# taz.de -- Protest gegen Kürzung der Solarförderung: Der Sonne geht die Kohle aus
       
       > Die von der schwarz-gelben Koalition geplanten Einschnitte in der
       > Solarförderung sollen bis zum März umgesetzt werden. Die Branche reagiert
       > mit massiven Protesten.
       
 (IMG) Bild: Zwei Freunde der Sonne: Umweltminister Röttgen und Wirtschaftsminister Rösler.
       
       BERLIN/FREIBURG taz | Endlich mal wieder gute Nachrichten, endlich mal kein
       Streit: Das Bemühen, diese Botschaften auszustrahlen, ist den beiden
       Ministern Norbert Röttgen (Umwelt, CDU) und Philipp Rösler (Wirtschaft,
       FDP) deutlich anzusehen, als sie am Donnerstag ihre Einigung auf eine
       gemeinsame Position zur Solarförderung und zur Energieeffizienz verkünden
       und zuvor synchron in jede Kamera lächeln. In den letzten Monaten hatten
       sie wenig zu lachen.
       
       In Brüssel herrschte Ärger, weil sich Deutschland angesichts der
       gegensätzlichen Positionen der zuständigen Minister bei der wichtigen Frage
       der Effizienzrichtlinie enthielt; im Bundestag mussten sich Röttgen und
       Rösler in aktuellen Stunden ob ihrer gegenseitigen Blockade verhöhnen
       lassen. Sieben DIN-A4-Seiten sollen diesen monatelangen Streit nun
       beilegen.
       
       Auf den ersten Blick haben darin beide Minister Zugeständnisse machen
       müssen: Der Ausbau der Solarenergie wird begrenzt, aber bei weitem nicht so
       stark wie von Rösler zuvor gefordert: Wie bereits am Vortag bekannt
       geworden war, sinken die staatlich vorgegebenen Vergütungssätze für
       Solarstrom statt um 15 Prozent zum 1. Juli nun schon zum 9. März, und zwar
       je nach Anlagengröße um 20 bis 29 Prozent; ab Mai sinken sie in monatlichen
       Schritten weiter, so dass der Abschlag bis zum Jahresende bei 25 bis 34
       Prozent liegt.
       
       ## Große Freiflächen werden nicht mehr gefördert
       
       Zudem wird die Vergütung nur noch für 85 bis 90 Prozent des Stroms bezahlt;
       der Rest muss selbst verbraucht oder zum Marktpreis verkauft werden. Große
       Freiflächenanlagen über 10 Megawatt Leistung werden gar nicht mehr
       gefördert. Einen festen Deckel, also eine absolute Beschränkung des Zubaus,
       wie zuvor von Rösler gefordert, gibt es nicht. Die Zielmarke bleibt mit
       2.500 bis 3.500 Megawatt Neubau in den nächsten beiden Jahren gleich und
       sinkt dann ab.
       
       Wenn der reale Zubau davon abweicht, sollen die Vergütungssätze künftig
       ohne Gesetzesänderung per Verordnung geändert werden können. Während
       Solarverbände die Branche durch die Zahlen akut bedroht sehen, wertete
       Röttgen den Kompromiss als "ausgewogen und vernünftig". Die Fotovoltaik
       werde mit den geplanten Einschnitten "auf den Weg in den Markt" gebracht.
       Im Gegenzug gab der Umweltminister bei der Effizienzrichtlinie nach.
       
       Hier hatte Röttgen bisher den Kurs der EU-Kommission unterstützt, wonach
       Energieversorger zu verbindlichen Einsparungen von 1,5 Prozent im Jahr
       verpflichtet werden sollten. Nun verkündete Rösler zufrieden die neue
       Linie: "Die starren Vorgaben der Kommission können wir nicht akzeptieren."
       Die Bundesregierung fordert nun, dass die Einsparziele nicht für die
       Industrie, sondern für die jeweiligen Staaten gelten.
       
       Statt absoluter Einsparungen von 4,5 Prozent über drei Jahre soll auch eine
       Steigerung der Effizienz von 6,3 Prozent über drei Jahre möglich sein - was
       bei einem Wirtschaftswachstum von über 0,7 Prozent im Jahr eine faktische
       Aufweichung bedeutet. Zudem sollen auch "Maßnahmen aus der Vergangenheit"
       angerechnet werden können - in welchem Umfang das möglich ist, ließen die
       Minister auf Nachfrage offen.
       
       ## 
       
       ## "Dem Solarstrom wird der Stecker gezogen"
       
       Die Opposition kann der neuen Einigkeit der Minister nichts abgewinnen.
       "Die Regierung opfert die Energiewende dem Koalitionsfrieden", ätzte
       Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Doch auch aus den eigenen Reihen
       könnte es noch Widerstand geben. Ob die Pläne Bundestag und Bundesrat
       unverändert passieren, ist offen.
       
       Auch die Kritik der Branche an den Plänen der Bundesregierung ist heftig:
       "Was hier geplant ist, ist ein Solarausstiegsgesetz", sagt Carsten Körnig,
       Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).
       Durchgesetzt hätten sich die Interessen der großen Energiekonzerne, jetzt
       solle "dem Solarstrom der Stecker gezogen werden".
       
       Die Firma Juwi aus Wörrstadt, einer der großen Projektierer von
       Solaranlagen, warnt, die Pläne hätten "unweigerlich einen Markteinbruch zur
       Folge", die Politik zerstöre einen Großteil der deutschen Solarwirtschaft.
       Von einem "Riesen-Fiasko für eine zukunftsfähige Energieversorgung" spricht
       der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Vereinigung
       Eurosolar erkennt einen "Rollback", dessen Eile nur auf einer Motivation
       basiere: "Die Pfründen der Energiekonzerne sollen gewahrt werden."
       
       "Energiewende auf gutem Weg", überschrieb der Wirtschaftsminister seine
       gestrige Mitteilung. Für Solarfreunde klingt das wie Hohn, denn die
       geplante Senkung der Einspeisevergütungen dürfte zu brachial sein, als dass
       die deutsche Solarbranche diese einfach wird wegstecken können. Die
       Hersteller haben zwar in den letzten Jahren große Preisrückgänge erzielt,
       doch die neuerlichen Kürzungen werden sich kaum durch weitere
       Preisabschläge auffangen lassen.
       
       ## Hoher Anteil für die Eigennutzung
       
       Beispiel private Hausdachanlagen: Zusammen mit der bereits zum Jahresbeginn
       erfolgten Senkung der Vergütung um 15 Prozent läuft der geplante neuerliche
       Degressionsschritt auf eine Absenkung um 41 Prozent seit Dezember 2011
       hinaus. Dass der Preis der Anlagen, der laut Statistik des BSW Ende 2011
       bei durchschnittlich 2082 Euro pro installiertem Kilowatt lag, entsprechend
       schnell sinken kann, gilt als ausgeschlossen.
       
       Teilweise werden Investoren die starke Absenkung durch den Eigenverbrauch
       des Stroms auffangen können. Denn wer für seinen Strom aus der heimischen
       Steckdose rund 25 Cent je Kilowattstunde bezahlt, für den Solarstrom vom
       Dach aber nur noch 19,5 Cent erhält, hat Anreize, einen möglichst hohen
       Anteil in seinem Haushalt direkt zu nutzen.
       
       Gerade für Büro- und Fabrikgebäude, die vor allem tagsüber ihren Strom
       brauchen, dürfte sich diese Option in Zukunft mehr und mehr anbieten, je
       weiter die Vergütungssätze fallen. Gleichwohl dürfte in Deutschland der
       Zubau an Fotovoltaik in diesem Jahr einbrechen, wenn der Ministervorschlag
       unverändert Gesetz wird.
       
       23 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreuzfeld
 (DIR) Bernhard Janzwig
       
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