# taz.de -- Buch über globale Erwärmung: Die Weltenretter
       
       > Der RWE-Manager Fritz Vahrenholt und sein Koautor Sebastian Lüning haben
       > ihre skeptischen Ansichten zu Klimaprognosen in ein Buch gepackt. Die
       > Fachwelt ist entsetzt.
       
 (IMG) Bild: CO2 erwärme das Klima zwar, aber bei Weitem nicht so stark wie bisher angenommen, finden die Autoren von "Die kalte Sonne".
       
       BERLIN taz | Am Montag ist in Berlin das erste Klimaskeptikerbuch deutscher
       Autoren vorgestellt worden, von denen zumindest einer kein Unbekannter ist:
       Fritz Vahrenholt, SPD-Mitglied, Exumweltsenator in Hamburg, dann
       Vorstandsvorsitzender des Windanlagenbauers Repower und heute Chef der
       Regenerativsparte des Atomkonzerns RWE.
       
       Zusammen mit Sebastian Lüning, Geowissenschaftler bei der RWE-Tocher Dea,
       hat Vahrenholt das Buch "Die kalte Sonne" verfasst. Beruhigende Botschaft
       darin: "Der Weltklimarat irrt. Die Klimadebatte muss neu geführt werden."
       So kündigt es der Verlag Hoffmann und Campe an.
       
       Die Kernthese lautet, kurz gesagt: Dass CO2 das Klima erwärmt, stimmt zwar,
       allerdings lange nicht so stark wie bisher angenommen. Vielmehr seien
       natürliche Klimaschwankungen entscheidend, die durch Meeresströmungen und
       die kosmische Strahlung der Sonne hervorgerufen werden, die die
       Wolkenbildung beeinflusse und dadurch das Weltklima verändere.
       
       Zum Beleg zitieren die Autoren diverse Studien und Wissenschaftler, etwa
       Henrik Svensmark von der Technischen Universität Dänemark, der maßgeblich
       hinter der Wolkentheorie steckt und gleich ein ganzes Kapitel über seine
       eigene Forschung beigesteuert hat. Hinzu kommt ein Generalangriff auf den
       Weltklimarat der Vereinten Nationen, der "Intergovernmental Panel on
       Climate Change", kurz IPCC oder auf Deutsch: zwischenstaatlicher Ausschuss
       für Klimaänderungen.
       
       ## Internationaler Stand der Wissenschaft
       
       Der IPCC betreibt selbst keine Forschung, sondern fasst lediglich den
       internationalen Stand der Wissenschaft zusammen. Vertreten sind Forscher
       aus aller Welt, jeder seiner Berichte durchläuft drei Versionen, in denen
       die Forscher jeweils Kommentare einbringen und Kritik einräumen können.
       
       Die Arbeit des IPCC fasst sozusagen den globalen Wissenstand zusammen und
       ist weltweit Grundlage für politische Bemühungen um Klimaschutz - auch hier
       gibt das Gremium Empfehlungen. 2007, als der letzte sogenannte
       Sachstandsbericht erschien, erhielt der IPCC den Friedensnobelpreis.
       
       Wie kann es aber sein, dass ein Gremium von hunderten Wissenschaftlern aus
       aller Welt komplett falschliegt, während die beiden bei RWE angestellten
       Autoren Lüning und Vahrenholt nun die Wahrheit aufgedeckt haben? Auch hier
       gibt es eine Antwort in ihrem Buch: "Fürchtet hier eine Allianz von
       Instituten, NGOs, Photovoltaik-Lobbyisten und Politikern um ihren
       Einfluss?", fragen die Autoren und konstruieren eine Art Common Sense in
       der Klimaforschung, der niemand zu widersprechen wage.
       
       "Unwissenschaftlich und wirklichkeitsfern" sei der IPCC. Begleitet wird das
       Erscheinen des Buchs von derzeit täglichen Seite-2-Berichten in der Bild
       und wohlwollenden Interviews in der Zeitung Die Welt. Vahrenholt nimmt
       möglichen Kritikern gleich den Wind aus den Segeln und spricht etwa im
       Spiegel von "Wahrheitsministerien". Sprich: Wer sein Buch kritisiert,
       gehört zu den wirklichkeitsfernen Klimawissenschaftlern, die die Wahrheit
       gepachtet haben.
       
       ## Falsche Zitate
       
       Das Echo aus der Fachwelt ist vernichtend. "Die Sonnenaktivität wird nicht
       vernachlässigt in der Klimaforschung. Es gibt Hunderte Forscher, die zu
       Einflüssen wie Sonnenaktivität und Vulkanausbrüchen auf das Klima
       arbeiten", sagte etwa Georg Feulner vom Potsdam-Institut für
       Klimafolgenforschung PIK.
       
       Ein Wissenschaftler, der im Buch angeführt wird, gibt gegenüber der taz
       offen zu, dass er falsch und aus dem Zusammenhang gerissen zitiert wird,
       will sich aber nicht auf eine Debatte mit Vahrenholt einlassen. Aus einem
       Grund, den etwa der Direktor des Max-Planck Instituts für Meteorologie,
       Jochem Marotzke, anführt: Keiner der Autoren sei "in irgendeiner Weise als
       Klimaforscher ausgewiesen", kritisierte er.
       
       "Wenn man Probleme mit dem Herzen hat, fragt man auch keinen Zahnarzt."
       Fritz Vahrenholt diagnostiziert bei den deutsche Entscheidungsträgern eine
       "Phobie gegen fossile Energieträger". Sein heutiger Arbeitgeber, die RWE,
       gehört übrigens zu den Energiekonzernen in Europa mit den höchsten
       CO2-Ausstößen.
       
       9 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
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