       
       Die Forderungen Merkozys an Athen sind blanker Unsinn. Athen kann einem
       "Sonderkonto" gar nicht zustimmen. Es sei denn, Griechenland wird
       zwangsverwaltet.
       
 (DIR) Vorschlag von Merkel und Sarkozy: Ein Sonderkonto für Athen
       
       Merkel und Sarkozy erhöhen den Druck auf Griechenland und drohen offen mit
       einer Pleite des Landes. Gewerkschaften warnen vor einem "Teufelskreis der
       Rezession".