# taz.de -- Brüssel will Airlines entlasten: Fluglärm nach Belieben
       
       > Die EU-Kommisssion hat neue, sehr flexible Lärmschutzrichtlinien
       > vorgelegt. Die Gesundheit der Wirtschaft scheint dabei wichtiger zu sein,
       > als die der Menschen.
       
 (IMG) Bild: Im hessischen Raunheim hat man eine sehr gute Verkehrsanbindung.
       
       BRÜSSEL taz | Drei Millionen Deutsche leiden unter gesundheitsschädlichem
       Straßenverkehrslärm. Die Weltgesundheitsorganisation hat errechnet, dass in
       Westeuropa durch die Lärmbelastung jedes Jahr eine Million gesunde
       Lebensjahre verloren gehen. Deshalb will die Europäische Kommission den
       Lärm gleich doppelt bekämpfen. Sie legte zwei Richtlinien vor, die sowohl
       den Kampf gegen Flug- als auch den gegen Verkehrslärm EU-weit neu regeln
       sollen.
       
       Allerdings scheinen den EU-Bürokraten und auch einigen nationalen
       Regierungen die Wirtschaftsinteressen weit wichtiger als die Gesundheit der
       Bürger. Der Vorschlag der EU-Kommission zum Fluglärm sieht nämlich vor,
       dass Brüssel in Zukunft national oder regional verhängte Nachtflugverbote
       aufheben kann, falls sich diese Verbote wirtschaftlich nicht rechnen.
       
       Das Gleiche gilt für die Festlegung von Flugrouten: "Wenn eine
       Fluggesellschaft glaubhaft versichern kann, dass ein wegen der
       Lärmbelastung festgelegter Umweg von drei Kilometern zu ihrem
       wirtschaftlichen Nachteil ist, kann die EU-Kommission beschließen, die
       Flugroute zu ändern unabhängig von der Belastung für die Anwohner", sagt
       Michael Cramer, Verkehrsexperte der Grünen im Europäischen Parlament.
       
       Außerdem will die EU-Kommission keine einheitlichen Höchstgrenzen für die
       Lärmbelastung an Flughäfen festlegen. "Dadurch verstärkt sie den
       Konkurrenzkampf zwischen Regionalflughäfen, die die Airlines mit immer noch
       geringeren Anforderungen an Lärmschutz locken können", ärgert sich Cramer.
       
       Die Richtlinie wird zurzeit im zuständigen Ausschuss im Europäischen
       Parlament und im Ministerrat diskutiert. Bisher haben sich die Regierungen
       noch nicht offiziell geäußert. Allerdings gibt es bereits Widerstand von
       einigen Flughafenstandorten wie Frankfurt am Main.
       
       ## Ausnahme für große Sport- und Geländewagen
       
       Auch beim Lärm, der durch Autos, Busse und Lastwagen verursacht wird,
       lassen die Vorschläge aus Brüssel zu wünschen übrig. Die bestehenden
       Grenzwerte wurden seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr verändert. Jetzt
       will die EU-Kommission die Lärmbelastung im Straßenverkehr bis 2020 um 25
       Prozent senken. Allerdings gibt es bereits Widerstand aus den
       Mitgliedsstaaten. Allen voran die deutsche Regierung setzt sich für
       Ausnahmeregelungen für große und laute Sport- und Geländewagen ein.
       
       Die Europäische Kommission hat einheitliche Grenzwerte für alle Pkw-Klassen
       vorgeschlagen. Berlin setzt dagegen auf eine genauere Unterteilung in drei
       Klassen, für die unterschiedliche Grenzwerte gelten sollen.
       
       Die Bundesregierung will bei Modellen wie dem Porsche Carrera 911 einen
       Grenzwert festlegen, der fünf Dezibel über dem für Klein- und
       Mittelklassewagen liegt. Damit müssen die Hersteller bei diesen Wagen nur
       halb so viel Lärm reduzieren wie bei kleineren Autos. "Angela Merkel
       verkauft sich gerne als Klimakanzlerin, aber bei der konkreten Umsetzung
       ist sie eine rücksichtslose Verfechterin der Automobilindustrie", sagt
       Cramer.
       
       Er rechnet nicht mit einer Entscheidung vor dem Sommer. Die erste Stufe der
       neuen Grenzwerte soll erst zwei Jahre nach Verabschiedung der Richtlinie in
       Kraft treten.
       
       21 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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